Nationale Alleingänge oder internationale Kooperation? - Stiftung ...
Nationale Alleingänge oder internationale Kooperation? - Stiftung ...
Nationale Alleingänge oder internationale Kooperation? - Stiftung ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Die Rohstoffpolitik<br />
Konzeptionen und Strategien<br />
Ob die reichen Vorkommen an Mineral- und Energierohstoffen<br />
als Segen <strong>oder</strong> eher als Fluch zu bewerten<br />
sind, wird in Russland kontrovers diskutiert. In akademischen<br />
Kreisen, unter den Großstädtern in Moskau<br />
und St. Petersburg sowie im Ausland wird die<br />
Rohstoffabhängigkeit der russischen Wirtschaft und<br />
damit des ganzen Landes kritisch gesehen. Untersuchungen<br />
zum sogenannten Rohstofffluch belegen,<br />
dass Gesellschaften mit einem klaren Wirtschaftsschwerpunkt<br />
auf der Rohstoffgewinnung zu größeren<br />
Einkommensungleichgewichten neigen als Ökonomien<br />
mit einem stärkeren Industrie- und Dienstleistungssektor.<br />
In Russland ist der Gini-Koeffizient,<br />
das Maß der Einkommensunterschiede in der Gesellschaft,<br />
deutlich größer als in der EU <strong>oder</strong> den USA.<br />
Daher bezweifeln Forscher die Nachhaltigkeit rohstoffbasierten<br />
Wachstums und warnen vor einem<br />
endgültigen Abgleiten sowohl des russischen Staatshaushalts<br />
als auch des <strong>Nationale</strong>inkommens in die<br />
Ressourcenabhängigkeit. 16<br />
Dagegen halten die maßgebenden russischen Politiker<br />
die breite Ressourcenbasis des Landes für einen<br />
Vorteil. Die russische M<strong>oder</strong>nisierung beruht auf der<br />
Idee, die natürlichen, nicht-erneuerbaren Ressourcen<br />
effizient einzusetzen, um den wirtschaftlichen Anschluss<br />
an den Westen zu beschleunigen. Die Regierungsdokumente,<br />
einschließlich der neuesten Konzeption<br />
für die langfristige Wirtschaftsentwicklung<br />
bis 2020, sehen gleichwohl langfristig vor, dass ein<br />
Innovationsmodell für Wachstum und Entwicklung<br />
das rohstoffbasierte Modell ablösen soll.<br />
Förderung und Regulierung des Bergbaus erfolgen<br />
auf der Grundlage von Gesetzen, Verordnungen und<br />
staatlichen Programmen. Das Berggesetz der RF von<br />
Februar 1992, das bis 2012 zahlreiche Änderungen<br />
erfahren hat, regelt unter anderem die Vergabe von<br />
Lizenzen für geologische Erkundungen, Erschließung<br />
von Lagerstätten und die Rohstoffverwertung aus<br />
Halden. Weitere Rechtsgrundlagen schaffen unter<br />
anderem das Gesetz über die Edelmetalle und -steine und<br />
das Umweltschutzgesetz. Die ausführende Institution ist<br />
das Geologische Komitee (Geolkom) mitsamt seiner<br />
regionalen Abteilungen, die mit der Lizenzierung von<br />
Bergbauaktivitäten beauftragt sind. Haben Bergbau-<br />
unternehmen eine Lizenz erhalten, entrichten sie<br />
Gebühren für die Nutzungsrechte. Darüber hinaus<br />
führen sie Steuern, Abgaben auf Rohstoffe (sogenannte<br />
Akzisen) und andere Abgaben ab. Je nachdem, wie<br />
erschöpft die Vorkommen bereits sind, können auch<br />
Rabatte auf die Zahlungen gewährt werden, die in der<br />
Lizenz festgelegt sind.<br />
Russlands Rohstoffstrategie ist in mehreren Dokumenten<br />
festgehalten. Relevant sind insbesondere die<br />
Regierungsverordnung Nr. 494 über die Nutzung des Erdinnern<br />
vom 21. April 2003, das langfristige staatliche<br />
Programm des Minprirody zur Erkundung und Erweiterung<br />
der Rohstoffbasis der RF und die Verordnung<br />
Nr. 1039, Strategie zur Entwicklung des geologischen Sektors<br />
bis 2030 vom 21. Juni 2010. 17 Das zuletzt genannte<br />
Dokument, das die langfristige Entwicklung des Bergbausektors<br />
bis 2030 beschreibt, wurde vom damaligen<br />
Premierminister Putin unterzeichnet. Darin wird hervorgehoben,<br />
dass der Bergbausektor ein fundamentaler<br />
Bestandteil der russischen Wirtschaft ist und zur<br />
Verwirklichung der geopolitischen Interessen des Landes<br />
beiträgt, die sich auch auf die Weltmeere und die<br />
Arktis erstrecken.<br />
Die zentrale Rolle des Staates kommt darin zum<br />
Ausdruck, dass die meisten Explorationsfirmen Staatsunternehmen<br />
<strong>oder</strong> Aktiengesellschaften sind, die<br />
von der Rosnedra-Behörde kontrolliert werden. Hauptaktionär<br />
dieser Aktiengesellschaften ist die RF. Dennoch<br />
überlässt der Staat wichtige Aktivitäten im Rohstoffbereich<br />
dem Privatsektor: Auf staatliche Unternehmen<br />
entfallen 20 Prozent der Ausgaben für die<br />
Exploration von Lagerstätten nicht-energetischer Rohstlich<br />
der Größenstruktur ist eine Stärkung der Rolle<br />
von russischen klein- und mittelständischen Unternehmen<br />
vorgesehen.<br />
Maßnahmen und Instrumente<br />
Förderung von Explorationen und Investitionen<br />
Gegenwärtig plant Moskau, die Produktion wichtiger<br />
Metalle bis 2030 zu forcieren. So soll die Goldproduktion<br />
im Vergleich zu 2012 um 19 Prozent und die<br />
Nickelproduktion um 13 Prozent gesteigert werden.<br />
16 Für eine komprimierte Diskussion vgl. zum Beispiel S. N.<br />
Bobylev, M<strong>oder</strong>nisierung und das Rohstoffmodell der Wirtschaft,<br />
10.11.2010, <br />
am 12.10.2012).<br />
17 Dokument zu finden unter (eingesehen am 12.10.2012).<br />
SWP Berlin / BGR Hannover<br />
Analyse und Vergleich der<br />
Rohstoffstrategien der G20-Staaten<br />
Februar 2013<br />
131