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Kulturelle Bildung in der Bildungsreformdiskussion – Konzeption ...

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10. NACHWORT<br />

KULTURPÄDAGOGIK UND SCHULE 261<br />

Der vorliegende Text hatte zwar als pragmatischen Anlass, e<strong>in</strong>ige Reflexionen für die Untersuchung<br />

geeigneter Kooperationsformen von Schule und Jugendkulturarbeit beizutragen.<br />

Recht schnell wurde mir jedoch deutlich, dass dies kaum mit e<strong>in</strong>er bloß pragmatischen<br />

Formulierung geeigneter Kriterien o<strong>der</strong> „Standards“ für e<strong>in</strong>e solche Kooperation gel<strong>in</strong>gen<br />

kann. Denn sowohl die Schule als auch die außerschulische Pädagogik bef<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er Legitimationskrise, <strong>der</strong>en Herkunft <strong>–</strong> so die Ausgangsvermutung <strong>–</strong> so tiefgehend ist,<br />

dass man sie mit e<strong>in</strong>igen Reparaturleistungen kaum wird beheben können. Als e<strong>in</strong>e Ursache<br />

<strong>der</strong> aktuellen Probleme von Schule und Jugend(kultur)arbeit wurden strukturelle Wi<strong>der</strong>sprüche<br />

<strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne identifiziert, die <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e für das <strong>Bildung</strong>s- und Erziehungssystem<br />

so gravierend s<strong>in</strong>d, weil es dieses als <strong>in</strong>stitutionalisierte „Arbeit am Subjekt“ mit dem<br />

E<strong>in</strong>zelnen zu tun hat, <strong>der</strong> für sich e<strong>in</strong>e Form <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>spruchsbearbeitung f<strong>in</strong>den muss. In<br />

Zeiten des Wohlstandes und Wachstums gibt es dabei vielfältige Möglichkeiten, diese grundsätzliche<br />

Wi<strong>der</strong>sprüchlichkeit zu überdecken. In Zeiten ökonomischer, politischer, kultureller<br />

und sozialer Krisen gel<strong>in</strong>gt dies nicht mehr. Insbeson<strong>der</strong>e stellt sich die entscheidende<br />

Frage, welche Rolle bislang <strong>der</strong> Wohlfahrtsstaat hatte und wie es mit diesem Modell e<strong>in</strong>er<br />

gesellschaftlichen Integration weitergehen wird. Alle gesellschaftlichen Bereiche, so die<br />

Analyse, waren bislang (und s<strong>in</strong>d es noch) auf den Typus e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>dustriegesellschaftlichen<br />

Arbeitsgesellschaft ausgerichtet. Hier fand die Schule ihren systematischen Platz, weil die<br />

Versprechen e<strong>in</strong>es Auskommens <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft auf <strong>der</strong> Basis schulisch erworbener Kompetenzen<br />

h<strong>in</strong>reichend Motivation entfaltet hat, um sie durchstehen zu können. In dem Augenblick,<br />

<strong>in</strong> dem dieses Versprechen <strong>in</strong> die Zukunft brüchig wird, verliert nicht nur die<br />

Schule dieses Legitimationspolster, son<strong>der</strong>n es verliert auch die auf soziale Integration angelegte<br />

Sozialpädagogik ihre zentrale Begründung.<br />

Davon bleibt auch die Kulturpädagogik nicht unberührt. Sie ist für die nunmehr notwendigen<br />

Klärungsprozesse allerd<strong>in</strong>gs erheblich schlechter gerüstet als Schule und Sozialpädagogik,<br />

weil e<strong>in</strong>e Verankerung <strong>in</strong> Hochschulen nur selten gelungen ist, so dass e<strong>in</strong>e genu<strong>in</strong>e<br />

Aufgabe e<strong>in</strong>er akademischen Erziehungswissenschaft, nämlich systematische Reflexion von<br />

Praxis zu se<strong>in</strong>, nur unzulänglich erfüllt werden kann.<br />

Ich lasse mich <strong>in</strong> diesem Text zudem auf jüngst vorgetragene kritische Anfragen an die<br />

(Neue) Kulturpädagogik e<strong>in</strong>, ob sie den ambitionierten Kulturbegriff wirklich angemessen<br />

<strong>in</strong> ihrer Theorie und Praxis berücksichtigt. Zwar kann dies <strong>in</strong> diesem kurzen Text nicht<br />

ausgeführt werden <strong>–</strong> er dient <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht eher als Leseleitfaden für an<strong>der</strong>e Texte <strong>–</strong>,<br />

doch kann den kritischen Anfragen zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong> erstes Antwortangebot gemacht werden.<br />

So b<strong>in</strong> ich auch <strong>der</strong> Überzeugung, dass e<strong>in</strong>e Theorie <strong>der</strong> heutigen Kulturpädagogik sich<br />

ihrer theoretischen Grundlagen <strong>in</strong> unterschiedlichen Bereichen vergewissern muss, u.a.:<br />

· <strong>in</strong> anthropologischer H<strong>in</strong>sicht die Erkenntnis von <strong>der</strong> Erziehungsbedürftigkeit, <strong>der</strong> Bildbarkeit<br />

des Menschen und <strong>der</strong> Alltäglichkeit e<strong>in</strong>es immer schon stattf<strong>in</strong>denden Lernens;<br />

· <strong>in</strong> pädagogischer H<strong>in</strong>sicht, vor allem <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf die Grundbegriffe <strong>Bildung</strong> und<br />

Erziehung. <strong>Bildung</strong> kann dabei durchaus <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tradition bildungsphilosophischen Denkens<br />

als subjektive Teilhabe an <strong>der</strong> (kollektiven) Kultur gedeutet werden;<br />

· <strong>in</strong> <strong>in</strong>haltsbezogener H<strong>in</strong>sicht, wozu <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e e<strong>in</strong>e Reflexion von Kunst und Ästhetik<br />

gehört, wobei das Verhältnis von Eigenlogik und Eigenwert auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Seite und gesellschaftlicher<br />

Wirksamkeit auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite zu beachten ist;

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