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Außenverhältnis spielt bei der Beurteilung, ob jemand selbständig oder unselbständig<br />
ist, allenfalls als Beweisanzeichen eine Rolle, sofern eine Entscheidung<br />
anhand des Innenverhältnisses nicht eindeutig getroffen werden kann.” 337 Dem<br />
entgegen meint Brezing 338 , „unselbständig heißt ... nicht, dass die handelnde Person<br />
fremdbestimmt zu handeln braucht, sondern dass sie für einen anderen handelt<br />
und nicht für sich selbst.” Er verbindet mit der Frage der Selbständigkeit gleichzeitig<br />
die Frage der Zurechnung der Leistung. Der BFH rechnet die Umsätze eines<br />
Unselbständigen, unabhängig von dessen Auftreten nach außen hin unter Bezug<br />
auf Organschaftsverhältnisse, dem Geschäftsherren zu. 339 Auf diese Problematik<br />
wird ausführlich unter § 4.A.3. eingegangen. Zunächst soll auf die Frage, ob das<br />
Außen- oder Innenverhältnis die geeignete Perspektive für die Beurteilung der<br />
(Un)Selbständigkeit darstellt, eingegangen werden. Sukzessive entwickeln sich<br />
damit die Probleme, die den Kern dieser Untersuchung ausmachen. Die Frage<br />
nach der (Un)Selbständigkeit kann sich nämlich nur dann stellen, wenn ein Mehrpersonenverhältnis<br />
in dem Sinne vorliegt, dass ein Selbständiger, ein Unselbständiger<br />
und ein Dritter, der Leistungsempfänger, vorhanden sind.<br />
Das Außenverhältnis bezeichnet das Verhältnis zwischen dem vermeintlich<br />
Unselbständigen und dem Dritten. Der Unselbständige, er soll vorläufig mal<br />
als unselbständig bezeichnet werden, kann nach außen hin entweder selbst rechtsgeschäftliche<br />
Bindungen eingehen, indem er in eigenem Namen Willenserklärungen<br />
abgibt, oder er tritt unter fremdem Namen auf (§ 164 ff. BGB) und verpflichtet<br />
auf diese Weise, unter der Voraussetzung der Vertretungsmacht, einen anderen<br />
(den Selbständigen). Das Außenverhältnis betrifft die Frage, wer mit wem in<br />
rechtsgeschäftliche Beziehung tritt, bzw. wer wen rechtsgeschäftlich verpflichten<br />
kann (rechtliches Können).<br />
Das Innenverhältnis dagegen regelt das sogenannte „rechtliche Dürfen”.<br />
Das Innenverhältnis kann vielfältig ausgestaltet sein. Denkbar ist hier z.B. ein<br />
Gesellschaftsverhältnis (§ 705 BGB), ein Auftrag (§ 662 BGB), ein Dienstvertrag<br />
(§ 612 BGB) oder die noch ausführlich zu behandelnden Treuhandverhältnisse 340 .<br />
Das Innenverhältnis beschreibt damit aber die Beziehung des Selbständigen zum<br />
Unselbständigen, sofern er einer ist. Das Innenverhältnis, ausgeformt durch Rechte<br />
und Pflichten, kennzeichnet, inwiefern ein Verhältnis der Unterordnung oder<br />
der Weisungsgebundenheit besteht. Besonders deutlich wird dies bei Arbeitsverhältnissen.<br />
Der Arbeitnehmer hat den Anweisungen des Arbeitgebers Folge zu<br />
leisten, soweit dessen Weisungsrecht (Direktionsrecht) reicht. 341<br />
Die Frage nach der Selbständigkeit ist also, der Rechtsprechung folgend,<br />
nach dem Innenverhältnis der Beteiligten zu beantworten. Dies entspricht auch<br />
der Aufbausystematik des Umsatzsteuergesetzes, welches die Steuerbarkeit von<br />
einem subjektiven (=Unternehmer) und einem objektiven Moment (=entgeltliche<br />
337 RFH v. 5.10.1928, RStBl. 29, 69; BFH v. 15.7.1987, BFHE 150, 459 = BStBl. II 1987, 746.<br />
338 Umsatzsteuerkongreß-Bericht 1982/83, S. 25 (34).<br />
339 BFH v. 15.7.1987, BFHE 150, 459 = UR 1988, 15 (18).<br />
340 Siehe § 5.D.2.b.(2).(b).<br />
341 Hierzu Palandt-Putzo, § 611 Anm. 45-47.