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229<br />
Der BFH 1068 hat diese Rechtsprechung jüngst in anderem Zusammenhang erneut<br />
bestätigt. Kläger war eine aus drei Landwirten bestehende Bruchteilsgemeinschaft, die<br />
gemeinsam einen Mähdrescher zum Einsatz in ihren jeweiligen landwirtschaftlichen Betrieben<br />
erworben haben. Die Rechnung über den Kauf des Mähdreschers war an die Gemeinschaft<br />
gerichtet. Im unteren Teil der Rechnung waren die drei Landwirte mit ihren<br />
jeweiligen Anteilen an der Gemeinschaft namentlich aufgeführt. Die Vorinstanz verpflichtete<br />
das Finanzamt, Vorsteuern in der in der Rechnung ausgewiesenen Höhe gesondert<br />
und einheitlich festzustellen und den drei Gesellschaftern entsprechend ihrer Anteile<br />
zuzurechnen. Die Revision des Finanzamtes wurde vom BFH als unbegründet zurückgewiesen,<br />
da Besteuerungsgrundlagen gem. § 1 Abs. 2 der Verordnung zu § 180 AO für<br />
Umsatzsteuerzwecke gesondert und einheitlich festgestellt werden könnten und dieser<br />
Feststellung auch § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG nicht entgegen steht. Denn als bloße<br />
verfahrensrechtliche Vorschrift könne die Verordnung nicht angewendet werden, wenn<br />
dies mit dem materiellen Recht auf Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG<br />
nicht im Einklang stehe. In dieser Aussage liegt auch der eigentliche Kern des Urteils,<br />
indem der BFH die materiell-rechtliche Notwendigkeit dieser Entscheidung darlegt. In<br />
revolutionärer Abkehr von der bislang ständigen Rechtsprechung 1069 führt der BFH aus,<br />
dass für den Vorsteuerabzug einer Gemeinschaft respektive der Gemeinschafter darauf<br />
ankommt, ob die Gemeinschaft selbst unternehmerisch tätig ist oder ob lediglich die Gemeinschafter<br />
einer jeweils eigenen Tätigkeit nachgehen. Wenn sowohl die Gemeinschafter<br />
als auch die Gemeinschaft Unternehmer sind, müsse festgestellt werden, in wessen<br />
Unternehmen der Leistungsbezug eingegangen ist. Ausdrücklich verabschiedet sich der<br />
erkennende V. Senat von der noch im Urteil 1070 vom 19.12.1992 vertretenen Auffassung,<br />
dass der Vorsteuerabzug eines Gemeinschafters bei Leistungen an die Gemeinschaft ausgeschlossen<br />
sei. Denn, so der BFH, jede andere Entscheidung würde den Sinn des Vorsteuerabzuges<br />
verkennen, den Unternehmer vollständig von der im Rahmen seiner wirtschaftlichen<br />
Tätigkeit geschuldeten oder entrichteten Umsatzsteuer zu entlasten.<br />
Das Urteil des BFH ist im Schrifttum 1071 - soweit ersichtlich – auf durchgehende<br />
Anerkennung gestoßen, zumal der BFH zum ersten Mal ausgehend vom Sinn und Zweck<br />
des Vorsteuerabzuges die Norm des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG ausgelegt hat. Ausgehend<br />
von der Urteilsbegründung, welche letztlich die Vorsteuerentlastung der Gemeinschafter<br />
- unter besonderer Betonung der Rechtsprechung des EuGH - als entscheidendes<br />
Kriterium herausstellt, dürfte diese neue Rechtsprechung auch Auswirkungen auf die<br />
Judikatur zu Bauherrengemeinschaften, Ehegattengemeinschaften 1072 und Gesellschaften<br />
des bürgerlichen Rechts Einfluss haben. Denn auch bei Gesellschaften stellt sich regelmäßig<br />
das Problem des Vorsteuerkonfliktes zwischen Gesellschaft und Gesellschafter.<br />
1073<br />
1068 Urteil vom 1.10.1998, UR 1999, 36; siehe auch BFH v. 7.11.2000, BFH / NV 2001, 402 =<br />
DStR 2001, 212.<br />
1069 Z.B. BFH v. 13.3.1987, BStBl. II 1987, 524 = UR 1987, 202; v. 26.11.1987, BStBl. II 1988,<br />
158 = UR 1988, 126; v. 1.6.1989, BStBl. II 1989, 677 = UR 1990, 11; v. 16.5.1995, BFH/NV<br />
1996, 185.<br />
1070 BFH/NV 1992, 569.<br />
1071 Vgl. Lange, UR 1999, 17; Horn, UR 1999, 270; Völkel, UR 1999, 196.<br />
1072 Vgl. hierzu Horn, UR 1999, 270 ff.<br />
1073 Ebenso Lange, UR 1999, 17 (18).