Nationale Alleingänge oder internationale Kooperation? - Stiftung ...
Nationale Alleingänge oder internationale Kooperation? - Stiftung ...
Nationale Alleingänge oder internationale Kooperation? - Stiftung ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Frankreich<br />
sich federführend mit jeweils einem der genannten<br />
Themen.<br />
Identifizierung der Versorgungsrisiken<br />
Derzeit genießen in Frankreich grundlegende Maßnahmen<br />
Priorität. Zunächst geht es darum, den Bedarf<br />
und die daraus folgende Verwundbarkeit der französischen<br />
Industrie systematischer als bisher zu erfassen.<br />
Im Zuge dessen sollen vor allem kleinere und<br />
mittlere Unternehmen für potenzielle Risiken sensibilisiert<br />
werden und im Ergebnis die globale Marktsituation<br />
für die von ihnen jeweils benötigten Metalle<br />
eigenständig einschätzen können. 21<br />
Denn bekannt sind bislang hauptsächlich die<br />
Bedürfnisse und Risikoeinschätzungen gut organisierter<br />
größerer Unternehmen und Branchen. Die<br />
chemische Industrie benötigt beispielsweise Nicht-<br />
Eisen-Metalle in erheblichem Umfang für die Herstellung<br />
von Spezialstählen (u. a. Tantal, Titan, Zirkonium)<br />
und als Katalysatoren (u. a. Molybdän, Rhenium,<br />
Rhodium). Der Verband der metallverarbeitenden<br />
Industrie verweist auf die Schlüsselstellung von<br />
Chrom in Superlegierungen, die in Flugzeugmotoren,<br />
Gasturbinen und in der Nuklearindustrie zum Einsatz<br />
kommen. Die Rüstungs- und Luftfahrtkonzerne<br />
Dassault Aviation und European Aeronautic Defence<br />
and Space Company (EADS) berichten von Preissprüngen<br />
und Knappheit auf den Märkten für Aluminium,<br />
Karbonfasern und Titan in den vergangenen Jahren.<br />
Engpässe würden hier jedoch nicht etwa durch die<br />
unzureichende Förderung der Rohstoffe, sondern<br />
durch mangelnde Kapazitäten zur Verarbeitung der<br />
Erze verursacht. Lieferrisiken sehen beide Konzerne<br />
auch bei den Seltenen Erden, die in Flugzeugen und<br />
diversen Rüstungsprodukten unverzichtbar seien. 22<br />
Um den Bedarf auch kleinerer Firmen besser einschätzen<br />
zu können, führt die französische Regierung<br />
derzeit eine elektronische Befragung aller potenziell<br />
betroffenen Unternehmen durch. Parallel dazu erstellt<br />
das BRGM in Zusammenarbeit mit der Industrie zu<br />
ausgesuchten metallischen Rohstoffen eine Art Steckbrief.<br />
Dieser enthält in komprimierter Form jeweils<br />
die wichtigsten Fakten wie etwa die Art der industriellen<br />
Verwendung, globale Produktions-, Verbrauchsund<br />
Recyclingzahlen, die wichtigsten industriellen<br />
Akteure und die Preisentwicklung eines Metalls. Jeder<br />
dieser Steckbriefe schließt mit einer Einschätzung der<br />
21 Hintergrundgespräch des Verfassers mit einem Vertreter<br />
des Industrieministeriums am 26.6.2012 in Paris.<br />
22 Vgl. Sénat (Hg.), Rapport d’information [wie Fn. 12], S. 17f.<br />
Verfügbarkeit. Mehr als zehn Metalle hat das BRGM<br />
bislang untersucht. 23<br />
Ziel der COMES-Arbeitsgruppe war es, wie die EU<br />
<strong>oder</strong> die USA eine Liste strategischer Metalle zusammenzustellen.<br />
Auf eine Veröffentlichung dieser Liste<br />
hat die französische Regierung bisher jedoch bewusst<br />
verzichtet. Sie dürfte sich aber kaum von denen anderer<br />
Industriestaaten unterscheiden. Schließlich hatte<br />
das BRGM bereits in den Jahren 2002–gesamt<br />
16 Metalle kurz- und mittelfristige Versorgungsrisiken<br />
identifiziert, von denen sich neun in der<br />
Liste kritischer Metalle der Europäischen Kommission<br />
wiederfinden. Das ist nicht weiter verwunderlich,<br />
denn die Kommission hat bei ihren Arbeiten auch auf<br />
die Studien des BRGM zurückgegriffen. <br />
Erfassung des heimischen Rohstoffpotenzials<br />
Die zweite Arbeitsgruppe im COMES beschäftigt sich<br />
mit der Erfassung des geologischen Rohstoffpotenzials<br />
Frankreichs. Das <br />
1990er Jahren eine flächendeckende Exploration französischen<br />
Bodens vorgenommen, allerdings nur bis in<br />
eine Tiefe von 100 Metern. 25 Diese Inventur soll jetzt<br />
nochmals im Hinblick auf Vorkommen strategischer<br />
Metalle aktualisiert werden. Neben der Erkundung<br />
des französischen Festlands setzt die französische<br />
Regierung auch auf die marine Rohstoffforschung.<br />
Frankreich besitzt Überseeterritorien, in deren Exklusiven<br />
Wirtschaftszonen zum Teil beträchtliche Rohstoffvorkommen<br />
vermutet werden. Besondere Aufmerksamkeit<br />
gilt den Manganknollen rund um das<br />
zwischen Hawaii und Mexiko im Pazifik gelegene<br />
Clarion-Clipperton-Atoll. Die französischen Experten<br />
vermuten hier auf dem Meeresgrund unter anderem<br />
<br />
Kupfer. Auch wenn deren Abbau derzeit wirtschaftlich<br />
noch nicht rentabel ist, untersuchte IFREMER gemeinsam<br />
mit der deutschen Bundesanstalt für Geowissenschaften<br />
und Rohstoffe (BGR) im Frühjahr 2012 schon<br />
einmal die Folgen, die ein möglicher Abbau der Manganknollen<br />
für das Ökosystem haben könnte.<br />
23 Die Ergebnisse sind verfügbar unter (eingesehen am 5.10.2012).<br />
24 Vgl. Europäische Kommission, Commission Staff Working<br />
Document Accompanying the Raw Materials Initiative –<br />
Meeting Our Critical Needs for Growth and Jobs in Europe, Brüssel,<br />
17. Bei den neun Metallen handelt es sich um<br />
Antimon, Gallium, Germanium, Indium, Kobalt, Magnesium,<br />
Platinmetalle, Seltene Erden und Wolfram.<br />
25 Vgl. University of Leoben (Hg.), Minerals Planning Policies and<br />
Supply Practices in Europe [wie Fn. 1], S. 106.<br />
SWP Berlin / BGR Hannover<br />
Analyse und Vergleich der<br />
Rohstoffstrategien der G20-Staaten<br />
Februar 2013<br />
82