Dokument_1.pdf (1165 KB) - OPUS4
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Dieses Ergebnis ist auch alles andere als neu. Schon Popitz 278 stellte fest,<br />
dass der Gläubiger mit der Sicherungsübereignung Verfügungsmacht erhält. E-<br />
benso klar war es für Popitz aber auch, dass aus dem umsatzsteuerlichen Lieferbegriff<br />
solche Verfügungsverschaffungen ausscheiden, denen kein Gegenwert<br />
gegenübersteht. Auch der RFH 279 judizierte bis ins Jahr 1939 in diesem Sinne.<br />
Erst in seiner Entscheidung vom 26.5.1939 legte der RFH 280 in einem obiter dictum<br />
den Grundstein für die heute herrschende Auffassung der Doppellieferung.<br />
Der erkennende Senat stellte lediglich fest, dass in der Verwertung durch den Sicherungsnehmer<br />
eine entgeltliche Lieferung dessen erfolgt und dass in der Sicherungsübereignung<br />
(im Zeitpunkt der Verwertungsreife) eine Lieferung an den<br />
Sicherungsnehmer gegeben ist. Über den Leistungsaustausch im Innenverhältnis<br />
schweigt das Urteil.<br />
Die hier vertretene Lösung geht auch nicht zu Lasten des Fiskus. Zwar<br />
entfällt eine Umsatzstufe vom Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer, doch<br />
führt die in aller Regel anzunehmende Unternehmereigenschaft des Sicherungsnehmers<br />
(i.d.R. eine Bank) dazu, dass dieser die an den Sicherungsgeber bezahlte<br />
Umsatzsteuer als Vorsteuer erstattet bekommt. Beachtet man weiterhin, dass der<br />
Sicherungsgeber im Zeitpunkt der Verwertungsreife regelmäßig nicht mehr solvent<br />
ist, so wird das Beharren der Finanzverwaltung auf der sog. Doppellieferungstheorie<br />
doppelt fragwürdig. Nimmt man, wie hier vertreten, nur eine entgeltliche<br />
Lieferung des Sicherungsnehmers an den Erwerber an, so stünde dem Fiskus<br />
in aller Regel ein solventer Steuerschuldner zur Verfügung. 281 Zwar liegt auch<br />
dem aktuellen Umsatzsteuersystem der Grundgedanke durchgängiger Leistungsketten<br />
zugrunde. Doch darf dieses Ziel nicht dadurch erreicht werden, zusätzliche<br />
Umsatzstufen aus originär umsatzsteuerlichen Überlegungen konstruieren zu wollen,<br />
zumal diese offensichtlich unüberlegt aus dem alten Bruttosystem übernommen<br />
wurden. 282<br />
Zuletzt soll noch aus aktuellem Anlass auf das BFH-Urteil 283 vom<br />
13.11.1997 zur Grundstücksübertragung unter Nießbrauchsvorbehalt eingegangen<br />
werden. Im Urteilssachverhalt übertrug der Kläger ein steuerpflichtig vermietetes<br />
Grundstück auf seine geschiedene Ehefrau unter Vorbehalt eines lebenslangen<br />
Nießbrauchs. Schuldrechtlich vereinbarten sie ein Ende des Nießbrauches nach 20<br />
Jahren. Der BFH entschied, dass eine Lieferung im Sinne des § 3 Abs. 1 UStG<br />
hier noch nicht anzunehmen sei, weil der Abnehmerin noch nicht Substanz, Wert<br />
und Ertrag am Grundstücke zuständen. Auch eine zum Eigenverbrauch führende<br />
Entnahme liege nicht vor, weil der Kläger die Zuordnung seines bebauten Grund-<br />
278 Popitz/Grabower/Kloß, UStG, 3. Aufl. 1928, S. 671 f.<br />
279 RFH v. 7.10.1925, RStBl. 1925, 211; v. 8.6.1926, RStBl. 1926, 236.<br />
280 RFH, RStBl. 1939, 885.<br />
281 Ebenso Onusseit, Umsatzsteuer im Konkurs, S. 192.<br />
282 Die Problematik dieser Lösung liegt allerdings in der unentgeltlichen Übertragung des Sicherungsgutes<br />
auf den Sicherungsnehmer. § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG ordnet unmißverständlich an,<br />
dass jegliche unentgeltlichen Wertabgaben, auch solche für Zwecke des Unternehmens, einen<br />
Eigenverbrauch des Unternehmers auslösen. Auf die Problematik des Eigenverbrauches bei<br />
der Übertragung von Treugut wird in § 9.C.3.c. ausführlich eingegangen.<br />
283 DStRE 1998, 368 = UR 1998, 101 = BFH/NV 1998, 555.