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in Abs. 2 Nr. 1 S. 2 Wirtschaftsgüter ausdrücklich dem Treugeber zurechnet, darüber<br />
hinaus eine Regel zur Zurechnung von Umsätzen beim Treugeber. 543<br />
In der Tat erscheint es verlockend, einer eher formalen, zivilrechtlichen<br />
Betrachtungsweise, eine teleologisch orientierte, wirtschaftlich geprägte, genuin<br />
umsatzsteuerliche Sicht gegenüberzustellen. Die Notwendigkeit einer wirtschaftlichen<br />
Betrachtungsweise ist im Steuerrecht allgemein unbestritten und soll auch<br />
hier nicht grundsätzlich angegriffen werden. Als ein Anwendungsfall der wirtschaftlichen<br />
Betrachtungsweise regelt § 39 AO die Zurechnung von Wirtschaftsgütern.<br />
Vor allem in der älteren Literatur 544 wird dieser Vorschrift das Prinzip<br />
entnommen, dass Umsätze, die ein Treuhänder mit Hilfe des Treugutes ausführt,<br />
als Umsätze des Treugebers qualifiziert werden müssen. Der BFH 545 und die neuere<br />
herrschende Literaturmeinung 546 gestehen § 39 AO indessen für die Umsatzsteuer<br />
keine Relevanz mehr zu. Die Frage der Zurechnung von Wirtschaftsgütern<br />
habe im Umsatzsteuerrecht, insbesondere für die Begriffsbestimmung der Lieferung,<br />
keine Bedeutung. 547 Andererseits stellt der BFH 548 in seiner Rechtsprechung<br />
zu den Bauten auf fremdem Grund und Boden oder zum Leasing maßgeblich auf<br />
das „wirtschaftliche Eigentum” ab. Der Anwendung oder Nichtanwendung des §<br />
39 AO im Umsatzsteuerrecht scheint noch kein einheitliches Konzept zugrunde<br />
zu liegen. Es soll deshalb im folgenden versucht werden, aus dogmatischen Überlegungen<br />
zu grundsätzlichen Hypothesen über die Anwendbarkeit des § 39 AO zu<br />
gelangen. Bezug nehmend auf Schön 549 , ist dabei eine differenzierte Betrachtung<br />
anzustellen. Es sind folgende Fälle zu unterscheiden:<br />
a. es wird eine Leistung mit einem Wirtschaftsgut erbracht, dessen wirtschaftlicher<br />
Eigentümer vom zivilrechtlichen Eigentümer abweicht;<br />
b. ein Wirtschaftsgut, dessen wirtschaftliche Zuständigkeit von der zivilrechtlichen<br />
abweicht, ist Gegenstand einer Leistung;<br />
543 So Ahlbäumer, Treuhandverhältnisse im Steuerrecht, S. 107; Giesberts in: Rau/Dürrwächter,<br />
UStG, § 3 Anm. 275, der Treuhänder habe lediglich eine wirtschaftlich nicht relevante, formale<br />
Rechtsposition, deren Übertragung keine Leistung im wirtschaftlichen Sinne und deshalb<br />
keine Lieferung sein kann. Giesberts setzt damit aber konkludent die Notwendigkeit einer Vorlieferung<br />
oder -leistung voraus, um selber liefern oder leisten zu können. Das dies nicht der<br />
Fall ist, zeigt schon das Beispiel der Veräußerung von Diebesgut. Der Dieb kann liefern, obwohl<br />
er nicht beliefert wurde.<br />
544 So von Wallis, UR 1957, 45 (46); Rosenau, DB 1966, Beilage 18, S. 10; Wachweger, DStR<br />
1973, 233 (234); Beker, DStR 1972, 615 ff.<br />
545 BFH v. 7.5.1987, UR 1988, 124 (125); BFH v. 24.4.1969, BFHE 95, 410 = BStBl. II 1969, 451<br />
(452).<br />
546 Fischer in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 39 AO Anm. 28; Probst in: Hartmann/Metzenmacher,<br />
UStG, § 1 Abs. 1 Nr. 1 Anm. 61; Heuermann in Hartmann/Metzenmacher,<br />
UStG, § 3 Abs. 1 Anm. 377.<br />
547 So BFH v. 24.4.1969, BFHE 1995, 410 = BStBl. II 1969, 451 (452).<br />
548 Zum Bauen auf fremden Grund und Boden vgl. BFH v. 26.1.1978, BFHE 124, 259 = BStBl. II<br />
1978, 280; BMF vom 23.7.1986, BStBl. I 1986, 432 ; zum Leasing vgl. BFH v. 1.10.1970,<br />
BFHE 100, 272 = BStBl. II 1971, 34.<br />
549 Umsatzsteuerkongress-Bericht 1991/92, 117 (132).