Dokument_1.pdf (1165 KB) - OPUS4
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Dieses Herrschaftsrecht erlaubt es, tatsächlich und rechtlich über die Sache zu<br />
verfügen und andere von einer entsprechenden Verfügung auszuschließen. Das<br />
Sachenrecht unterscheidet unter vollkommenen dinglichen Rechten (Eigentum),<br />
beschränkten dinglichen Rechten (z.B. Nießbrauch oder Pfandrechte) und dem<br />
Besitz, der rein tatsächlichen Herrschaft über eine Sache, unabhängig davon, ob<br />
dem Inhaber dieses Herrschaftsverhältnisses ein Recht dazu zusteht. Das Recht,<br />
über einen Gegenstand zu verfügen, steht zivilrechtlich grundsätzlich dem Eigentümer<br />
zu ( § 903 BGB). Das Recht, auf ein bestehendes Recht einzuwirken, es zu<br />
verändern, zu übertragen oder aufzuheben ist gem. § 137 Satz 1 BGB untrennbar<br />
mit dem Eigentum verbunden und kann nicht durch Rechtsgeschäft ausgeschlossen<br />
oder beschränkt werden. Es lässt sich demnach entgegen der h.M. die Hypothese<br />
aufstellen, dass es zur „Verschaffung der Verfügungsmacht” grundsätzlich<br />
der Eigentumsübertragung bedarf.<br />
Die h.M. geht davon aus, dass im Verschaffen der Verfügungsmacht nicht<br />
die rechtliche, sondern die faktische (tatsächliche) Verfügungsmacht zu sehen ist.<br />
Es komme nicht auf die rechtlichen, sondern auf die tatsächlichen Fähigkeiten des<br />
Abnehmers an, über die Sache zu verfügen. 259 Im allgemeinen wird zur Unterstützung<br />
der Argumentation der Fall des Diebes hervorgehoben 260 , welcher sein Diebesgut<br />
verkauft und damit unstreitig umsatzsteuerliche Verfügungsmacht verschafft,<br />
obwohl er dazu zivilrechtlich gar nicht in der Lage sei (§§ 932, 935 BGB,<br />
kein gutgläubiger Erwerb abhanden gekommener Sachen). Hieraus wird dann der<br />
Schluss gezogen, die Eigentumsbegründung auf Seiten des Empfängers sei nicht<br />
das entscheidende Begriffsmerkmal der Einräumung von Verfügungsmacht. Dieses<br />
Ergebnis ist jedoch unzulässig, methodisch verfehlt und auch durch das maßgebende<br />
Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin 261 nur scheinbar gedeckt. Der Beschwerdeführer<br />
führte zur Begründung seiner Berufung nämlich nur aus, dass er<br />
die Waren für einen anderen, wenn auch im eigenen Namen verkauft hatte, und es<br />
gegen die guten Sitten verstoßen würde, wenn sich die Finanzbehörde durch die<br />
Besteuerung des Erlöses aus der Diebesbeute wirtschaftlich am Diebstahl beteilige.<br />
Die Urteilsbegründung setzt sich indessen auch gar nicht mit der Frage auseinander,<br />
ob im Streitfalle eine Lieferung gem. § 3 Abs. 1 UStG 1951 vorliegt,<br />
sondern geht insbesondere auf die Unternehmereigenschaft des Beklagten ein.<br />
Der Fall wäre m.E. nach heutiger Rechtslage eindeutig nach § 41 Abs. 1 AO zu<br />
lösen. Der Dieb kann als Nichtberechtigter zwar nicht über das Diebesgut verfügen.<br />
Dies ist für die Besteuerung jedoch unerheblich, soweit und solange die Beteiligten<br />
das wirtschaftliche Ergebnis eintreten und bestehen lassen.<br />
Problematisch erscheint aber, wie die Eigentumsübertragung unter Eigentumsvorbehalt,<br />
welche nach ganz einhelliger Meinung eine Lieferung darstellt,<br />
259 Martin in: Sölch/Ringleb/List, UStG, § 3 Anm. 22; Hartmann/Metzenmacher, UStG, E § 3<br />
Anm. 27.<br />
260 So auch Hartmann/Metzenmacher, UStG, E § 3 Anm. 25; Nieskens in: Rau/Dürrwächter,<br />
UStG, § 3 Anm. 632; Martin in: Sölch/Ringleb/List, UStG, § 3 Anm. 22; Fritsch in:<br />
Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 3 Anm. 132; vgl. auch das Urteil des Verwaltungsgerichtes<br />
Berlin v. 2.9.1954, EFG 1955, 89.<br />
261 Urteil des Verwaltungsgerichtes Berlin v. 2.9.1954, EFG 1955, 89.