Dokument_1.pdf (1165 KB) - OPUS4
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3. Subjektfähigkeit<br />
Bei der Unternehmerfähigkeit geht es um die abstrakte Frage, wer überhaupt<br />
Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sein kann. Davon zu unterscheiden<br />
ist die weitere Frage, ob ein solches Gebilde dann tatsächlich Unternehmer<br />
ist. § 2 Abs. 1 S. 1 UStG formuliert, dass derjenige Unternehmer ist, wer<br />
eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Da eine solche Tätigkeit<br />
in der Erbringung von Umsätzen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG besteht,<br />
kann Unternehmer nur der sein, wer zivilrechtliche Austauschverträge<br />
schließen kann 303 , mithin zivilrechtliche Rechtsfähigkeit genießt. Wer sich diesen<br />
Argumenten von Schön anschließt, hat nicht nur die Rechtsprechung 304 und die<br />
herrschende Literaturmeinung 305 gegen sich, sondern scheinbar auch das Gesetz.<br />
Als Leistende nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 UStG kommen sowohl nicht rechtsfähige<br />
Personenvereinigungen als auch Gemeinschaften in Betracht. Es fragt sich aber,<br />
wo die Grenzen zu ziehen sind, wenn man jedem beliebigen Gebilde (Wirtschaftsgebilde<br />
306 ) die Fähigkeit zuspricht, umsatzsteuerlicher Unternehmer zu<br />
sein.<br />
Der umsatzsteuerliche Unternehmerbegriff setzt nach § 2 Abs. 1 S. 3<br />
UStG eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen voraus. Der Begriff<br />
Tätigkeit meint hier zweifellos die Erbringung von Lieferungen oder sonstigen<br />
Leistungen gegen Entgelt, da nur diese steuerlich relevant sind. Die Unter-<br />
303 Ebenso Schön, DStJG, Bd. 13 (1990), 81 (84).<br />
304 BFH v. 13.3.1987, UR 1987, 202; der BFH beurteilt hier eine Sozietät von Rechtsanwälten als<br />
unternehmerfähig bezüglich einer Testamentsvollstreckung, obwohl diese nur von einer Person<br />
betrieben werden kann, § 2197 BGB; m.E. handelt es sich hier um einen typischen Fall von §<br />
41 Abs. 1 AO. Vgl. auch BFH v. 9.12.93, BFHE 173, 458, BStBl. II 1994, 483; v. 21.4.94,<br />
BFHE 174, 469, BStBl. II 1994, 670.<br />
305 Statt aller: Stadie in: Rau/Dürrwächter, § 2 Anm. 91; nach Heidner (Bunjes/Geist, § 2 Rz. 11)<br />
kommen Personenzusammenschlüsse aller Art in Betracht, wenn sie als solche erkennbar am<br />
Wirtschaftsleben teilnehmen; Scharpenberg (Hartmann/Metzenmacher, UStG, E § 2 Abs. 1<br />
Anm. 115) hält jedes Wirtschaftsgebilde, das nach außen in Erscheinung tritt, für steuersubjektfähig.<br />
306 Vgl. BFH v. 9.12.93, BFHE 173, 458, BStBl. II 1994, 483; eine ausführliche Stellungnahme<br />
des BFH zu diesem Thema findet sich im Urteil vom 29.11.1955, BFHE 63, 202 in dem es<br />
heißt: “Der Begriff Unternehmer als Subjekt der Umsatzsteuerpflicht ist in dem hier anzuwendenden<br />
Umsatzsteuergesetz 1951 der gleiche wie in allen Umsatzsteuergesetzen, die ihm vorausgegangen<br />
sind. Für den Geltungsbereich der früheren Gesetze hat im Hinblick darauf, dass<br />
der Gesetzgeber jede im Inland ausgeübte, nachhaltig auf die Erzielung von Einnahmen gerichtete<br />
selbständige Tätigkeit erfaßt wissen will, der RFH in ständiger Rechtsprechung und<br />
unter bewußter Abkehr davon, was nach dem Sprachgebrauch des täglichen Lebens unter einem<br />
Unternehmer verstanden wird, jedes selbständige Wirtschaftsgebilde, das im Inland nachhaltig<br />
gegen Entgelt Leistungen ausführt, und ausdrücklich auch jeden zwanglosen Zusammenschluß<br />
von Personen zur gemeinsamen wirtschaftlichen Betätigung als umsatzsteuerpflichtig<br />
angesehen. Er hat hierbei ausgesprochen, dass es weder auf die Rechtsform des Gebildes,<br />
insbesondere darauf, ob eine der typischen Gesellschaftsformen des bürgerlichen Rechts vorliegt,<br />
ankommt, noch darauf, ob sonst irgendwie eine streng abgegrenzte rechtliche oder wirtschaftliche<br />
Einheit feststellbar ist, und ob das Gebilde mit einem besonderen, der Tätigkeit<br />
gewidmeten Kapital ausgestattet ist, sofern nur der Wille zu gemeinsamer wirtschaftlicher Betätigung<br />
irgendwie in einem Betrieb mit einer gewissen Organisation seinen Ausdruck findet.”