Nationale Alleingänge oder internationale Kooperation? - Stiftung ...
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Frankreich<br />
Internationale <strong>Kooperation</strong><br />
Die vierte, vom Außenministerium geleitete Arbeitsgruppe<br />
beschäftigt sich mit der <strong>internationale</strong>n<br />
Zusammenarbeit. Im Vordergrund steht hier zunächst<br />
der Aufbau bilateraler Partnerschaften mit alternativen<br />
Produzentenländern. Eine Diversifizierung der<br />
Importe wird in Frankreich vor allem bei den Seltenerdmetallen<br />
für nötig gehalten. Auf der Suche nach<br />
Alternativen zu den chinesischen Produzenten stehen<br />
Australien und Kasachstan bislang im Mittelpunkt der<br />
staatlichen und unternehmerischen Aktivitäten. Im<br />
September 2011 unterzeichneten der kasachische<br />
und der französische Präsident ein Abkommen über<br />
eine strategische Partnerschaft zwischen dem BRGM<br />
und dem kasachischen Staatsunternehmen Kazatomprom.<br />
Unterdessen schloss Rhodia mit mehreren<br />
französischen und ausländischen Unternehmen <strong>Kooperation</strong>s-<br />
und Lieferverträge für Seltene Erden, darunter<br />
Areva, der australische Minenkonzern Lynas<br />
und die deutsche Tantalus-Gruppe. 35<br />
Unter den Ländern, die metallische Rohstoffe importieren,<br />
ist Deutschland für Frankreich ein zentraler<br />
Partner. Bei einer Sitzung des Deutsch-Französischen<br />
Ministerrats im Februar 2012 beschlossen beide<br />
Länder eine enge <strong>Kooperation</strong> im Bereich nicht-energetischer<br />
mineralischer Rohstoffe. Diese soll sich<br />
unter anderem auf die marine Rohstoffforschung<br />
und die Entwicklung neuer Explorationstechnologien<br />
erstrecken. 36 Generell gibt es zwischen deutschen<br />
und französischen Entscheidungsträgern einen regen<br />
Austausch zu Rohstofffragen, bilateral, aber beispielsweise<br />
auch im Rahmen der Internationalen Studiengruppen<br />
für Blei und Zink, Kupfer sowie Nickel, in<br />
denen beide Länder wie eine Reihe weiterer EU-Staaten<br />
Mitglied sind. 37<br />
Eine immer größere Rolle spielen Rohstoffe in der<br />
Entwicklungszusammenarbeit. Beispielsweise hat das<br />
BRGM im Auftrag des Außenministeriums eine Studie<br />
zu neun häufigen Rohstoffen durchgeführt, die rohstoffreichen<br />
Entwicklungsländern als eine Art Handbuch<br />
dienen und ihre Verhandlungskapazitäten<br />
gegenüber den oft übermächtigen multinationalen<br />
Rohstoffkonzernen stärken soll. Weitere <strong>Kooperation</strong>sprojekte<br />
der französischen Regierung laufen unter<br />
anderem mit Guinea (Beratung und Training), Mauretanien<br />
(finanzielle Unterstützung des staatlichen<br />
Minenkonzerns beim Ausbau einer Goldmine sowie<br />
eines Ausbildungszentrums) und Afghanistan (technische<br />
Unterstützung). Im COMES ist man sich einig,<br />
dass die Zusammenarbeit in Rohstofffragen nicht nur<br />
den Entwicklungsländern nützt, sondern auch Frankreichs<br />
Versorgungssicherheit verbessern kann.<br />
Multilateralen <strong>Kooperation</strong>sinitiativen im Rohstoffbereich<br />
steht Frankreich offen gegenüber. Es unterstützt<br />
beispielsweise den Kimberley-Prozess und die<br />
Extractive Industries Transparency Initiative (EITI).<br />
In der EU gehört Frankreich zu den größten Fürsprechern<br />
zweier Richtlinienvorschläge der Kommission,<br />
die weitreichende Berichtspflichten für multinationale<br />
Rohstoffkonzerne vorsehen. Es hatte wohl<br />
auch unter Präsident Sarkozy Überlegungen in der<br />
Administration gegeben, das Thema metallische Rohstoffe<br />
auf die Agenda des französischen G20-Vorsitzes<br />
2011 zu setzen. Die Idee wurde jedoch zugunsten<br />
der Agrarrohstoffe verworfen, um einen Konflikt mit<br />
China in diesem Gremium zu vermeiden. 39<br />
34 Kazatomprom will 2012 erstmals 1500 Tonnen Seltener<br />
Erden fördern. Die französisch-kasachische Zusammenarbeit<br />
hat bereits Tradition: Areva und Kazatomprom sind ebenso<br />
Partner wie der französische Ölriese Total und der kasachische<br />
Konzern Kazmunaigas.<br />
35 Areva und Rhodia wollen bei der Ausbeutung von Lagerstätten<br />
zusammenarbeiten, die sowohl Uran als auch Seltene<br />
Erden enthalten. Lynas Corporation verfügt in Westaustralien<br />
über die derzeit reichhaltigste bekannte Lagerstätte (leichter)<br />
Seltener Erden der Welt. Für die Aufbereitung und Trennung<br />
hat Lynas in Malaysia ein Werk gebaut. Der Beginn der Produktion<br />
steht unmittelbar bevor. Siehe hierzu auch den Beitrag<br />
»Australien« in dieser Sammelstudie, S. 33ff.<br />
36 Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung<br />
(BMBF)/Ministère de l’Enseignement Supérieur et de la<br />
Recherche (Hg.), Maßnahmenplan für den Deutsch-Französischen<br />
Ministerrat am 6. Februar 2012, (eingesehen am 2.10.2012).<br />
Ausblick und Bewertung<br />
In Frankreich ist das Thema der sicheren Versorgung<br />
mit nicht-energetischen mineralischen Rohstoffen spätestens<br />
seit 2010 auf der höchsten politischen Ebene<br />
angekommen. Problemwahrnehmung und erwogene<br />
Lösungsstrategien der maßgeblichen staatlichen und<br />
privatwirtschaftlichen Akteure unterscheiden sich<br />
nicht wesentlich von denen anderer westlicher Indus-<br />
37 Hintergrundgespräch des Verfassers mit einem Vertreter<br />
des Industrieministeriums am 26.6.2012 in Paris.<br />
38 Vgl. Stormy-Annika Mildner/Florian Wassenberg, Rohstoffreichtum<br />
darf nicht länger arm machen, Berlin: <strong>Stiftung</strong> Wissenschaft<br />
und Politik, Juli 2012 (SWP-<br />
39 Hintergrundgespräch des Verfassers mit einem Vertreter<br />
des Industrieministeriums am 26.6.2012 in Paris.<br />
SWP Berlin / BGR Hannover<br />
Analyse und Vergleich der<br />
Rohstoffstrategien der G20-Staaten<br />
Februar 2013<br />
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