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Kulturelle Bildung in der Bildungsreformdiskussion – Konzeption ...

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252 KULTURELLE BILDUNG UND BILDUNGSREFORM<br />

<strong>der</strong> politischen und Sozialphilosophie (H. Joas), aber auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Neuherausgabe e<strong>in</strong>iger<br />

se<strong>in</strong>er Schriften durch J. Oelkers zeigt. Passfähig sche<strong>in</strong>t Dewey deshalb zu se<strong>in</strong>, weil er e<strong>in</strong>e<br />

Integration <strong>der</strong> genannten Diszipl<strong>in</strong>en für e<strong>in</strong>e Zeit des bereits entwickelten Kapitalismus<br />

(Fordismus) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er alten Demokratie entwickelt, die sich bereits mit den realen Abnutzungsersche<strong>in</strong>ungen<br />

e<strong>in</strong>er demokratischen Praxis zu e<strong>in</strong>er Zeit befassen musste, als <strong>in</strong><br />

Deutschland erst tastende Versuche mit dieser politischen Ordnungsform gemacht wurden.<br />

„Erfahrung“ ist das Grundpr<strong>in</strong>zip sowohl für Deweys anthropologische Vorstellungen<br />

als auch für se<strong>in</strong>e Kunsttheorie („Kunst als Erfahrung“). Und genau hierum muss es daher<br />

auch <strong>der</strong> Schule gehen, <strong>der</strong>en Bedeutung für e<strong>in</strong>e funktionierende Demokratie nicht überschätzt<br />

werden kann.<br />

Es ist dabei me<strong>in</strong>e Überzeugung, dass das fragile Pflänzchen Demokratie heute <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

vom Neoliberalismus und se<strong>in</strong>en Auswirkungen bedroht wird. Was bedeutet dies?<br />

Der Neoliberalismus vor dem Endsieg? Probleme und Chancen<br />

von <strong>Bildung</strong> und Kultur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er lebendigen Demokratie<br />

Gleichgültig ob man über Schule, Sozial- o<strong>der</strong> Kulturpädagogik spricht, man wird sich die<br />

Frage stellen müssen, <strong>in</strong> welcher Weise das <strong>Bildung</strong>ssystem auf äußere E<strong>in</strong>flüsse reagiert, ob<br />

es sie sich vielleicht sogar zu eigen macht, ob es möglicherweise nur abhängige Variable von<br />

Entscheidungen ist, die <strong>in</strong> den Schaltstellen <strong>der</strong> politischen o<strong>der</strong> ökonomischen Macht<br />

getroffen werden. E<strong>in</strong>e solche Fragestellung mag heute vielleicht etwas ungewohnt ersche<strong>in</strong>en,<br />

hat jedoch e<strong>in</strong>e lange Tradition. In <strong>der</strong> marxistischen Tradition, die es im Gefolge des<br />

Bedeutungszuwachses <strong>der</strong> Kritischen Theorie <strong>in</strong> den 70er Jahren auch nennenswert <strong>in</strong><br />

Westdeutschland gegeben hat, hat man durchaus Versuche e<strong>in</strong>er „Politischen Ökonomie<br />

des Ausbildungssektors“ erprobt. Es gab und gibt sie vere<strong>in</strong>zelt bis heute <strong>–</strong> Ansätze e<strong>in</strong>er<br />

Kritischen Pädagogik, die sich stark für die Sozialgeschichte <strong>der</strong> Erziehung und hierbei<br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e für ökonomische (o<strong>der</strong> soziale und politische) E<strong>in</strong>flussfaktoren des <strong>Bildung</strong>ssystems<br />

<strong>in</strong>teressiert. Zum<strong>in</strong>dest die Fragestellung ist geblieben: Lassen sich historische Stationen<br />

bei <strong>der</strong> Gestaltung des <strong>Bildung</strong>ssystems auf bestimmte Bee<strong>in</strong>flussungen von außen<br />

und auf bestimme außerpädagogische Interessenslagen zurückführen? „<strong>Bildung</strong>“ hat sich<br />

dabei immer als ambivalentes Instrument <strong>der</strong> Herrschaftssicherung herausgestellt: Zum<br />

e<strong>in</strong>en hat kaum e<strong>in</strong>e Macht darauf verzichtet, ihre „Legitimität“ auch über das <strong>Bildung</strong>ssystem<br />

sicherzustellen. Und doch musste man stets mit dem Eigens<strong>in</strong>n von <strong>Bildung</strong>sprozessen<br />

rechnen: Dass nämlich selbstdenkende Individuen entstehen könnten, die ihr Schicksal <strong>in</strong><br />

die eigenen Hände nehmen wollen. <strong>Bildung</strong> und Herrschaft, so Heydorn, stehen daher<br />

immer <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em (potentiell) wi<strong>der</strong>sprüchlichen Verhältnis zue<strong>in</strong>an<strong>der</strong>.<br />

Auch die E<strong>in</strong>flussnahme durch die Wirtschaft war nie so gradl<strong>in</strong>ig, wie es e<strong>in</strong>e mechanistisch-materialistische<br />

Theorie suggerieren wollte. Denn „die Wirtschaft“ ist bei allem geme<strong>in</strong>samen<br />

Interesse am Gew<strong>in</strong>n e<strong>in</strong> <strong>in</strong> sich heterogener Bereich, <strong>der</strong> durchaus unterschiedliche<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen an das <strong>Bildung</strong>ssystem formuliert. Zu er<strong>in</strong>nern ist nur an den bildungspolitischen<br />

Streit im deutschen Kaiserreich am Ende des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts, als die<br />

konservative Montan<strong>in</strong>dustrie bloß ger<strong>in</strong>g qualifizierte Berg- und Stahlarbeiter brauchte<br />

(und daher eher e<strong>in</strong>en Rückbau des <strong>Bildung</strong>swesens for<strong>der</strong>te), während die mo<strong>der</strong>ne Chemie-<br />

und Elektro<strong>in</strong>dustrie nicht bloß weltoffen agierte, um neue Märkte zu erschließen,

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