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115<br />

Schon Bühler 555 wies darauf hin, dass in der Organschaft überhaupt ein<br />

Spezialfall des Treuhandgedankens zu sehen sei, nämlich die Zurechnung der<br />

Umsätze zum Treugeber. Dieser „Treuhandgedanke” war maßgeblich beeinflusst<br />

durch ein Urteil des BFH 556 aus dem Jahre 1954, wonach die Umsätze aus einer<br />

treuhänderischen Betätigung als Filmverleiher dem Treugeber zugerechnet wurden.<br />

Nachdem 1952 das Rechtsinstitut der Organschaft von der Rechtsprechung 557<br />

zwischenzeitlich abgeschafft worden war, wurden Überlegungen angestellt, ob<br />

nicht anstelle der Organschaft ein Treuhandverhältnis wirksam werden könne,<br />

wonach die Umsätze des Treuhänders wieder dem Treugeber zuzurechnen seien.<br />

558 Die Treuhand erschien als sicheres Instrumentarium für die vom Zivilrecht<br />

abweichende Zurechnung von Umsätzen.<br />

Die Rechtslage hat sich heute um 180 Grad gedreht. Die Organschaft ist<br />

gesetzlich fixiert, die Treuhand dagegen umstritten. Es steht zur Debatte, ob der<br />

Gedanke der Organschaft auf Treuhandverhältnisse zu übertragen ist, um die<br />

Rechtssphäre des Treugebers, dem § 39 AO entsprechend, auf Wirtschaftsgüter<br />

des Treuhänders auszudehnen. Beispielhaft ist das Urteil des BFH 559 vom<br />

29.1.1988: Einzige Kommanditistin einer Publikumskommanditgesellschaft war<br />

die S GmbH. Diese GmbH fungierte als Treuhandkommanditistin für 39 Treugeberkommanditisten.<br />

In einem Treuhandvertrag übernahm S die Platzierung der<br />

Kommanditanteile sowie die Vermittlung von Gesellschafterdarlehen. Der BFH<br />

entschied, dass die S GmbH „nicht als zusätzlich Leistende in die Ausgabe der<br />

Kommanditanteile eingeschaltet” war. Sie „handelte ausdrücklich und für alle<br />

Beteiligten als Vermittler. Die hinzutretenden Treugeberkommanditisten erhielten<br />

zwar nicht die formalrechtliche Stellung von Kommanditisten im Sinne des §§<br />

161 ff. HGB; die Kommanditistenrechte konnte nur die S als Treuhänder wahrnehmen.<br />

Im Innenverhältnis war die S jedoch weisungsgebunden. Die Beteiligungen<br />

waren nach dem Treuhandvertrag allein den Treugebern zuzurechnen.” Auch<br />

die Finanzverwaltung nimmt unter Bezug auf § 39 AO einen unmittelbaren Erwerb<br />

durch den Treugeber an. 560 Hintergrund dieser Rechtsprechung ist, dass der<br />

Publikums-KG für Aufwendungen im Zusammenhang mit den steuerfreien Umsätzen<br />

kein Vorsteuerabzug zusteht.<br />

Auch wenn die Konstruktion des Leistungsaustausches mit den Treugeberkommanditisten<br />

über § 39 AO vordergründig plausibel erscheint, so bleiben an<br />

dieser Rechtsprechung, abgesehen vom dubiosen Leistungsaustausch bei Gesellschafterbeiträgen,<br />

doch Zweifel. 561 Betrachtet man die Diskussion um die umsatzsteuerliche<br />

Organschaft - im System der Bruttobesteuerung mit Vorsteuerabzug<br />

555 Bühler, Steuerrecht der Gesellschaften und Konzerne, S. 321.<br />

556 BFH v. 14.1.1954, BFHE 58, 550 = BStBl. III 1954, 120.<br />

557 BFH v. 17.7.1952, BStBl. III 1952, 234.<br />

558 Hierzu von Wallis, UR 1957, 45 (46).<br />

559 BFH v. 29.1.1988, BFHE 152, 370 = BStBl. II 1988, 506 = UR 1988, 315; ebenso BFH v.<br />

21.11.1991, BStBl. II 1992, 637.<br />

560 BMF v. 1.4.1980, UR 1980, 99.<br />

561 Zur grundsätzlichen Problematik des Leistungsaustausch bei Gesellschafterbeiträgen vgl.<br />

Schön, DStJG, Bd. 13 (1990), S. 81 (109) m.w.N.; Husmann in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 1<br />

Anm. 226 ff.

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