28.11.2012 Aufrufe

Kulturelle Bildung in der Bildungsreformdiskussion – Konzeption ...

Kulturelle Bildung in der Bildungsreformdiskussion – Konzeption ...

Kulturelle Bildung in der Bildungsreformdiskussion – Konzeption ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

230 KULTURELLE BILDUNG UND BILDUNGSREFORM<br />

e<strong>in</strong>er Problemstellung die Erweiterung von Wissen o<strong>der</strong> aber die Wi<strong>der</strong>ständigkeit e<strong>in</strong>es<br />

Problems erkennen. Es geht plötzlich nicht mehr um Sche<strong>in</strong>fragen, bei denen <strong>der</strong> fragende<br />

Lehrer die Antwort <strong>–</strong> und oft die sche<strong>in</strong>bar e<strong>in</strong>zig gültige Antwort <strong>–</strong> kennt, son<strong>der</strong>n um<br />

e<strong>in</strong>e fragende Annäherung aller Beteiligten an e<strong>in</strong> Problem. Es geht also gerade nicht um<br />

e<strong>in</strong>e reformpädagogische K<strong>in</strong><strong>der</strong>tümelei, son<strong>der</strong>n um e<strong>in</strong> strenges Siche<strong>in</strong>lassen auf e<strong>in</strong><br />

fachliches Problem, ganz so, wie es Copei mit se<strong>in</strong>em „fruchtbaren Augenblick“ beschrieben<br />

hat und wie es die Hausmannsche „Dramaturgie des Unterrichts“ anstrebt. Fündig<br />

wird man bei <strong>der</strong> Suche nach e<strong>in</strong>er ehrlich geme<strong>in</strong>ten Neugierde auf Sachprobleme und<br />

Möglichkeiten ihrer Lösung <strong>in</strong> didaktischen Modellen auch bei dem „genetischen“ o<strong>der</strong><br />

„exemplarischen Lernen“ von Mart<strong>in</strong> Wagensche<strong>in</strong>, <strong>der</strong> ganz ernsthaft Physik unterrichtet,<br />

aber <strong>in</strong>sofern „schülerorientiert“ ist, als er den Schüler <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er ernsthaften Forschungshaltung<br />

ernst nimmt und unterstützt. „Wissenschaftsorientierung“ des Unterrichts heißt dann,<br />

die forschende Haltung des noch nicht wissenden Wissenschaftlers auch im Unterricht zu<br />

praktizieren, also nicht nur gut abgelagertes, möglicherweise <strong>in</strong>zwischen schon längst veraltetes<br />

Schulwissen zum Unterrichtsgegenstand zu machen. Wer sich auf diese Überlegungen<br />

e<strong>in</strong>lässt, wird vielleicht vorsichtiger werden mit falschen Gegensätzen wie Schülerorientierung<br />

vs. Wissenschaftsorientierung. Man darf e<strong>in</strong> Interesse an handlungskompetenzerweiterndem<br />

Wissen durchaus beim Schüler unterstellen. Nur straft <strong>in</strong> diesem Fall <strong>der</strong> ständig<br />

kontrollierende und zensierende Lehrer dieses Interesse Lüge. Denn wieso muss ich mir<br />

von e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en me<strong>in</strong>e aus eigener Interessenslage vorgenommene Kompetenzerweiterung<br />

bewerten lassen? Da die Schule auf „Leistungsbewertung“ jedoch e<strong>in</strong>en so großen<br />

Wert legt, entwertet sie von vornhere<strong>in</strong> jegliches <strong>–</strong> angeblich erwünschte <strong>–</strong> Schüler<strong>in</strong>teresse<br />

am Inhalt. Nun wird man nicht <strong>in</strong>nerhalb kürzester Zeit die Schule so umwandeln, dass die<br />

Subjektorientierung als Leitpr<strong>in</strong>zip realisiert wird, zumal man davon ausgehen muss, dass<br />

wir genau e<strong>in</strong>e solche Schule haben, wie es politisch gewollt wird. Oelkers hat wie erwähnt<br />

darauf h<strong>in</strong>gewiesen, dass e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> skandalösesten Befunde <strong>der</strong> PISA-Studie, die hohe Selektivität<br />

des deutschen Schulwesens, offenbar zu den Funktionserwartungen an die Schule<br />

gehört, denn sonst ließe es sich nicht erklären, wieso <strong>in</strong> den letzten drei Jahren so wenig<br />

geschehen ist.<br />

E<strong>in</strong>e Subjektbezogenheit <strong>der</strong> Schule hätte e<strong>in</strong> völlig an<strong>der</strong>es Lehrerbild und erhebliche E<strong>in</strong>griffe<br />

<strong>in</strong> die bisherige Schulorganisation und -steuerung zur Folge. Es könnte dabei se<strong>in</strong>,<br />

dass zum e<strong>in</strong>en nicht mehr zu bewältigende Wi<strong>der</strong>sprüche <strong>in</strong> <strong>der</strong> bisherigen Schule, aber<br />

auch neue erkenntnistheoretische Anätze, die zunehmend auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schulpädagogik rezipiert<br />

werden, e<strong>in</strong>e Verän<strong>der</strong>ung herbeiführen. Insbeson<strong>der</strong>e könnte <strong>der</strong> (radikale o<strong>der</strong> gemäßigte)<br />

Konstruktivismus e<strong>in</strong>e stärkere Berücksichtigung <strong>der</strong> Lern<strong>in</strong>teressen und <strong>in</strong>sgesamt<br />

<strong>der</strong> E<strong>in</strong>beziehung des Lernens zur Folge haben (Abb. 29). Auch Slogans wie „selbstgesteuertes<br />

Lernen“, so wie es vor Jahrzehnten bereits von Badura <strong>in</strong>s Gespräch gebracht wurde<br />

(etwa mit dem auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Jugendarbeit verwendeten Begriff <strong>der</strong> Selbstwirksamkeit), könnte<br />

<strong>–</strong> ernst genommen <strong>–</strong> <strong>in</strong> diese Richtung zeigen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!