Dokument_1.pdf (1165 KB) - OPUS4
Dokument_1.pdf (1165 KB) - OPUS4
Dokument_1.pdf (1165 KB) - OPUS4
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
56<br />
stückes „für sein Unternehmen” nicht gelöst habe. „Durch den Vorbehaltsnießbrauch<br />
hat er das Gebäude aufgrund einer dinglichen Berechtigung weiter nutzen<br />
und unverändert durch die bisherigen Vermietungsumsätze verwenden können. Er<br />
hat das Eigentum wirtschaftlich ohne die durch Vorbehaltsnießbrauch gesicherte<br />
Nutzungsmöglichkeit übertragen. Sein Unternehmensbereich ist dadurch nicht<br />
beeinträchtigt worden.” Das BFH-Urteil vom 13.7.1997 geht damit noch einen<br />
Schritt weiter als die bisher angesprochenen Fallgruppen, indem es eine Lieferung<br />
trotz im Grundbuch vollzogener Übertragung verneint. Dieses Ergebnis überrascht,<br />
da man bisher bei Grundstücksübertragungen wenig Zweifel am Bestehen<br />
einer Lieferung gehabt hat. Zwar erscheint das Urteil vordergründig plausibel.<br />
Dennoch bleiben zahlreiche Fragen offen. Wann soll der Zeitpunkt der Lieferung<br />
sein und v.a., wie soll das später festgestellt werden? Wird der Nießbrauch beim<br />
Ableben des Nießbrauchers beendet, wer soll dann der Lieferer sein? Eine Lieferung<br />
setzt wie jede Leistung im umsatzsteuerrechtlichen Sinne ein willentlich<br />
gesteuertes Verhalten voraus, welches dem verstorbenen Berechtigten nicht mehr<br />
unterstellt werden kann. Letztlich muss man sich fragen, ob dieses Urteil dem<br />
Interesse des Rechtsverkehrs dient. Diese Bedenken teilt offenbar auch die Finanzverwaltung,<br />
die das Urteil nicht amtlich veröffentlicht. 284<br />
Die Beispiele zeigen, dass eine zivilrechtlich orientierte Klärung des Begriffes<br />
„Verschaffung der Verfügungsmacht” durchaus möglich ist. Die Notwendigkeit<br />
hierfür ergibt sich m.E. zunächst einmal aus der klaren Anlehnung des<br />
Terminus an das Zivilrecht. Auf die umstrittene Frage, inwiefern identische Begriffe<br />
aus Steuer- und Zivilrecht in gleicher Weise auszulegen sind, soll hier allerdings<br />
nicht tiefer eingegangen werden, da dies den Rahmen dieser Arbeit sprengen<br />
würde. 285 Die überkommenen Bestimmungsversuche, den Begriff „Verschaffung<br />
der Verfügungsmacht” zu konkretisieren, sind m.E. zu sehr von der Idee des<br />
Verbrauchsteuergedankens geleitet und vernachlässigen insoweit die juristischtechnische<br />
Ausgestaltung des Leistungstatbestandes. Zwar ist der Auslegung im<br />
Umsatzsteuerrecht die Konzeption einer allgemeinen Verbrauchsbesteuerung<br />
zugrunde zu legen, doch ist dieses Auslegungskriterium nicht geeignet, andere<br />
Auslegungskriterien gänzlich zu verdrängen. Die Systematik des Leistungstatbestandes<br />
knüpft lediglich an den juristischen Verkehrsakt der Leistungsbewilligung<br />
gegen Entgelt an, wobei sich die Lieferung von der sonstigen Leistung dadurch<br />
unterscheidet, dass ein Gegenstand geleistet wird. Um von der Leistung eines Gegenstandes<br />
überhaupt sprechen zu können, muss sich dessen vermögensmäßige<br />
Zuordnung vom Leistenden zum Leistungsempfänger verschieben. Diese Zuordnung<br />
kann nach der deutschen Rechtsordnung grundsätzlich nur dem Sachenrecht<br />
entsprechend vorgenommen werden.<br />
Dieses Verständnis liegt wohl auch dem Art. 5 Abs. 1 der 6. RL-EG<br />
zugrunde, wonach als Lieferung die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigen-<br />
284 Hierzu OFD Koblenz, Vfg. vom 3.2.1999, UR 1999, 262.<br />
285 Vgl. hierzu Lang in Tipke/Lang, Steuerrecht, § 5 Rz. 67 ff.; Tipke/Kruse, AO/FGO, § 4 AO<br />
Rz. 322 ff.; für eine einheitliche Begriffsauslegung Crezelius, Steuerliche Rechtsanwendung<br />
und allgemeine Rechtsordnung, § 1 Rz. 16.