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StudienVerlag - Oapen

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man einen ganzen Eisenbahnzug mit Schwerverwundeten in einen Tunnel gebracht<br />

und dort vergast hat.“<br />

„Schrecklich“, hab ich gerufen: „Russische Schwerverwunderte!“<br />

Er hat mich angeschaut und hat gesagt: „Nein. Russische klaubt man gar nicht<br />

erst auf. Natürlich waren das deutsche und österreichische Schwerverwundete.<br />

Vor allem Oesterreicher. Sie waren zu schwer verwundet, haben die Nazi-Aerzte<br />

gefunden. Man hätt sie nichtmehr felddiensttauglich machen können, Wer braucht<br />

Schwerverwundete?“ Er hat ein Taschentuch herausgezogen und sich die Stirne<br />

getrocknet. Dann hat er noch geflüstert: „Man hat die Methode inzwischen verbessert,<br />

Herr Kollege. Für die polnischen Juden und auch in Holland verwenden sie<br />

jetzt fahrbare Vergasungskammern. Sieht wie ein grosses Krankenauto aus. Man<br />

stösst und prügelt die Kandidaten hinein. Man schliesst die gasdichte Tür. Der<br />

Fahrer drückt auf einen Knopf – das ist alles. Wenn er draussen beim Massengrab<br />

ankommt, sind die Passagiere schon fertig zum Ausladen.“ Wieder hat er sich die<br />

Stirne getrocknet. Dann hat er gesagt: „Das ist die deutsche Gründlichkeit. Es geht<br />

alles hygienisch zu. So wie sie jetzt aus hygienischen Gründen alle polnischen Mädel<br />

und jungen Frauen sterilisieren, bevor sie sie nach Deutschland verschleppen, zur<br />

Arbeit. Sie werden verschnitten wie Schweine, zwangsweise, viele Zehntausende,<br />

ohne dass sie wissen was mit ihnen geschieht. Es macht alles soviel einfacher nichtwahr?<br />

Es lebe die nationalsozialistische medizinische Wissenschaft!“<br />

„Medizinische Wissenschaft“, hab ich gerufen. „Nein. Medizinische Wissenschaft,<br />

das waren Koch und Billroth, Ehrlich, Nothnagel – nicht diese Schufte, die<br />

im Doktorkittel herumgehn.“<br />

Er hat gesagt: „Koch und Billroth sind tot. Und Ehrlich war ein Jud. Und Nothnagel,<br />

der hat doch erklärt: Nur ein guter Mensch kann ein guter Arzt sein. Was hat<br />

Nothnagel mit der medizinischen Wissenschaft im Dritten Reich zu tun?“ Er hat mich<br />

angeschaut mit Augen wie ein verwundetes Tier. „Ich bin ein altmodischer Doktor“,<br />

hat er geflüstert. „Und ein gläubiger Katholik. Ich hab nichtmehr mitkönnen.“<br />

Oesterreicher! Die Mörder von der S.S. und von der Gestapo – die werden<br />

gehenkt. Was sollen wir mit den kaltherzigen Schuften im weissen Kittel machen,<br />

die die medizinische Wissenschaft m den Dreck zerren und für ihre Massenmorde<br />

verwenden? Die lebensbewahrende, menschlichste, österreichischste Wissenschaft!<br />

Merkt euch die Lumpen. Sie verdienen einen Ehrenplatz auf unserer Liste. Und auf<br />

unseren Galgen. Auf Wiederhören nächsten Samstag.<br />

Gaswagen waren ab Herbst 1941 nach ihrer Entwicklung durch das Kriminaltechnische<br />

Institut im Reichssicherheitshauptamt in systematischem Einsatz. – Das Datum<br />

der Inbetriebnahme der Gaskammer im KZ Mauthausen – entweder März 1942 oder<br />

Mai 1942 – ist von der historischen Forschung nicht eindeutig abgeklärt. (Vgl. Maršálek<br />

Hans: Die Geschichte des Konzentrationslagers Mauthausen: Dokumentation. 4. Aufl.,<br />

Wien [edition Mauthausen] 2006, 263 ff) – Die Tötung schwerverwundeter Wehrmachtsoldaten<br />

durch Vergasung ist nicht belegt.<br />

Chelm liegt im Nahbereich des – ab März 1942 im Rahmen der „Aktion Reinhard“<br />

errichteten – Vernichtungslagers Sobibor.<br />

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