09.01.2014 Aufrufe

StudienVerlag - Oapen

StudienVerlag - Oapen

StudienVerlag - Oapen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Von Stefanie Neumann<br />

Wien, 21.2.1972<br />

Ms. m. U., ÖNB<br />

Lieber Robert,<br />

In diesen traurigen Februartagen weilen meine Gedanken besonders viel in der<br />

Vergangenheit und somit auch bei Dir. Du lässt gar nichts mehr von Dir hören –<br />

warum eigentlich? Ich hoffe, Du bist weiter gesund.<br />

Heute schreibe ich Dir aber aus einem bestimmten Grund. Ich war über die<br />

zweite Hälfte Januar wieder im Spital und will nun bald in das Klosterneuburger<br />

Heim ziehen. Bei Vertragsunterzeichnung muss ich eine Kaution von 77.000 Österr.<br />

Schillingen erlegen. Könntest Du mir dabei mit einem Teilbetrag, der nach meinem<br />

Tod zurückerstattet wird, helfen? Du würdest dabei nur – für eine kurze Weile – die<br />

Zinsen verlieren, die Dir das Geld an anderer Stelle einbringen […?]<br />

Die Kosten des Heims sind leider hoch. 3851 S[chilling] monatlich ohne Nachtmahl<br />

und Nebenspesen. Auch muss ich bei meiner Anfälligkeit unbedingt die Krankenversicherung<br />

von 581 S monatlich weiter bezahlen. Von Deinen Verhältnissen<br />

weiß ich gar nichts und frage daher an, ob Du in der Lage bist, mir von nun an<br />

etwas mehr zu helfen als bisher. Bitte lass es mich recht bald wissen.<br />

In meinem Leben gibt es nur mehr zwei Faktoren: die Krankheit, die mich aber<br />

derzeit, da ich fast gar nicht mehr in den Strassenverkehr gehe, verhältnismässig<br />

wenig plagt, und die Freundschaft einiger – schon sehr weniger – Menschen; im<br />

Zusammenhang damit auch die leider mitunter ausfallende Korrekturarbeit, mit<br />

der ich mich gern beschäftige. – Ich lese sehr viel, derzeit die Autobiographie von<br />

Ludwig Marcuse, wobei ich staune, mit welchen Nichtigkeiten man sich traut, ein<br />

dickes Buch zu füllen.<br />

Auf Altaussee will ich diesen Sommer verzichten, muss Geld und Kräfte sparen.<br />

Wenn Du mal nach Oesterreich kommst, besuchst Du mich ja wohl im Heim. Hier<br />

schon jetzt die Adresse: Wohnheim Klosterneuburg-Weidling, Brandmayrstrasse<br />

50 […]<br />

Dir und den Deinen herzliche Grüsse<br />

Deine<br />

Stefi<br />

Der 21. Februar ist der Todestag von Sohn Heinrich.<br />

Wohnheim Klosterneuburg-Weidling – Weitere Briefe (ÖNB) belegen, dass Stefie am<br />

5. Mai 1972 das Appartment 233 („einen hübschen Raum mit großem Balkon und<br />

Badezimmer im 2. Stock“) in dem von der Caritas geführten Senioren-Wohnheim in<br />

Klosterneuburg bei Wien bezogen hat, das sie als „sehr schön und behaglich“ empfunden<br />

hat. Sie hat hier bis zu ihrem Tod am 27.12.1975 gelebt. (Sie wurde am 15.1.1976<br />

am Wiener Zentralfriedhof beigesetzt.)<br />

868

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!