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StudienVerlag - Oapen

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katholischen Proselytierungsdranges und erfreuen uns daher in schlimmen Lagen<br />

einer gewissen christlichen Protektion. Diese erlischt, a) wenn wir uns endgültig<br />

als unbekehrbar erweisen, und b) wenn unser Unterdrücker der Kirche wichtiger<br />

wird als wir selbst. Auch dies ist vorausberechenbar: Die Kirche ist für den Pakt mit<br />

Cäsar genauso lange, wie Cäsar für den Pakt mit der Kirche ist. Bricht er den Pakt,<br />

so wird jeder Mönch ein Freiheitskämpfer. Siehe den Unterschied im Verhalten zum<br />

Faschisten Hitler und zum Faschisten Franco. Es ist nicht der Faschismus in seinen<br />

nationalen oder pseudo-sozialistischen Varianten an sich, an dem das Christentum<br />

Anstoß nimmt. Infolgedessen – auch das ist vorausberechenbar – verbindet einen<br />

Mann wie mich mit der christlichen Kirche zwar kaum je eine Gemeinsamkeit der<br />

Freunde, aber doch mitunter eine Gemeinsamkeit der Feinde. Auch das ist eine<br />

Gemeinsamkeit.<br />

Bleibt, um das Bild meiner Reaktionen abzurunden, die Bewunderung für die<br />

mitunter atemraubende Klugheit, ja Weisheit, mit der diese durch die Jahrtausende<br />

immer weiter verfeinerte Organisation zu Werke geht. Dieser Verfeinerung ist es<br />

zuzuschreiben, daß die Kirche offenbar ungestraft und unentlarvt mit dem Treibwild<br />

flüchten und mit den Jägern jagen kann, beides zu gleicher Zeit. Das Versprechen<br />

jenseitiger Kompensation für diesseitige Ungelegenheiten ist solch eine Verfeinerung.<br />

Sie hilft dem Wild in einem peinlichen Augenblick – und verpflichtet den<br />

Jäger zu großem Dank.<br />

Eine andere Verfeinerung ist die psychoanalytische: die großartige Weisheit<br />

der Beichte – mit einem Arzt, der gleich in Gottes Namen das Wort der Vergebung<br />

spricht. Das ist wahrhaft bewundernswert. Man vergleiche damit das unkomfortable<br />

Diesseits des Protestanten, der sich unablässig selber bestrafen muß, weil ihm der<br />

psychoanalytische Doktor fehlt.<br />

Dabei bin ich mir dessen durchaus bewußt, daß diese flinken Randbemerkungen<br />

nicht genügen. Sie handeln von der diesseitigen Organisation, nicht von der ewigen<br />

Substanz, die sich seit zwei Jahrtausenden den vertrackten und genialen Monopolverschleiß<br />

von Gottes Wort gefallen läßt. Lächelnd? Zürnend? Mit jenseitiger<br />

Gelassenheit? Oder hat – gewagteste der Vermutungen – trotz allem jene oberste<br />

Instanz ihre Freude dran?<br />

Dem Beitrag vorangestellt ist eine autobiographische Kurznotiz von RN.<br />

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