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Kulturelle Bildung in der Bildungsreformdiskussion – Konzeption ...

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KULTURPÄDAGOGIK UND SCHULE 227<br />

Hilfe e<strong>in</strong>zusetzen. Denn damit tritt sofort e<strong>in</strong> Entfremdungsprozess des Lernsubjektes von<br />

se<strong>in</strong>en eigenen Lernhandlungen e<strong>in</strong>. Subjektivität ernst zu nehmen heißt für den Lehrenden<br />

daher, auch e<strong>in</strong> (notwendiges) Rückmeldesystem für Lernerfolge so zu entwickeln, dass<br />

ke<strong>in</strong>e Demütigung stattf<strong>in</strong>det und das die Entscheidungsgewalt über die eigenen Lernvorgänge<br />

stärkt. In e<strong>in</strong>em solchen selbstgesteuerten System macht daher „Mogeln“ überhaupt<br />

ke<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n, so LehrerInnen an Schulen, die e<strong>in</strong> solches Selbstbewertungssystem praktizieren,<br />

<strong>in</strong> dem oben erwähnten Film von Re<strong>in</strong>hard Kahl, weil man es ja selbst ist, vor dem<br />

man Rechenschaft ablegt. Oelkers (2003) stellt daher die Qualität des Unterrichts <strong>in</strong> den<br />

Mittelpunkt se<strong>in</strong>er Überlegungen zur Schulreform. Es müsse sich nicht nur das professionelle<br />

Selbstverständnis <strong>der</strong> Lehrenden verän<strong>der</strong>n, es entsteht auch e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Schülerrolle<br />

(ebd., S. 133):<br />

1. „Die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler erhalten <strong>in</strong> Leitbil<strong>der</strong>n und Lernprogrammen <strong>der</strong> Schule<br />

e<strong>in</strong>e eigenständige Funktion.<br />

2. Die wechselseitigen Erwartungen <strong>der</strong> Lehrkräfte wie <strong>der</strong> Schüler werden formuliert und<br />

transparent kommuniziert.<br />

3. Die Ziele <strong>der</strong> Schulentwicklung gelten für die Schüler und Lehrkräfte <strong>in</strong> unterschiedlichen<br />

Funktionen gleich.<br />

4. Die Verantwortung <strong>der</strong> Lehrkräfte für das Zustandekommen von Unterrichtsqualität<br />

unterscheidet sich von <strong>der</strong> <strong>der</strong> Schüler, aber die Schüler haben e<strong>in</strong>e klar def<strong>in</strong>ierte Verantwortung<br />

für den eigenen Lernerfolg.<br />

5. Die je erreichte Qualität des Lehrens und Lernens muss fortlaufend bilanziert werden,<br />

die Erfahrungen <strong>der</strong> Schüler müssen <strong>in</strong> die weitere Schulentwicklung fließen.<br />

6. Für Konflikte s<strong>in</strong>d unabhängige Schnittstellen e<strong>in</strong>zurichten, generell muss bei unterschiedlichen<br />

Rollen und Funktionen die Kommunikation entwickelt werden, damit Leistungspartnerschaft<br />

entstehen kann.“<br />

Dieser Vorschlag nimmt den Schüler <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Mitverantwortung ernst, macht Lehrer und<br />

Schüler zu Partnern mit Rechten und Pflichten (vgl. auch Terhart 2002). Dabei geht es<br />

nicht darum, Leistungserwartungen zu kaschieren, son<strong>der</strong>n transparent zu machen. Der<br />

Grundgedanke e<strong>in</strong>es Vertrages, <strong>der</strong> durchaus real abgeschlossen werden kann <strong>–</strong> wobei die<br />

Eltern mit e<strong>in</strong>zubeziehen wären <strong>–</strong>, hat durchaus se<strong>in</strong>en Reiz, zumal er sich auf e<strong>in</strong>e gute<br />

Tradition <strong>in</strong> <strong>der</strong> politischen und Sozialphilosophie stützen kann.<br />

Bevor ich diesen Gedanken e<strong>in</strong>es Vertrages weiter verfolge, will ich e<strong>in</strong> bestimmtes Problem<br />

<strong>der</strong> (deutschen) Schule hervorheben: E<strong>in</strong>e grundsätzliche Vernachlässigung des Schülers als<br />

Subjekt se<strong>in</strong>es Lernens. Dies ist gerade für den Vertragsgedanken wichtig, da dieser erst<br />

dann greifen kann, wenn die Beteiligten „Rechtssubjekte“ s<strong>in</strong>d. Um Rechtssubjekt <strong>in</strong> diesem<br />

S<strong>in</strong>ne se<strong>in</strong> zu können, muss <strong>der</strong> Schüler als Lernen<strong>der</strong> zunächst e<strong>in</strong>mal die „Verfügungsgewalt“<br />

über das eigene Lernen gew<strong>in</strong>nen.<br />

Der Schüler als Subjekt des Lernens<br />

Die Anthropologie <strong>der</strong> <strong>Bildung</strong> und Erziehung liefert wie erwähnt gute Gründe für die<br />

These, dass <strong>der</strong> Mensch e<strong>in</strong> stets lernendes Verhältnis zur Welt hat, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sprache <strong>der</strong><br />

klassischen <strong>Bildung</strong>sphilosophie, hier: W. v. Humboldt, dass <strong>der</strong> Mensch so viel Welt wie<br />

möglich <strong>in</strong> sich aufnehme. Lernen ist Weltaneignung, und dass Weltaneignung und Selbstaneignung,<br />

Weltgestaltung und Selbstgestaltung Hand <strong>in</strong> Hand gehen <strong>–</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tat: mit <strong>der</strong><br />

Hand zu tun haben <strong>–</strong>, das weiß die Lerntheorie auch schon lange. In <strong>Konzeption</strong>en wie

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