Nationale Alleingänge oder internationale Kooperation? - Stiftung ...
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Brasilien<br />
Impuls für den Sektor. Die ANM würde das DNPM<br />
ersetzen und über Funktions-, Haushalts- und Verwaltungsautonomie<br />
verfügen.<br />
Die Regierung setzt sich nicht zuletzt für die Steigerung<br />
der Wertschöpfung im Bergbausektor ein. In<br />
Brasilien sollen in Zukunft mehr Rohstoffe weiterverarbeitet<br />
werden. Wesentliche Herausforderungen<br />
für die weitere Entwicklung des Sektors unter dieser<br />
Prämisse sind eine gegenwärtig unzureichende Infrastruktur,<br />
die Energiekosten, der Fachkräftemangel<br />
sowie der Zugang zu Finanzierung. Ungeachtet dieser<br />
Ausgangslage will die Regierung Rohstoffpartnerschaften<br />
vermeiden, die Brasilien auf die Rolle eines<br />
Rohstofflieferanten reduzieren und keine nationale<br />
Wertschöpfung ermöglichen würden. Sie ist vielmehr<br />
an einem Technologietransfer aus dem Ausland interessiert<br />
und bemüht sich um die Bildung von Joint<br />
Ventures mit brasilianischer Beteiligung. Attraktivere<br />
Projekte sind für das Land demgemäß jene, die<br />
die Verwertung bislang ungenutzter Technologien in<br />
Brasilien, die anschließende inländische Verarbeitung<br />
der Mineralien und schließlich deren Export in das<br />
technologietransferierende Land vorsehen. Zum anderen<br />
strebt die Regierung danach, die sogenannte doppelte<br />
Exportabhängigkeit einerseits von Eisenerzen als<br />
Exportgut und anderseits von China als Absatzmarkt<br />
abzubauen: Die Diversifizierung der Produktion und<br />
des Exports mineralischer Rohstoffe und der Abnehmerstruktur<br />
ist ein zentrales handelspolitisches Anliegen.<br />
Der für die brasilianische Wirtschaft bedeutende<br />
Agrarsektor ist in hohem Maße abhängig vom Import<br />
der Düngemittelrohstoffe Phosphat und Kalisalz. Ziel<br />
der Regierung ist es, heimische Phosphat- und Kalisalzprojekte<br />
zu fördern sowie eine Düngemittelindustrie<br />
aufzubauen, um die Importabhängigkeit zu verringern.<br />
Obwohl Brasilien über eine Phosphatproduktion<br />
verfügt, muss es noch wesentliche Teile der Nachfrage<br />
durch Importe decken. Das Land ist weltweit der<br />
zweitgrößte Importeur von Kalisalzen.<br />
Auch über den informellen Bergbau wird in Brasilien<br />
diskutiert. Schätzungen zufolge sind rund<br />
500 000 Menschen direkt im sogenannten artisanalen<br />
Bergbau beschäftigt. Mit »garimpeiro« bezeichnet<br />
man auf Portugiesisch Personen, die im Kleinbergbau<br />
42 Vgl. »Alemães propõem parceria com o Brasil na área de<br />
matérias-primas«, in: Valor Económico, 7.3.2012, <br />
(eingeseh<br />
43 Vgl. The World Bank, Communities and Small-Scale Mining<br />
(CASM), .<br />
tätig sind. Je nach Bewertung dieses Phänomens wird<br />
von artisanalem <strong>oder</strong> illegalem Bergbau (»minería<br />
artesanal« <strong>oder</strong> »ilegal«) gesprochen. Mit dem informellen<br />
Abbau von Gold, aber auch Diamanten und<br />
Schmucksteinen sind gravierende soziale, gesundheitliche<br />
und ökologische Probleme verbunden, unter<br />
denen die »garimpeiros« selbst sowie ihre Umgebung<br />
(meist indigene Völker) zu leiden haben. Insbesondere<br />
der Einsatz von Quecksilber zur Bindung des Goldes<br />
verseucht die Gewässer, die den Anrainern als Lebensgrundlage<br />
dienen. Die »garimpeiros« leben in Siedlungen,<br />
in denen meist prekäre sanitäre Bedingungen<br />
herrschen. Gleichzeitig ist der Kleinbergbau eine wichtige<br />
Einkommensquelle für die Bevölkerung in ländlichen<br />
Gebieten. Mit der Förderung von Kooperativen<br />
(»Cooperativa de Mineração dos Garimpeiros«) wurde<br />
versucht, den schlimmsten Begleiterscheinungen<br />
dieser Arbeit entgegenzuwirken.<br />
Internationale Ebene<br />
Die Bergbaupolitik der Regierung ist stark national<br />
ausgerichtet. Der Sektor ist kaum in <strong>internationale</strong><br />
Koordinierungsmechanismen eingebunden. Die Institutionen,<br />
die es in diesem Bereich im lateinamerikanischen<br />
Kontext gibt, dienen mehr der Kommunikation<br />
und dem Informationsaustausch über Bergbauthemen<br />
als der Suche nach gemeinsamen Lösungen<br />
im Politikfeld. Brasilien gehört mit weiteren 16 Mitgliedern<br />
nischen<br />
Bergbauorganisation (Organismo Latinoamericano<br />
de Minería, OLAMI), die aus nationalen<br />
Koordinierungseinheiten besteht, in denen wiederum<br />
verschiedene Akteure des Sektors (Arbeitnehmer,<br />
Industrie, Behörden, Universitäten etc.) vertreten sind.<br />
Unter dem Dach des Mercosur (Mercado Común del<br />
Sur) gibt es eine Unterarbeitsgruppe Bergbau und Geologie<br />
(Subgrupo de Trabajo Nr. 15) des Mercosur-Rats<br />
(Consejo Mercado Común), die sich mit Fragen des<br />
Rohstoffabbaus befasst.<br />
Brasilien ist an einigen <strong>internationale</strong>n Initiativen<br />
beteiligt, allerdings nicht an der Extractive Industries<br />
Transparency Initiative (EITI). Es hat sich dem<br />
Kontrollsystem des Kimberley Process Certification<br />
44 Mitgliedsländer der OLAMI sind Argentinien, Bolivien,<br />
Brasilien, Chile, Costa Rica, Dominikanische Republik, Ecuador,<br />
El Salvador, Guatemala, Honduras, Kolumbien, Kuba,<br />
Mexiko, Paraguay, Peru, Uruguay und Venezuela.<br />
45 Vgl. die Website von OLAMI, (ein-<br />
<br />
SWP Berlin / BGR Hannover<br />
Analyse und Vergleich der<br />
Rohstoffstrategien der G20-Staaten<br />
Februar 2013<br />
48