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StudienVerlag - Oapen

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19. Juli – Uto erwischte einen im Wald und hängte ihn auf.“<br />

Widerlich, das mit der Judenleiche, aber bloß Unfug, ja? Aber ist auch das hier noch<br />

Unfug? – aus dem Tagebuch eines Infanteristen von der 24. Infanterie-Division?<br />

„10. August 1941 – Im Nebendorf haben Unsere eine Frau aufgehängt, mit dem Kopf<br />

nach unten. Das verklebte Haar der baumelnden Leiche hing in blutigen Strähnen<br />

nieder, ihr Gesicht bestand nurmehr aus Klumpen von rotem Fleisch.“<br />

Ich frage Sie: Wieviele haben das gesehen?<br />

Nun, „gesehen“ werden Sie sagen. Man sieht vieles im Kriege. Wer weiß, wer das<br />

getan hat. Die „Unseren“, sagt die Notiz. Aber vielleicht war’s der SD. Also gebe ich<br />

Ihnen als letztes im Rahmen dieser Sendung ein paar Bruchstücke aus bloß einem<br />

einzigen weiteren Tagebuch – bei dem es keine Ausflüchte und keine Zweifel gibt.<br />

Der Schreiber ist Obergefreiter in der 12. Kompanie des 354. Infanterieregimentes,<br />

62. Infanterie-Division. Oben steht: Was mir in Rußland passierte. Und jetzt hören<br />

Sie sich das an:<br />

„7. Juli 1941 – Wir kamen in Minsk an. Unser Bataillon kriegte die Aufgabe sechstausend<br />

Gefangene zu bewachen und alle Juden in der Stadt zu erschießen. Viele<br />

Gefangene flüchteten in der Nacht, und wir mußten von der Waffe Gebrauch machen.<br />

Wir haben allein fünfhundert Juden umgelegt.<br />

5. Oktober 1941 – Gestern abend suchte unser Leutnant fünfzehn Mann mit starken<br />

Nerven. Habe mich selbstverständlich freiwillig gemeldet. Wir haben nicht gewußt,<br />

was es sollte. Heute früh um fünf sollten wir vor der Kompanie-Schreibstube antreten,<br />

mit Helm, und pro Mann dreihundert Patronen bekommen. Wir warteten mit großer<br />

Spannung auf den Morgen. Punkt fünf traten wir an und der Leutnant erklärte<br />

uns, was wir zu tun hatten. Es gab ungefähr tausend Juden im Dorf Krupka, und<br />

die sollten heute alle erschossen werden. Ein Zug wurde uns als Wachmannschaft<br />

zugeteilt. Die hatten aufzupassen, daß niemand entwischte. Um Punkt sieben hatten<br />

alle Juden auf dem Rapportplatz anzutreten: – Männer, Frauen und Kinder. Die Liste<br />

wurde verlesen, und dann marschierte die ganze Formation ab, Richtung der nächste<br />

Sumpf. Das Hinrichtungskommando zu dem ich gehörte, marschierte voran, und die<br />

Wachmannschaft marschierte rechts und links. Es war ein regnerischer Tag und der<br />

Himmel eine einzige schwere Wolke wie aus Blei. Man hatte den Juden gesagt, daß<br />

sie alle nach Deutschland geschickt werden sollten, damit sie dort arbeiten. Aber als<br />

es quer über das Geleise von der Schmalspurbahn und weiter in Richtung auf den<br />

Sumpf zuging, ging den meisten ein Licht auf. Eine Panik brach aus, und die Wachmannschaft<br />

hat alle Hände voll zu tun gehabt, daß sie den Haufen zusammenhielt.<br />

Wie wir bei dem Sumpf angekommen sind, haben sie sich alle hinsetzen müssen mit<br />

dem Gesicht in der Richtung, aus der wir gekommen sind. Fünfzig Meter davon war<br />

ein tiefer Graben voll Wasser. Die ersten zehn mußten sich neben diesen Graben stellen<br />

und sich bis zum Gürtel ausziehen, dann mußten sie im Wasser hinuntergehen, und<br />

das Abschußkommando, also wir, sind über ihnen gestanden. Ein Leutnant und ein<br />

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