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Gesetzbuch regelt sie nicht; § 164 Abs. 2 BGB enthält als Ausdruck des Offenheitsgrundsatzes<br />
nur eine Abgrenzung zur unmittelbaren Stellvertretung. Lediglich<br />
das Handelsrecht kennt die mittelbare Stellvertretung in Form des Kommissions-<br />
und Speditionsgeschäftes. Die Ignoranz, die der mittelbaren Stellvertretung<br />
im Zivilrecht entgegengebracht wird, wird recht problemlos damit begründet, dass<br />
zwei rechtlich getrennte Geschäfte in der Form des Innenverhältnisses zwischen<br />
Geschäftsherrn und mittelbarem Vertreter einerseits und des Außenverhältnisses<br />
zwischen Vertreter und dessen Kontrahenten andererseits vorliegen. 629 Das Handeln<br />
für fremde Rechnung wird zumindest zivilrechtlich als ein rein wirtschaftlicher<br />
Begriff verstanden, der keine rechtlichen Folgen nach sich zieht. 630 Dies beantwortet<br />
aber noch nicht die Frage, ob es im Umsatzsteuerrecht von Bedeutung<br />
ist, für wessen Interesse eine Leistung erbracht wird. Der geschilderten zivilrechtlichen<br />
Irrelevanz, für wessen Rechnung ein Handeln erfolgt, wird in Rechtsprechung<br />
und Schrifttum vielfach eine genuin umsatzsteuerrechtliche, wirtschaftliche<br />
Betrachtungsweise gegenüber gestellt. Die Bedeutung des Merkmals „für fremde<br />
Rechnung” lässt sich also mit der grundsätzlichen Frage der Zulässigkeit einer<br />
wirtschaftlichen Betrachtung der Leistungsbeziehungen kurzschließen.<br />
Noch weniger als die mittelbare Stellvertretung, welche mit der handelsrechtlichen<br />
Kommission und Spedition sogar gesetzliche Ausformungen erfahren<br />
hat, wird die Möglichkeit des Handelns „im fremden Namen aber für eigene<br />
Rechnung” von der Zivilrechtsordnung gewürdigt. Während die mittelbare Stellvertretung<br />
zumindest diskutiert wird, ist dem Zivilrecht der Begriff der „unechten<br />
Agentur” oder, spiegelbildlich gesprochen, das „mittelbare Eigengeschäft” weitestgehend<br />
unbekannt. Es gibt eben nur das Eigengeschäft oder die (mittelbare)<br />
Vertretung. Angesprochen ist in Fallgestaltungen der unechten Agentur im Zivilrecht<br />
der Bereich der Scheingeschäfte nach § 117 BGB. Immerhin hatte der Bundesgerichtshof<br />
mit Urteil 631 vom 29.1.1975 den bloß als Vertreter auftretenden<br />
Gebrauchtwagenhändler als „Quasi-Verkäufer” bezeichnet und ihn dem Gebrauchtwagenkäufer<br />
gegenüber für falsche Beschaffenheitsangaben aus Verschulden<br />
beim Vertragsschluss haften lassen. Walz 632 fordert für derartige Fälle ausdrücklich<br />
die zivilrechtliche Unbeachtlichkeit der lediglich aus steuerlichen<br />
Gründen gewählten Einkleidung. Für den Fall der Agentur im Kraftfahrzeuggebrauchtwagenhandel<br />
hat der BGH 633 aber deutlich gemacht, dass im Verhältnis<br />
zum Erwerber die primären Leistungspflichten allein den Auftraggeber treffen,<br />
und für den Vermittler allenfalls eingeschränkte sekundäre Sorgfaltspflichten gegenüber<br />
dem Erwerber bestehen, wenn der Vermittler ein eigenes Interesse am<br />
Zustandekommen des Vertrages hat. Der BGH akzeptiert damit im Grunde die<br />
gewählte Gestaltung. Die zitierten Urteile zeigen aber deutlich, dass nicht nur das<br />
Steuerrecht, sondern auch das Zivilrecht der „unechten Agentur” mit Skepsis be-<br />
629 Ausführlich zur mittelbaren Stellvertretung im Zivilrecht Schwark, JuS 1980, 777 ff.<br />
630 Hierzu Schlegelberger, HGB, § 383 Anm. 21; differenzierend Schwark, JuS 1980, 777 ff.<br />
631 BGHZ 63, 382 = NJW 1975, 642<br />
632 BB 1984, 1693 (1696).<br />
633 Insbesondere BGH v. 18.6.1980, NJW 1980, 2184; desweiteren BGH v. 30.4.1975, NJW 1976,<br />
53; v. 5.4.1978, NJW 1978, 1482; v. 28.5.1980, NJW 1980, 2190.