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lichen Betrachtungsweise des Merkmals der Selbständigkeit. 388 Die Erhebung der Umsatzsteuer<br />
auf allen Wirtschaftsstufen förderte die Konzentration von Unternehmen<br />
durch Fusionierung. Um die Benachteiligung der Unternehmensverbindungen aus<br />
rechtlich selbständig gebliebenen Unternehmen zu beseitigen, wurden auch juristische<br />
Personen als unselbständig erachtet, sofern sie finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch<br />
von einem anderen Unternehmen abhängig waren. Mit den eigentlichen Begründungserwägungen<br />
zum Merkmal „selbständig” hatte diese Rechtsprechung freilich<br />
nichts mehr gemein.<br />
Die umsatzsteuerliche Organschaft stellt im Ergebnis nichts anderes dar, als die<br />
„umsatzsteuerliche Verschmelzung” zivilrechtlich selbständiger Unternehmen. Die<br />
Organgesellschaften verlieren ihre umsatzsteuerliche Subjekteigenschaft, obwohl sie<br />
zivilrechtlich weiterhin als Rechtssubjekt existieren. Dies bedeutet insbesondere, dass<br />
Leistungen innerhalb des Organkreises sogenannte nichtsteuerbare Innenumsätze sind<br />
(§ 2 Abs. 2 Nr. 2 S. 2 UStG). Die entscheidende Aussage aber fehlte und wurde erst<br />
1987 in das Gesetz aufgenommen. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 S. 3 UStG sind die Unternehmensteile<br />
als ein Unternehmen zu behandeln. Aus dem Sinnzusammenhang der<br />
Sätze 2 und 3 lässt sich entnehmen, dass die Unternehmensteile dabei alle Organgesellschaften<br />
wie auch den Organträger umfassen. Letztlich handelt es sich also um eine<br />
Fiktion des Unternehmensbegriffes. 389 Eine Steuer, die am Wertetransfer von einer<br />
Rechtssphäre in eine andere Rechtssphäre anknüpft, wird dadurch außer kraft gesetzt,<br />
dass die Sphären unterschiedlicher, zivilrechtlich selbständiger Gesellschaften umsatzsteuerrechtlich<br />
fiktiv zu einem Unternehmen verschmolzen werden.<br />
Der Weg zur Erzielung dieses Ergebnisses erscheint allerdings aus dogmatischer<br />
Sicht unbefriedigend. Hierzu ist noch mal auf das Ergebnis unter § 3.C.4. hinzuweisen,<br />
wonach die Auffassung vertreten wird, dass sich die Unselbständigkeit bei<br />
natürlichen Personen nur auf die Arbeitsleistung gegenüber dem Arbeitgeber bezieht.<br />
Umsätze, die ein Angestellter nach außen in eigenem Namen erbringt, fallen nicht in<br />
den Tätigkeitsbereich des Angestelltenverhältnisses und können demnach die Unternehmereigenschaft<br />
eines ansonsten Angestellten begründen. Geht man von diesem<br />
Ergebnis aus, so führt auch die Unselbständigkeit einer juristischen Person grundsätzlich<br />
nur zur subjektiven Steuerbefreiung der Leistungen, die gegenüber dem Organträger<br />
erbracht werden. Nicht erfasst wären die Leistungen der Organgesellschaften untereinander<br />
oder Leistungen des Organträgers an die Organgesellschaften. Insofern bestehen<br />
nämlich keine Abhängigkeitsverhältnisse. Dieses Ergebnis widerspricht aber der<br />
intendierten Gleichstellung von Unternehmensverbindungen aus rechtlich selbständigen<br />
Gesellschaften mit Unternehmenszusammenschlüssen (Fusionen). Der RFH wäre<br />
besser beraten gewesen, das Ergebnis der Organschaft aus der Unternehmenseinheit,<br />
dem heutigen § 2 Abs. 1 S. 2 UStG abzuleiten, wonach das Unternehmen die gesamte<br />
gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers umfasst. 390 Diese Norm exis-<br />
388 Ausführlich hierzu van der Velde, DB 1955, 1048 ff.<br />
389 Ebenso Steppert, UR 1994, 343 (344).<br />
390 Vgl. hierzu das Urteil des BFH v. 8.2.1955, BStBl. III 1955, 113, in welchem der BFH die<br />
Voraussetzung der Unternehmereinheit (Gleichordnung) und der Organschaft (Über-<br />
Unterordnung) voneinander abgrenzt. Die Rechtsprechung nahm bei mehreren unternehmerisch<br />
tätigen Personen- oder Kapitalgesellschaften, deren Gesellschafter identisch und im glei-