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138<br />

schäft i.d.R. nicht anzunehmen. 671 Wenn aber die Möglichkeit der Scheingeschäftqualifizierung<br />

aufgrund der Rechtsprechung des BGH und BFH wegfallen<br />

soll, so besteht eventuell die Möglichkeit der Annahme der Steuerumgehung.<br />

(ii) Wirtschaftliche Betrachtungsweise<br />

versus § 42 AO<br />

Im allgemeinen besteht eine Gesetzesumgehung darin, dass sich jemand so<br />

verhält, dass das Gesetz in seinen durch den Wortlaut flankierten Grenzen der<br />

Auslegung nicht anwendbar ist, obwohl sein Verhalten dem Zweck des Gesetzes<br />

entspricht oder widerspricht. 672 Gesetzgebung und Rechtsprechung sind sich einig,<br />

dass es unerlässlich ist, auf solche Umgehungsversuche zu reagieren, wobei<br />

die Methodik allerdings streitig ist. Fraglich ist, ob man den Umgehungsversuchen<br />

im Rahmen der Auslegung oder ggf. analogen Anwendung der umgangenen<br />

Norm zu begegnen hat, oder der Umgehungstatbestand ein eigenständiges zur<br />

Nichtigkeit führendes Rechtsinstitut darstellt. 673 Auch das steuerliche Schrifttum<br />

und die Rechtsprechung des BFH verfolgen bei der Bekämpfung der Gesetzesumgehung<br />

keine einheitliche Konzeption. Fraglich ist, ob es sich bei § 42 AO um<br />

einen insoweit deklaratorischen Unterfall der wirtschaftlichen Betrachtungsweise<br />

674 handelt, oder ob der Umgehungsvorschrift eine selbständige Funktion zukommt<br />

675 . Der zivilrechtliche Theorienstreit spiegelt sich also auch im Steuerrecht<br />

wieder. Allerdings erlangt er hier aufgrund der Situation „Eingriffsrecht - Gesetzesvorbehalt”<br />

eine weitaus höhere Bedeutung. Entscheidende Funktion des § 42<br />

AO ist, den Bereich der zulässigen Steuerersparnis von der erfolglosen Steuerumgehung<br />

abzugrenzen. Hierbei ergibt sich aber die steuerrechtliche Besonderheit,<br />

dass nicht wie bei § 134 BGB ein gesetzliches Verbot oder Gebot umgangen wird,<br />

sondern lediglich eine Konstellation, an die der Gesetzgeber zwar in den Grenzen<br />

des Art. 3 GG, letztlich aber dennoch beliebig den Tatbestand der Besteuerung<br />

knüpft. Niemand ist gezwungen, seine Verhältnisse möglichst fiskusfreundlich<br />

einzurichten, so dass die Absicht der Steuerersparnis nicht zu missbilligen ist und<br />

deshalb auch nicht per se zur Steuerumgehung führen kann. 676 Jede Steuerersparnis,<br />

die also nicht von § 42 AO erfasst wird, ist damit auch keine Steuerumgehung.<br />

Betrachtet man § 42 AO aber nur als Deklaration eines allgemeinen Grund-<br />

671 So Tipke/Kruse, AO/FGO, § 41 AO Anm. 25 b; vgl. auch die Rechtsprechung zu Basisgesellschaften<br />

in sog. Oasenländern, BFH v. 17.7.1968, BFHE 93, 1 = BStBl. II 1968, 695; v.<br />

7.2.1975, BFHE 119, 118 = BStBl. II 1976, 608.<br />

672 Allgemein hierzu Lang in Tipke/Lang, Steuerrecht, § 5 Rz. 95; Crezelius, Steuerrechtliche<br />

Rechtsanwendung und allgemeine Rechtsordnung, 218 f.<br />

673 Hierzu Crezelius, Steuerrechtliche Rechtsanwendung und allgemeine Rechtsordnung, S. 219.<br />

674 So Lang in Tipke/Lang, § 5 Rz. 98; E. Becker, StuW 1924, Sp. 145 (151, 154).<br />

675 So Offerhaus in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 42 AO Anm. 6 ff., 12 ff.; Tipke/Kruse,<br />

AO/FGO, § 42 AO Anm. 5 f.<br />

676 Statt vieler Crezelius, Steuerrechtliche Rechtsanwendung und allgemeine Rechtsordnung, S.<br />

219.

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