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Kulturelle Bildung in der Bildungsreformdiskussion – Konzeption ...

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6 EINLEITUNG<br />

Der wesentliche Unterschied zum angeführten bildungspolitischen Aufbruch <strong>in</strong> den 70er<br />

Jahren des letzten Jahrhun<strong>der</strong>ts besteht dar<strong>in</strong>, dass die bildungspolitische Diskussion heute<br />

v.a. unter dem Leitbild des Wettbewerbs und nicht <strong>der</strong> Teilhabe geführt wird. Es geht darum,<br />

dass deutsche Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler wie<strong>der</strong> mit denen an<strong>der</strong>er Län<strong>der</strong> konkurrieren<br />

können, lebenslanges Lernen soll dazu dienen, dass <strong>der</strong> Produktionsstandort Deutschland<br />

erhalten werden kann. Der Wettbewerb wird sogar so weit getrieben, dass die Bundeslän<strong>der</strong><br />

untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong> <strong>in</strong> Konkurrenz treten. Als könnten sich Eltern ihren Arbeitsplatz und<br />

damit ihren Wohnort und daraus folgend den Schulstandort ihrer K<strong>in</strong><strong>der</strong> nach <strong>der</strong> jeweiligen<br />

<strong>Bildung</strong>spolitik e<strong>in</strong>es Landes aussuchen.<br />

In diesem Kontext ist auch <strong>der</strong> zweite Diskussionsstrang <strong>der</strong> aktuellen bildungspolitischen<br />

Diskussion zu sehen, <strong>der</strong> Streit um den Fö<strong>der</strong>alismus. Jetzt zeigt sich, dass e<strong>in</strong> zusammenwachsendes<br />

Europa, die Verlagerung <strong>der</strong> Kompetenzen auf die europäische Ebene zu e<strong>in</strong>er<br />

Aushöhlung <strong>der</strong> Kompetenzen <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> <strong>–</strong> ganz beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Landesparlamente <strong>–</strong> geführt<br />

hat. In den unterschiedlichsten Politikbereichen wird <strong>der</strong> Rahmen für politisches<br />

Handeln durch die europäischen Richtl<strong>in</strong>ien vorgegeben. Deutschland ist zwar an dieser<br />

Richtl<strong>in</strong>ienpolitik beteiligt, kann aber auf Grund <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen Rückkopplung mit<br />

den Bundeslän<strong>der</strong>n, oftmals nicht so schnell entscheiden wie an<strong>der</strong>e Mitgliedsstaaten <strong>der</strong><br />

Europäischen Union. Auf Grund <strong>der</strong> weiter wachsenden Relevanz europäischer Entscheidungen<br />

pochen die Län<strong>der</strong> umso mehr auf ihre Hoheit im Kultur- und <strong>Bildung</strong>sbereich als<br />

Kern ihrer Eigenstaatlichkeit. Die Fö<strong>der</strong>alismuskommission, bei <strong>der</strong> es darum g<strong>in</strong>g, die<br />

Zahl <strong>der</strong> zustimmungspflichtigen Bundesgesetze zu reduzieren, um den Deutschen Bundestag<br />

wie<strong>der</strong> handlungsfähiger zu machen und im Gegenzug den Bundeslän<strong>der</strong>n mehr<br />

Spielräume für eigene Entscheidungskompetenzen zu geben, ist letztlich am <strong>Bildung</strong>sbereich<br />

gescheitert, weil die Bundeslän<strong>der</strong> diesen Bereich alle<strong>in</strong> für sich beanspruchen wollten.<br />

Dabei g<strong>in</strong>g es nicht um gesamtstaatliche Verantwortung o<strong>der</strong> bessere Chancen für<br />

deutsche Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler bzw. Hochschulabsolvent<strong>in</strong>nen und -absolventen im<br />

<strong>in</strong>ternationalen Vergleich, son<strong>der</strong>n alle<strong>in</strong> um den Ausbau e<strong>in</strong>es eigenen politischen Handlungsfeldes.<br />

Die kulturelle <strong>Bildung</strong> ist von dieser Entwicklung <strong>in</strong> mehrfacher H<strong>in</strong>sicht betroffen. Zum<br />

e<strong>in</strong>en gehört sie, im Schnittfeld zwischen Kultur-, <strong>Bildung</strong>s- und Jugendpolitik angesiedelt,<br />

zu jenen Politikfel<strong>der</strong>n, die e<strong>in</strong> Zankapfel zwischen Bund und Län<strong>der</strong>n s<strong>in</strong>d. Zum<br />

zweiten, und dieses ist vielleicht sogar noch bedrohlicher, haben es all jene <strong>Bildung</strong>sbereiche,<br />

die nicht direkt verwertbar s<strong>in</strong>d, <strong>der</strong>en Nutzen nicht auf den ersten Blick erkennbar<br />

s<strong>in</strong>d, <strong>in</strong> denen ke<strong>in</strong> direkter Vergleich mit an<strong>der</strong>en Nationen gesucht wird, beson<strong>der</strong>s<br />

schwer. Problematisch ist <strong>in</strong> diesem Zusammenhang, dass <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Bereichen ke<strong>in</strong>e<br />

e<strong>in</strong>heitlichen Berufsstandards existieren, was dazu führt, dass die erfor<strong>der</strong>liche Professionalität<br />

angezweifelt wird. Auch ist nicht zu leugnen, dass das Nebene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> von hauptamtlicher<br />

und ehrenamtlicher Kulturvermittlung sowie <strong>der</strong> zur Zeit sich abzeichnende<br />

vermehrte E<strong>in</strong>satz von ehrenamtlich Aktiven <strong>in</strong> Ganztagsschulen die Frage nach <strong>der</strong> Professionalität<br />

kultureller Vermittlungsarbeit immer wie<strong>der</strong> provoziert. In diesem Zusammenhang<br />

verwun<strong>der</strong>t es nicht, dass von den Vertreter<strong>in</strong>nen und Vertretern <strong>der</strong> kulturellen<br />

<strong>Bildung</strong> verstärkt kulturferne Argumente angeführt werden, um kulturelle <strong>Bildung</strong><br />

zu rechtfertigen. So steht aktuell die Neurowissenschaft hoch im Kurs, mit <strong>der</strong>en Hilfe<br />

belegt werden soll, dass dank kultureller <strong>Bildung</strong> die Entwicklung des Gehirns und des<br />

Denkens verbessert wird.

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