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StudienVerlag - Oapen

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tatsächlich auch jene Lust des Autors am Sozialismus – die er zum Schluß definiert<br />

als „die Lust, gegen Knüppel mit Köpfen zu kämpfen“ und „Wahlen, die keine<br />

Alternativen bieten, zu sabotieren“.<br />

Das verziehe man ihm vielleicht doch noch, trotz allem. Daß er aber all das auch<br />

noch lachend tut, mit Lust an dieser „Lust“: das verzeiht man ihm hüben nicht und<br />

drüben nicht – in einem Volk, das in seinem Bierernst noch nie begriffen hat, daß<br />

Ernst heiter sein kann und das Heitere ernst.<br />

Man lasse sich weder von parteifrommen Kritikern beirren, noch von den sittenschnüffelnden<br />

Neandertalern, die sich darüber entrüsten, daß in diesem Pamphlet<br />

unter anderem auch in einer nur eine Druckseite langen Passage ausschließlich vom<br />

Ficken die Rede ist. Das kurze Buch ist samt dieser einen Seite nicht nur lesbar,<br />

sondern auch großartig lesenswert.<br />

RN hat für die Zeitschrift „konkret“ in den Jahren 1969 (ab Heft 2) und 1970 (bis Heft<br />

12) mehr als ein Dutzend Kolumnen geschrieben – mit dem Titel: „Robert Neumann –<br />

Tagebuch“, zeitweilig mit dem Untertitel: „Betrachtungen zum Zeitgeschehen“. Die<br />

Kommentare und Rezensionen sind meist an der Schnittstelle von Literatur und Politik<br />

angesiedelt.<br />

RN und „die Zwerenzens“ standen bereits seit etwa 1963 in freundschaftlich-kollegialem<br />

Briefkontakt. Den „großen, bösen politischen Gegenwartsroman, den nur er<br />

schreiben kann und den er uns schuldig ist“, hat Zwerenz schließlich zur Zufriedenheit<br />

Neumanns abgeliefert: „Kopf und Bauch. Die Geschichte eines Arbeiters, der unter<br />

die Intellektuellen gefallen ist“. In Rezensionen dieses autobiographischen Texts – für<br />

„konkret“ (1971, H. 21) und die „Deutsche Zeitung/Christ und Welt (15.Ms.10.1971) –<br />

rühmt RN „Ehrlichkeit, Präzision, Brillanz dieses neuen, hiermit erst wirklich für die<br />

deutsche Literatur gewonnenen Schriftstellers“, und er resümiert:<br />

„Ich habe diesen Mann seit langen Jahren gekannt und seine Bücher gelesen, ich war<br />

ihm freundschaftlich wohlgesonnen vom Tag unserer ersten Begegnung an. Was er<br />

schrieb, fand ich mal so, mal so – das gilt für die Bücher eines jeden von uns, die wir<br />

mitten im Leben stehen und vielerlei drucken lassen. […] Danach war sein frischfröhliches<br />

Einschwenken in die damals noch prosperierende Sex-Front (in ‚Casanova‘,<br />

vor allem in ‚Erbarmen mit den Männern‘) eine Enttäuschung. Nicht weil es ‚Sex‘ war<br />

(muß ich das erst sagen?), sondern weil es nicht Henry Millers und Nabokovs Sex war,<br />

sondern einer in der Preislage etwa des Pseudo-Autobiografen Jan Cremer. […] Ich<br />

kann das heute mit dieser Offenheit sagen, ohne Zwerenz wehzutun, weil er nicht<br />

nur ‚zurückgekehrt‘ ist, nicht nur ‚der alte‘, der Autor seiner früheren ernsten Bücher –<br />

sondern als ein Mann ganz anderer Statur.“<br />

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