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StudienVerlag - Oapen

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und ausführlicherer Auseinandersetzung wert, als sie in diesem Zusammenhang<br />

möglich ist.)<br />

Der Fall Kirst repräsentiert die andere Möglichkeit. Auch er ist als junger Mensch<br />

den Nazis hineingefallen – auch er hat daraus kein Hehl gemacht und es bekannt –<br />

aber seine „tätige Reue“, seine Reparation des Irrtums ist planvoll auf den wirklichen<br />

Feind gerichtet (nicht auf die Feindchen) und eben deshalb von viel größerer Durchschlagskraft.<br />

Er bleibt bei all dem ungemein deutsch. Er bejaht alles Deutsche, er<br />

bejaht sogar die preußischen Tugenden, er bejaht den Soldaten, den Offizier – aber<br />

eben darum gilt sein Haß den Verderbern.<br />

In seinem so ungemein erfolgreichen Buch „08/15“ habe ich das noch nicht<br />

gesehen. Ich habe es durchgeblättert, mit wenig Geduld oder Sympathie. Kirsts<br />

positive Werte waren offensichtlich, aber all das erschien mir allzusehr in der Nähe<br />

der alten Militär-Humoreske angesiedelt zu sein – wenn auch mit einem neuen,<br />

derlei Humoresken fremden Vorzeichen der Rebellion, der sozialen Kritik. Es war<br />

natürlich genau diese Mischung des „Haha, genau so lustig haben wir’s auch getrieben“<br />

mit dem „So ein Schwein war auch unser Spieß“, was alle ehemaligen Landser,<br />

alle Sonst-keine-Bücher-Leser gerade dieses Buch kaufen und lesen, gerade seine<br />

Verfilmung mit Kind und Kegel besuchen ließ. Es war ein für schlichte Gemüter<br />

guter und empfehlenswerter Tabak – aber nicht meine Marke.<br />

Kirsts neues Buch<br />

Fabrik der Offiziere, Roman, Verlag Kurt Desch, München [1960]<br />

habe ich danach ohne große Erwartungen in die Hand genommen. Daß ich es<br />

dann nicht nur angeblättert, sondern mit hohem Interesse zu Ende gelesen habe,<br />

hat einen Grund – und einen anderen Grund.<br />

Der erste ist ein literarischer. Das Buch spielt in einer Offiziersschule der<br />

Wehrmacht, im deutschen Hinterland, Anfang 1944. Die Schule hat einen aufs<br />

Preußischste in starrer Selbstzucht und Rechtlichkeit lebenden General; sie hat ein<br />

Offizierskorps, das aus ein paar prachtvollen Leuten und daneben aus ein paar den<br />

Nazis dienenden Karrieristen und Dummköpfen besteht; sie hat die auszubildenden<br />

Fähnriche – einen echten Nazi mit seinem Anhang, der vielen Gleichgültigen aber<br />

auch ein paar großartigen Kerlen gegenübersteht; und dann gibt es da das weibliche<br />

Personal – so gemischt, gut und schlecht, „moralisch“ und „unmoralisch“, wie<br />

weibliches Personal nun einmal im Kriege ist.<br />

In diesem Milieu wird ein Hitler-feindlicher Offizier von dem Nazijüngling in<br />

perfider Weise um die Ecke gebracht; das wird offiziell vertuscht; aber ein anderer<br />

ausgezeichneter junger Offizier deckt das auf – und er und der Kommandeur geraten<br />

dadurch in die Justizmaschine des Dritten Reiches und werden gleich den Männern<br />

vom 20. Juli vernichtet.<br />

Diese an sich einfache Geschichte wird spannungsvoll mit großer Plastik der<br />

Charaktere und mit Humor, Ingrimm und Saftigkeit dargestellt – es ist, unter den<br />

von Kirst selbst gewählten Prämissen, ein ausgezeichneter Roman. Und da er alle<br />

Wirkungselemente des früheren „08/15“ hat, sie aber hier in viel größerer Reife dazu<br />

verwendet, ein politisch sehr viel klarer umrissenes Thema – Mannestugend gegen<br />

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