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Nationale Alleingänge oder internationale Kooperation? - Stiftung ...

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Ungenügende globale Governance<br />

In einigen rohstoffreichen Schwellen- und Industrieländern<br />

werden protektionistische Maßnahmen<br />

ergriffen, Ausdruck einer Haltung, die als Rohstoffnationalismus<br />

bezeichnet werden kann. Die kommerzielle<br />

Nutzung der einheimischen Rohstoffvorkommen<br />

<strong>oder</strong> die Sicherung der nationalen Rohstoffversorgung<br />

gehorcht nicht mehr allein den Maßstäben<br />

der ökonomischen Rationalität, sondern dient<br />

auch innen- und außenpolitischen Zwecken. Die<br />

Politik des Rohstoffnationalismus zielt typischerweise<br />

auf die Maximierung der heimischen Ressourcenrente,<br />

die Instrumentalisierung von Rohstoffen für<br />

Zwecke der (konfrontativen) Außenpolitik <strong>oder</strong> auch<br />

auf die <strong>Stiftung</strong> einer kollektiven Identität. Konsequenz<br />

ist zumeist eine Diskriminierung aller <strong>oder</strong><br />

bestimmter ausländischer Verbraucher bzw. Verbraucherländer.<br />

Typische Instrumente dieses Nationalismus<br />

sind Verstaatlichung, hohe Steuern, Lizenzgebühren<br />

und Exportzölle. Auch wenn der Trend<br />

zum Rohstoffnationalismus bei weitem nicht in allen<br />

rohstoffreichen G20-Ländern anzutreffen ist, sind<br />

die <strong>internationale</strong>n Handelsbeziehungen zwischen<br />

Produzenten- und Verbrauchsländern doch zunehmend<br />

von Konflikten gekennzeichnet.<br />

Die staatlichen Aktivitäten der Verbraucherländer<br />

stellen einen typischen Fall eines Konkurrenzparadoxons<br />

dar: 5 Vordergründig kann zwar jeder Staat<br />

die Versorgungssituation der heimischen Industrie<br />

verbessern, indem er Exportrestriktionen, Importsubventionen<br />

und Reservelagerbildung verfügt <strong>oder</strong><br />

nationale Rohstoffinvestitionen im Ausland unterstützt.<br />

Damit wird er aber nur dann Erfolg haben,<br />

wenn andere Staaten nicht ebenfalls zu derartigen<br />

Maßnahmen greifen <strong>oder</strong> diese weniger aggressiv<br />

umsetzen. Alle Staaten zusammengenommen werden<br />

mit solchen Strategien jedoch nicht erfolgreich sein.<br />

So können im ungünstigsten Fall rationale politische<br />

Entscheidungen auf nationaler Ebene dazu führen,<br />

dass das Rohstoffangebot auf den Weltmärkten weiter<br />

by the Director-General, Genf, 21.11.2011 (WTO Document<br />

).<br />

5 Die Begriffe Konkurrenzparadoxon <strong>oder</strong> auch Rationalitätenfalle<br />

beschreiben den Trugschluss, nach dem ein Tatbestand,<br />

der für eine einzelne Einheit gültig ist, auch für<br />

die Gesamtheit als Summe der Einheiten gültig sei. Generell<br />

treten Konkurrenzparadoxa in Sozialsituationen auf,<br />

in denen einzelne Akteure nach bestimmten Zielen streben,<br />

wobei aber gerade dadurch, dass alle danach streben, ein<br />

ganz anderes, eigentlich von keinem einzelnen gewünschtes<br />

Ergebnis eintritt. Zu Konkurrenzparadoxa vgl. Wolfgang<br />

Stützel/Rolf-Dieter Grass, Volkswirtschaftslehre, München:<br />

152–159.<br />

verknappt wird, Preisvolatilitäten zunehmen und<br />

sich Konfliktsituationen verschärfen. Zwar profitieren<br />

die Produzentenländer von den gestiegenen Preisen<br />

und den verbesserten Bedingungen für ihren Handel<br />

(»terms of trade«). Sie sind aber auch höheren Risiken<br />

und wachsenden Problemen ausgesetzt. Hohe Rohstoffrenten<br />

in einem Staat mit schlechter Regierungsführung<br />

und schwachen Institutionen können Korruption,<br />

Rentiersverhalten, Misswirtschaft und innerstaatliche<br />

Konflikte fördern. Die aufgrund der wachsenden<br />

Nachfrage steigenden Wechselkurse können überdies<br />

die exportorientierten weiterverarbeitenden Industrien<br />

in Schwierigkeiten bringen. Schließlich werden<br />

der Umwelt- und Ressourcenschutz sowie soziale<br />

Aspekte häufig vernachlässigt; in Infrastruktur, Bildung<br />

und Gesundheit wird nicht so viel investiert,<br />

wie nötig wäre, um eine solide Basis für ein nachhaltiges<br />

Wirtschaftswachstum zu schaffen. Der Rohstoffreichtum<br />

ist dann nicht Motor für wirtschaftliche<br />

und soziale Entwicklung, sondern ein Fluch.<br />

Ungenügende globale Governance<br />

Eine international abgestimmte Rohstoffpolitik, beginnend<br />

mit einem verbesserten Austausch von Informationen,<br />

böte die Möglichkeit, den handels- und industriepolitischen<br />

Wettlauf um Mineralien und Metalle<br />

zu bremsen und die Allokationsfunktion der Märkte<br />

zu stärken. Damit <strong>internationale</strong> Rohstoffmärkte<br />

funktionieren, sind stabile Rahmenbedingungen<br />

erforderlich, wie etwa ein verlässliches Rechtssystem,<br />

sichere Transportwege, effiziente Marktplattformen<br />

(z. B. Rohstoffbörsen) und zuverlässige Informationen<br />

(z. B. von Geologischen Diensten). Unverzichtbar<br />

ist staatliches Handeln zudem bei der Förderung einer<br />

umweltverträglichen und ökonomisch nachhaltigen<br />

Rohstoffwirtschaft, der Entwicklung einer Recyclingwirtschaft<br />

sowie von Aufsichts- und Kontrollbehörden,<br />

die Kartelle und Marktstörungen unterbinden, und<br />

bei der Einhegung von lokalem und <strong>internationale</strong>m<br />

Konfliktpotenzial. Die gegenwärtige (inter-)nationale<br />

Rohstoffgovernance mag im 20. Jahrhundert ausreichend<br />

gewesen sein, als die Rohstoffpreise lange<br />

Zeit stagnierten <strong>oder</strong> sich gar rückläufig entwickelten.<br />

Die zunehmenden unkoordinierten Aktivitäten auf<br />

<strong>internationale</strong>r Ebene sind aber ein Indiz dafür, dass<br />

sie den neuen Markt- und Wettbewerbsbedingungen<br />

des 21. Jahrhunderts nicht mehr genügt.<br />

Im Rahmen des UN-Systems haben sich Studiengruppen<br />

formiert, die sich jeweils mit bestimmten<br />

SWP Berlin / BGR Hannover<br />

Analyse und Vergleich der<br />

Rohstoffstrategien der G20-Staaten<br />

Februar 2013<br />

13

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