Nationale Alleingänge oder internationale Kooperation? - Stiftung ...
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China<br />
lich für die richtungsweisenden politischen Entscheidungen<br />
Chinas sind das Politbüro KPCh, der <strong>Nationale</strong><br />
Volkskongress (das Parlament) und der Staatsrat (das<br />
Kabinett). Als Akteure in der Rohstoffpolitik treten<br />
diese Spitzeninstitutionen aber nur ausnahmsweise<br />
und eher deklaratorisch in Erscheinung. Die für den<br />
Bergbau wichtigsten exekutiven Institutionen unterhalb<br />
dieser Ebene sind das Ministerium für Land und<br />
Ressourcen (Ministry of Land and Resources, MOLAR),<br />
das Ministerium für Industrie und Informationstechnologie<br />
(Ministry of Industry and Information<br />
Technology, MIIT), das Ministerium für Außenhandel<br />
und wirtschaftliche Zusammenarbeit (Ministry of<br />
Foreign Trade and Economic Cooperation, MOFTEC),<br />
das Ministerium für Umweltschutz (Ministry of Environmental<br />
Protection, MOEP), die <strong>Nationale</strong> Entwicklungs-<br />
und Reformkommission (National Development<br />
and Reform Commission, NDRC) sowie zahlreiche<br />
nachgelagerte zentrale Organisationen, wie<br />
beispielsweise der Chinesische Geologische Dienst<br />
(China Geological Survey, CGS), die Staatliche Lageragentur<br />
(State Reserves Bureau, SRB) und die Dachorganisation<br />
der Staatsunternehmen (State-owned<br />
Assets Supervision and Administration Commission<br />
of the State Council, SASAC). Während MOLAR für<br />
Rohstoffexploration, Rohstoffförderung und Bodenschutz<br />
zuständig ist, gehören die rohstoffverarbeitenden<br />
Industrien in den Verantwortungsbereich des<br />
MIIT. Das MOFTEC reguliert Chinas Außenhandel und<br />
Direktinvestitionen, ist dabei aber an die Vorgaben<br />
der Fachministerien und Kommissionen gebunden.<br />
Gewässerschutz und Emissionskontrolle fallen in die<br />
Kompetenz des MOEP. Herausgehoben ist die Stellung<br />
der Reformkommission NDRC, welche die gesamtwirtschaftliche<br />
Verantwortung für die makroökonomische<br />
Steuerung und industriepolitische Planung trägt und<br />
sektoral zuständig ist für Energie, Chemie und große<br />
Bauprojekte. Zuweilen als »kleiner Staatsrat« bezeichnet,<br />
dirigiert die NDRC die staatlichen Investitionsausgaben<br />
und agiert als federführende wirtschaftspolitische<br />
Schaltstelle Chinas.<br />
Zweitens sind im Bergbau, in der Raffinadeproduktion<br />
und in der Rohstoffverarbeitung mannigfache<br />
privat- und staatswirtschaftliche Unternehmen tätig,<br />
die sich in Größe und Produktivitätsniveau stark voneinander<br />
unterscheiden. Die Rohstoffwirtschaft ist<br />
je nach Branche in quasi-staatlichen Verbänden organisiert,<br />
wie beispielsweise der Bergbauverband,<br />
der Eisen- und Stahlverband, der Nicht-Eisen-Metallverband<br />
und der Seltenerdverband. Neben der Interessenvertretung<br />
nehmen die Verbände auch hoheitliche<br />
Aufgaben wahr. Die Staatsunternehmen stehen<br />
in der politischen Hierarchie weit oben; deren Direktoren<br />
orientieren ihre Managemententscheidungen<br />
an Renditeerwägungen und sie haben die Macht, auf<br />
die Beschlüsse Pekings Einfluss zu nehmen.<br />
Die dritte und faktisch vielleicht wichtigste<br />
Akteursgruppe sind die Regierungs- und Verwaltungsinstitutionen<br />
auf der regionalen und der lokalen<br />
Ebene. Ihnen obliegt es, Bergbauförderlizenzen, Umweltgenehmigungen<br />
und polizeiliche Sprengstofferlaubnisse<br />
zu erteilen. Sie können Investitionen<br />
genehmigen, fördern <strong>oder</strong> verhindern bzw. den zentral<br />
verfügten Kapazitätsabbau auch wirklich durchsetzen.<br />
Sie kontrollieren, ob Umwelt- und Arbeitsschutzgesetze<br />
eingehalten werden, und haben sogar<br />
eigene Gesetzgebungsbefugnisse. Andererseits erheben<br />
sie Körperschafts- und Ressourcensteuern von den<br />
vor Ort tätigen Unternehmen, haben die politische<br />
Verantwortung für Wachstum und Beschäftigung in<br />
den von ihnen verwalteten Gebieten und verfolgen<br />
daher meist eine eigene regionalbezogene industriepolitische<br />
Agenda.<br />
Angesichts dieser institutionellen Rahmenbedingungen<br />
ist die rohstoffpolitische Regulierung sowohl<br />
ein Prozess von »oben nach unten« als auch von<br />
»unten nach oben«. Für die Anfertigung der nationalen<br />
Gesetze und Erlasse sind zwar prinzipiell die<br />
zentralen Ministerien und Behörden zuständig. In<br />
dem auf Konsens ausgelegten gesetzgeberischen Verhandlungsprozess<br />
sind aber bereits die Staatsunternehmen<br />
und die Provinzen eingebunden, so dass im<br />
legislativen Ergebnis diffuse Regularien entstehen,<br />
die eher politische Willenserklärungen als konkrete<br />
administrative Vorschriften darstellen. Während für<br />
die Implementierung und Kontrolle der zentral erlassenen<br />
Vorgaben die Provinzen, Bezirke und Kommunen<br />
zuständig sind, fehlen Peking die Instrumente,<br />
um die Umsetzung auch zu kontrollieren. Ob nationale<br />
Umwelt- und Arbeitsschutzgesetze, Investitionsauflagen<br />
und -beschränkungen eingehalten werden,<br />
wird zuweilen dann zum Ergebnis eines lokalen Verhandlungsprozesses.<br />
Daran wirkt die Zentrale zwar<br />
mit, aber im Wesentlichen handeln die Direktoren,<br />
die privaten Unternehmer und die lokalen Kader die<br />
Verteilung der aus Bergbau und Rohstoffgewinnung<br />
erzielbaren beträchtlichen Gewinne untereinander<br />
aus. Ganz machtlos ist bei diesem Spiel die Pekinger<br />
Zentrale freilich nicht. Erstens droht bei flagranten<br />
Verstößen gegen Umweltgesetze <strong>oder</strong> bei öffentlich<br />
gewordener Korruption eine Intervention aus Peking.<br />
SWP Berlin / BGR Hannover<br />
Analyse und Vergleich der<br />
Rohstoffstrategien der G20-Staaten<br />
Februar 2013<br />
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