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StudienVerlag - Oapen

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Einladung zu Robert Neumann<br />

„Ich selbst komme mir mitunter mit dieser singulären Fertigkeit wie der Mann<br />

vor, der ein Salonlöwe wird, weil er mit den Ohren wackeln kann“, schreibt Robert<br />

Neumann (RN) in einem Brief (vom 2.4.1955) an Thomas Mann. Die Rede ist von<br />

der „Fertigkeit“ der literarischen Parodie; seine Parodien: „Mit fremden Federn“<br />

(1927) und „Unter falscher Flagge“ (1932) haben den „legendären“ Ruf des Autors<br />

RN schlagartig begründet: „Und von diesem Ruhm hat er sich nie richtig erholt.<br />

Zwei schmale Bändchen haben ein Lebenswerk von fünfzehn dicken Bänden begraben,<br />

fünfundzwanzig wohl, wenn alles gedruckt würde, was er, zum Teil auch für<br />

Zeitungen und Rundfunk, geschrieben hat“, konstatiert Rudolf Walter Leonhardt<br />

in einem Nachruf („Die Zeit“, 10.1.1975).<br />

Die 15 oder gar 25 Bände sind bis heute nicht erschienen, nicht zuletzt,<br />

weil dem Werk von RN seit der Insolvenz seines Stammverlags Kurt Desch ein<br />

interessierter Verleger fehlt. Aktuell sind zwei Romane und eine Film-DVD im<br />

Buchhandel greifbar. In literaturgeschichtlichen Werken führt RN eine Fußnoten-Existenz<br />

– eben als Parodist, der den vielseitigen Romancier und streitbaren<br />

Publizisten überschattet. Ulrich Scheck, der Autor der ersten Monographie über<br />

RN, kommentiert (1985, 7): „In gewisser Hinsicht ähnelt Neumanns Situation<br />

heute der Oskar Maria Grafs vor ungefähr fünfzehn bis zwanzig Jahren, als dieser<br />

hauptsächlich durch die für ihn nicht unbedingt charakteristischen bayrischen<br />

Kalendergeschichten bekannt war.“ Und er zitiert zustimmend einen Brief von<br />

Gerhard Zwerenz (ebenda):<br />

„Er gehört zu den nach dem Krieg nicht wieder akzeptierten Schriftstellern.<br />

Schon die Gruppe 47 wollte ihn nicht. Diese Fremdhaltung blieb<br />

bestehen. Die Deutschen mögen solche witzigen, prinzipiell freien Köpfe<br />

nun mal nicht […]. Sie sind zu gravitätisch, ungebildet und banal. RN<br />

war ihnen zu gallisch und österreichisch, und die Wiener haben ihn auch<br />

vergessen.“<br />

Buchmarkt und Kanon vorgebende Literaturgeschichten tun sich schwer mit einem<br />

Autor, der zwischen ambitionierter „Dichtung“ und unterhaltender Schriftstellerei<br />

keine Grenzlinie ziehen will (siehe den Brief an Heinrich Beckschulze vom<br />

21.11.1973). Es sei ein Missverständnis, in RN einen „Humoristen“ zu sehen,<br />

schreibt Elisabeth Freundlich in ihrem Essay „Die Welt Robert Neumanns“ – er<br />

sei ein Dichter „ohne rechtes Hinterland: kein Sprachgebiet, keine Partei, keine<br />

Religion, keine soziale Schicht, keine literarische Strömung kann ihn für sich allein<br />

in Anspruch nehmen“ (Stimmen der Freunde 1957, 129).<br />

Nach einem Wort des britischen Germanisten Richard Dove sind RN zeitlebens<br />

drei Karrieren geglückt, die erste in den Jahren der „Neuen Sachlichkeit“ von 1927<br />

bis1933, die zweite als erfolgreicher englischer Autor zwischen 1933 und 1958 und<br />

eine dritte nach seiner Rückkehr auf den Kontinent im Spätherbst 1958.<br />

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