09.01.2014 Aufrufe

StudienVerlag - Oapen

StudienVerlag - Oapen

StudienVerlag - Oapen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

An Friedrich Torberg<br />

Locarno, 15.2.1961<br />

Ms. o. U., ÖNB<br />

Mein lieber Torberg,<br />

nein, ich bin noch immer nicht der KPÖ beigetreten. Die Leute haben gleich zahlreichen<br />

anderen um Erlaubnis zum Abdruck eines Abschnittes aus „Ausflüchte<br />

unseres Gewissens“ gebeten, und das ist ihnen (unentgeltlich) bewilligt worden,<br />

vorausgesetzt dass es im Zusammenhang mit einer Besprechung der Broschüre<br />

geschieht. Dass derlei dann als „Beitrag“ aufgemacht wird – so machen das ja doch<br />

alle kleinen Journalisten in kleinen Zeitungen in der ganzen Welt. Es ist ja allerdings<br />

schauerlich, mit wem man da gemeinsam auf der Beiträgerliste steht. Aber der junge<br />

Bismarck, ans unterste Ende der Galatafel verbannt, hat, hör ich, gesagt: „Macht<br />

nichts, wo ich sitze, ist oben!“ Was ich bedaure ist nur, dass diese kleinen Leute<br />

offenbar unter allen Zeitungen und Zeitschriften Österreichs bisher die einzigen<br />

gewesen sind, die von dieser Broschüre Kenntnis genommen haben – einer gerade<br />

für die Heimat Eichmanns wichtigen Broschüre, ich habe sie Ihnen geschickt, und<br />

haben Sie sie gekriegt? Wenn Sie daraus etwas drucken wollen – und so viel Sie nur<br />

wollen –, so steht Ihnen das natürlich zur Verfügung.<br />

Dieser Herr Huppert ist ja allerdings ein meisterhafter Polemiker. Da können<br />

Sie und ich mal was lernen. Aber es geschieht Ihnen recht. Auch ein Würstchen<br />

krümmt sich, wenn es getreten wird. Wenn Sie mir nächstens telegraphieren, kündigen<br />

Sie doch bitte Ihre und Mariettas Ankunft an – nach Abbruch aller Brücken<br />

zu einer Welt, in der ein gewisser junger Freund von mir seine grosse Begabung<br />

perverserweise mit solchen Nichtigkeiten verzettelt. […]<br />

Ein längerer Ausschnitt aus Neumanns Broschüre „Ausflüchte unseres Gewissens“<br />

ist – mit einer Vorbemerkung von Bruno Frei – in der Zeitschrift „Österreichisches<br />

Tagebuch“ in der Ausgabe März 1961 nachgedruckt – nach Vorankündigung in der<br />

Februar-Nummer: Ebenda attackiert Hugo Huppert („Keine Spur von Leidenschaft“)<br />

Torberg als Brecht-Boykottierer, als miesen Theater-Übersetzer und als einen von US-<br />

Geldern gestützten „Schriftleiter der psychologischen Kriegführung“.<br />

Dies ruft – wie schon 1955 – den „Zensor“ Torberg auf den Plan, der am 10.2.1961<br />

(ÖNB) RN die Briefvorlage an die Zeitschrift gleich mitvorschreibt: „Sehr geehrte<br />

Redaktion! Aus Wien wird mir die Februarausgabe Ihrer Zeitschrift zugeschickt, in<br />

der Sie zu meinem Erstaunen einen Beitrag von mir ankündigen (Robert Neumann:<br />

Sie haben es gewußt). Ich kann mich nicht erinnern, Ihnen jemals eine Bewilligung<br />

hiefür erteilt zu haben. Trotzdem wäre ich vielleicht geneigt gewesen, dem von Ihnen<br />

widerrechtlich angekündigten Abdruck zuzustimmen. Die völlig unqualifizierte Art,<br />

in der Sie im gleichen Heft meinen guten Freund Friedrich Torberg anflegeln, veranlaßt<br />

mich jedoch, Ihnen die Zustimmung zum Abdruck meines Beitrags nicht nur<br />

ausdrücklich zu verweigern, sondern eine in der nächsten Nummer Ihrer Zeitschrift<br />

733

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!