Dokument_1.pdf (1165 KB) - OPUS4
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einem Unternehmer, dem die Überwälzung der Steuer nicht gelingt, müsse die<br />
geschuldete Umsatzsteuer aus Billigkeitsgründen erlassen werden. Stadie 43 folgert<br />
aus dem Verbrauchsteuercharakter eine völlige Unbeachtlichkeit der zivilrechtlichen<br />
Würdigung des Sachverhalts für die steuerrechtliche Beurteilung, um eine<br />
am Gleichheitssatz orientierte Besteuerung zu gewährleisten. Weiter fordert er<br />
eine verbrauchsteuerkonforme Auslegung der Eigenverbrauchstatbestände. 44 D.h.,<br />
nur solche Aufwendungen sollen der Umsatzsteuer unterworfen werden, die zuvor<br />
durch den Vorsteuerabzug entlastet worden sind. 45 Philipowski diskutiert die<br />
Grundsatzfrage ohne konkrete Schlussfolgerungen zu ziehen.<br />
Grundsätzlich wird mit der Qualifikation der Umsatzsteuer als<br />
Verbrauchsteuer oft die Forderung nach Steuergerechtigkeit erhoben und der<br />
Verbrauchsteuergedanke als Vehikel zu „gerechten” Besteuerungsergebnissen<br />
benutzt. Insofern soll auf die Auffassung Tipkes eingegangen werden, der die<br />
Umsatzsteuer als Verbrauchsteuer versteht, da er die Klassifizierung der Umsatzsteuer<br />
maßgeblich mit der Frage der Steuergerechtigkeit verbindet. Dieser Ansatz<br />
findet sich nicht nur in einem der bedeutendsten Lehrbücher des Steuerrechts 46<br />
wieder, sondern fand auch Eingang in mehrere wissenschaftliche Arbeiten 47 , die<br />
sich zumindest mittelbar mit der Frage des Steuertypus der Umsatzsteuer beschäftigen.<br />
Man kann wohl davon ausgehen, dass Tipke mit seiner Auffassung die<br />
herrschende Meinung geprägt hat.<br />
C. Tipke: Die Rechtfertigung der Umsatzsteuer - ein Ansatz für deren<br />
rechtliche Klassifikation ?<br />
Nach Tipke 48 ist eine Steuer nicht schon dann gerechtfertigt, wenn sie geeignet<br />
ist, zur Deckung des notwendigen Finanzbedarfs beizutragen, sondern nur,<br />
wenn sie auf sachgerechten Prinzipien beruht, etwa dem Leistungsfähigkeitsprinzip.<br />
„Wer behauptet, eine Steuer sei schon gerechtfertigt, wenn sie geeignet und<br />
erforderlich sei, notwendigen Finanzbedarf zu decken, versteht unter rechtfertigen<br />
wahrscheinlich etwas anderes als gerecht begründen.” 49 „Auch Steuergerechtig-<br />
43 Rau/Dürrwächter, UStG, Einf., Anm. 92.<br />
44 Zwar wurden die gesetzlichen Eigenverbrauchstatbestände des § 1 Abs. 1 Nr. 2 UStG mit dem<br />
Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24.03.1999 aufgehoben und an deren Stelle in<br />
Anlehnung an Art. 5 Abs. 6 und Art. 6 Abs. 2 der 6. RL.-EG die Fiktionstatbestände des § 3<br />
Abs. 1b UStG und § 3 Abs. 9a UStG in das UStG neu aufgenommen. Zur Vereinfachung der<br />
Terminologie wird in dieser Arbeit weiterhin der Begriff des Eigenverbrauches verwendet.<br />
Gleichwohl wäre es richtiger, im folgenden von “unentgeltlichen Wertabgaben” zu sprechen,<br />
denn es werden nunmehr auch unentgeltliche Wertabgaben aus unternehmerischen Gründen,<br />
ausgenommen Geschenke von geringem Wert und Warenmuster, der Umsatzsteuer unterworfen.<br />
45 Stadie in: Rau/Dürrwächter, Einf., Anm. 111 ff.<br />
46 Siehe Reiß in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 14 Rz. 1.<br />
47 So etwa die Arbeiten von Tehler, Die Umsatzsteuer als angewandte Verkehr- und/oder<br />
Verbrauchsteuer; Walden, Die Umsatzsteuer als indirekte Verbrauchsteuer und Brock, Die<br />
Umsatzsteuerbarkeit betrieblicher Sozialzuwendungen.<br />
48 Steuerrechtsordnung, Bd. II, S. 887.<br />
49 Tipke, Steuerrechtsordnung, Bd. II, S. 887; ders. StuW 1992, 103 (103).