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69<br />

nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen ausführt? Oder kommt der Wendung<br />

„gewerblich oder beruflich” doch eine eigene Funktion zu?<br />

Der Begriff der Nachhaltigkeit wird zum zentralen Element des Unternehmerbegriffs.<br />

In ihm spiegelt sich die gesamte Dogmatik des Umsatzsteuergesetzes wieder.<br />

Wenn an den Finanzgerichten um die Umsatzsteuerpflicht gestritten wird, geht es regelmäßig<br />

um den subjektiven Tatbestand der Nachhaltigkeit. Die Reihen der Kläger<br />

vor dem BFH werden angeführt von einer Prostituierten 348 , einem Briefmarkensammler<br />

349 , einem Münzsammler 350 , Erben einer Kunstsammlung 351 , welche ihre Sammlungen<br />

veräußern, und den Werksangehörigen eines Automobilkonzerns, die regelmäßig<br />

ihre Werkswagen als Jahreswagen verkaufen. 352 Während es unter der Herrschaft des<br />

alten Umsatzsteuersystems im Interesse des Fiskus lag, ein bestimmtes Rechtssubjekt<br />

als Unternehmer zu qualifizieren, hat sich die Situation mit der Einführung des Allphasennettosystems<br />

mit Vorsteuerabzug oft umgekehrt. Der umsatzsteuerliche Unternehmer<br />

genießt heute das Privileg des Vorsteuerabzuges. Die zentrale Figur der Umsatzsteuer<br />

ist aus wirtschaftlicher Sicht der Nichtunternehmer geworden. 353 Mangels Vorsteuerabzug<br />

bleibt er am Ende der Leistungskette mit der im Preis überwälzten Umsatzsteuer<br />

belastet.<br />

Das Merkmal der Nachhaltigkeit wurde zwar erst in das Umsatzsteuergesetz<br />

1934 aufgenommen, es war indessen aber nicht neu. Schon im Jahre 1919 führte der<br />

RFH 354 in einer rechtsgrundsätzlichen Stellungnahme aus, eine Tätigkeit zur Erzielung<br />

von Einnahmen unterliege nur dann der Umsatzsteuer, wenn sie auf „die Dauer berechnet”<br />

sei. Die Kodifizierung in § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG 1934 sollte auch an der<br />

Rechtslage nichts ändern. 355 Dem kann man bedenkenlos beipflichten. Wesentlich bedenklicher<br />

allerdings erscheint die Tatsache, dass die Regelung des § 2 UStG unverändert<br />

in das neue Nettosystem übernommen wurde, obwohl sich hier die Rechtslage<br />

fundamental geändert hat. Die Tatbestandsmerkmale „gewerblich” oder „beruflich”<br />

können als historische Relikte aus der Legaldefinition des Unternehmerbegriffes gestrichen<br />

werden. Sie resultieren aus der Entstehungsgeschichte des Umsatzsteuerrechts. 356<br />

Nach dem Warenumsatzstempelgesetz von 1916 357 , dem Vorläufer des ersten Umsatzsteuergesetzes<br />

von 1918, wurden die Anmeldungen der Gewerbetreibenden über bezahlte<br />

Warenlieferungen besteuert. Während man die Beschränkung der subjektiven<br />

Steuerpflicht im ersten Umsatzsteuergesetz von 1918 zunächst beibehielt, wurde diese<br />

schon ein Jahr später auf die berufliche Tätigkeit ausgedehnt, um auch freiberufliche<br />

Tätigkeiten zu erfassen. Obwohl nach der Regierungsbegründung zum Umsatzsteuer-<br />

348 Hierzu BFH v. 4.6.1987, BFHE 150, 192, BStBl. II 1987, 263.<br />

349 Hierzu BFH v. 29.6.1987, BFHE 150, 218, BStBl. II 1987, 744.<br />

350 Hierzu BFH v. 16.7.1987, BFHE 150, 224, BStBl. II 1987, 752.<br />

351 Hierzu BFH v. 24.11.1992, BFHE 170, 275, BStBl. II 1993, 379.<br />

352 Hierzu BFH v. 26.4.1979, BFHE 128, 110; v. 18.7.1991, UR 1991, 288.<br />

353 Ebenso Neeb, DStZ 1991, 705 (705).<br />

354 RFH Gutachten vom 7.2.1919, RFHE 1, Teil B, 12 (16 f.); vgl. auch RFH v. 9.7.1919, RFHE<br />

1, 141; v. 18.2.17, RFHE 20, 263; v. 17.10.1941, RStBl. 1942, 13; v. 22.1.1943, RStBl. 1943,<br />

221; vgl. ferner OFH v. 26.11.1949, BB 1950, 183; BFH v. 3.6.1954, BStBl. III 1954, 238; v.<br />

30.10.1962, HFR 1963, 188; v. 11.11.1965, UR 1966, 92;<br />

355 Vgl. Reg.-Begr. zum UStG 1934, RStBl. 1934, S. 1549 (1550).<br />

356 Ebenso Mößlang, UR 1994, 10 (11).<br />

357 RGBl. 1916, 639.

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