Nationale Alleingänge oder internationale Kooperation? - Stiftung ...
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Die Rohstoffpolitik<br />
Industrielle Konsolidierung<br />
Seit Jahren ist es erklärtes Ziel der chinesischen Wirtschaftspolitik,<br />
den Rohstoffsektor zu konsolidieren<br />
sowie die mineralische und metallische Rohstoffwirtschaft<br />
umzustrukturieren und auf wenige große<br />
Unternehmen zu konzentrieren. Dabei haben die<br />
Regierungen und Provinzen sowohl den Bergbausektor<br />
als auch die Grundstoffindustrien im Blick.<br />
Von einer Konsolidierung verspricht man sich eine<br />
Verbesserung der Energie- und Ressourceneffizienz,<br />
des Umweltschutzes, der Bergsicherheit und des<br />
Arbeitsschutzes, eine höhere Produktivität, die Eindämmung<br />
von Kriminalität und Schmuggel sowie<br />
eine Stärkung der zentralstaatlichen Autorität und<br />
Kontrolle. Aufgrund von Skaleneffekten und technologischen<br />
Lerneffekten dürfen die überlebenden großen<br />
Staatsunternehmen höhere Erlösmargen erwarten.<br />
Durchgesetzt werden soll die Restrukturierung<br />
durch hoheitliche Auflagen und durch staatlich<br />
administrierte Zusammenschlüsse. Perspektivisches<br />
Ziel ist, leistungsfähige, international wettbewerbsfähige<br />
große Einheiten zu bilden, die als chinesische<br />
»National Champions« auf den Weltmärkten reüssieren.<br />
Allerdings gelingt es der zentralen Ebene nicht<br />
wirklich, die eigenen Vorgaben etwa zur Beschränkung<br />
der Produktionskapazitäten effektiv durchzusetzen.<br />
So ließ sich der illegale Abbau von Seltenen<br />
Erden im Mai 2010 nur unter Einsatz der Volksbefreiungsarmee<br />
unterbinden. 19 Vorschriften zur Mindestgröße<br />
von Anlagen, Verbote veralteter Technologien<br />
<strong>oder</strong> Umweltauflagen haben Investitionen ausgelöst,<br />
statt Kapazitäten abzubauen. Konsolidierungsbemühungen<br />
auf Provinzebene reduzieren zwar die Zahl<br />
der Unternehmen, nicht aber ihre Kapazitäten. Provinzübergreifende<br />
Konsolidierungen wiederum sind<br />
nur mit hohem politischem Kraftaufwand durchsetzbar.<br />
20<br />
18 Vgl. Peter Thomas in der Heiden, Chinese Sectoral Industrial<br />
Policy Shaping International Trade and Investment Patterns – Evidence<br />
from the Iron and Steel Industry, Duisburg 2011 (Duisburger<br />
Arbeitspapiere Ostasienwissenschaften Nr. 7–9;<br />
Michael Komesaroff, »Smelters Away«, in: China Economic Quarterly<br />
10–12 (10); Michael Komesaroff, »Metals:<br />
Good Golly Miss Moly(bdenum)!«, in: China Economic Quarterly,<br />
–10.<br />
19 Vgl. Patti Waldmeir, »Good Luck Beijing’s Rare Earth<br />
Police, You’ll Need It«, in: Financial Times, 5.5.2010.<br />
20 Für Aluminium: Komesaroff, »Smelters Away« [wie Fn. ];<br />
für Stahl: in der Heiden, Chinese Sectoral Industrial Policy Shaping<br />
International Trade and Investment Patterns [wie Fn. ], S. 7–9.<br />
Industriepolitische Förderung der Verbrauchsindustrien<br />
Günstige makroökonomische und gesamtwirtschaftliche<br />
Rahmenbedingungen befördern die kapital- und<br />
ressourcenintensive Industrialisierung. Zwar leistet<br />
der Staat seit 2005 keine direkten Finanztransfers<br />
mehr an heimische Unternehmen, aber die Faktorpreise<br />
für Land, Umwelt, Kapital und Devisen werden<br />
politisch bestimmt. Die (Niedrig-)Zinsbindung für Kreditkapital,<br />
die teilweise subventionierten Festpreise<br />
für Energie, die politischen Preise bei der Zuteilung<br />
von Industrieflächen und die nahezu kostenlose Nutzung<br />
der Umwelt wirken wie Produzentensubventionen.<br />
Im Zeitraum 2000–<br />
zwischen acht und zwölf Prozent der inländischen<br />
Wertschöpfung aus. Diese Verbilligung der Faktorpreise<br />
stärkt die Unternehmensgewinne und ist mithin<br />
verantwortlich für Chinas ungleichgewichtiges<br />
investitionsgetriebenes Wirtschaftswachstum sowie<br />
den Aufbau von industriellen Überkapazitäten. 21<br />
Bevorzugt werden dabei die großen kapital- und<br />
investitionsstarken Staatsunternehmen.<br />
Diese Förderung der Industrialisierung und der<br />
Industrie konstituiert einen mächtigen Wettbewerbsvorteil<br />
auf den <strong>internationale</strong>n Rohstoffmärkten. Chinesische<br />
Nachfrager sind in der Lage, auf dem Weltmarkt<br />
höhere Preise für Rohstoffe zu zahlen als die<br />
Konkurrenz im Ausland. Die hohe chinesische Kaufkraft<br />
in Verbindung mit dem riesigen Nachfragevolumen<br />
des Landes erzeugt im Rohstoffbereich einen<br />
kräftigen Importsog nach China, wobei die Einfuhren<br />
zu einem großen Teil über die Shanghaier Metallbörse<br />
(Shanghai Metals Exchange, SME) abgewickelt werden.<br />
Für ausländische Rohstoffverbraucher wird angesichts<br />
der chinesischen Marktmacht die Beschaffung vieler<br />
Metalle auf dem Weltmarkt zum Problem. Sie müssen<br />
höhere Preise als die chinesischen Wettbewerber zahlen<br />
<strong>oder</strong> sich mit einer geringeren Qualität zufriedengeben.<br />
Chinesische Unternehmen sind deshalb in<br />
22<br />
der Rohstoffversorgung im Vorteil.<br />
21 Für eine Analyse und eine quantitative Schätzung vgl.<br />
Yiping Huang/Bijun Wang, »Rebalancing China’s Economic<br />
Structure«, in: Ross Garnaut/Jane Golley/Ligang Song (Hg.),<br />
China: The Next Twenty Years of Reform and Development, Canberra:<br />
ANU E. Press, 2010, S. 302–310.<br />
22 Für einen Bericht aus dem Blickwinkel betroffener Unternehmen<br />
vgl. Rüdiger Kiani-Kreß, »Chinas manipulative Rohstoffbörse«,<br />
in: Wirtschaftswoche, 25.11.2009, (eingesehen am 20.9.2012).<br />
SWP Berlin / BGR Hannover<br />
Analyse und Vergleich der<br />
Rohstoffstrategien der G20-Staaten<br />
Februar 2013<br />
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