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Kulturelle Bildung in der Bildungsreformdiskussion – Konzeption ...

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KULTURPÄDAGOGIK UND SCHULE 255<br />

„kritisch“ wird man die Ansätze rund um e<strong>in</strong>e an Lebhaftigkeit gew<strong>in</strong>nende Politische<br />

Ökonomie <strong>–</strong> etwa rund um die Zeitschrift „Das Argument“ <strong>–</strong> registrieren müssen, zumal<br />

dort Fragen <strong>der</strong> kulturellen Erziehung traditionell e<strong>in</strong>e große Rolle spielen. Hier wird auch<br />

immer wie<strong>der</strong> die Frage nach demjenigen Subjekt aufgegriffen, das im neuen digitalen<br />

Kapitalismus gebraucht wird, wobei Foucaultsche Ansätze e<strong>in</strong>er „Gouvernementalität“ (e<strong>in</strong>er<br />

Mischung aus gouverner und mentalité) fruchtbar s<strong>in</strong>d: Mit welchen (Macht-)Strategien<br />

wird das flexible Subjekt des Hightech-Kapitalismus geformt? <strong>Bildung</strong> war etwa Thema<br />

des Heftes 246 (3/2002) unter dem Schwerpunkt „<strong>Bildung</strong> <strong>–</strong> Krise <strong>–</strong> Hegemonie“.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e ist <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf den <strong>in</strong> den oben genannten Ansätzen e<strong>in</strong>er „Kritischen<br />

Erziehungswissenschaft“ oft wohlwollenden Bezug auf Becks Gesellschaftsanalyse auf die<br />

Fundamentalkritik an Beck durch V. Stork (ebd., S. 302 ff.) h<strong>in</strong>zuweisen, <strong>der</strong> die Passfähigkeit<br />

von Becks Entwurf mit dem Neoliberalismus herausarbeitet. Mit <strong>der</strong> Sozialpädagogik<br />

im Neoliberalismus setzen sich Kroll/Löffler (<strong>in</strong> Heft 256, 3-4/2004) ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, die<br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die Paradigmen <strong>–</strong> o<strong>der</strong> besser dem Zielwechsel <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sozialpädagogik weg<br />

vom Versprechen e<strong>in</strong>er Integration <strong>in</strong> die (Arbeits-)Gesellschaft h<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>er Bearbeitung<br />

von Problemen des Alltags („Lebensweltorientierung“, Thiersch) <strong>–</strong> mit ihren Risiken und<br />

Chancen nachzeichnen. In all diesen Texten kristallisiert sich heraus, dass die sowohl geistig<br />

als auch politisch zu bewältigende Kampfaufgabe <strong>der</strong> Neoliberalismus ist, <strong>der</strong> es geschafft<br />

hat, nicht bloß Verständnisweisen e<strong>in</strong>es „Sozialen Kapitalismus“ im Wirtschaftbereich zu<br />

verdrängen, sich nicht nur <strong>der</strong> Programme (fast) aller Parteien als geradezu „natürlicher“<br />

und daher alternativloser Politikstrategie bemächtigt hat, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> offenbar auch Herrschaft<br />

über die Köpfe <strong>der</strong> Alltagsmenschen hat err<strong>in</strong>gen können. Will man also etwas gegen<br />

diese neue Fundamentalkonzeption erreichen, dann wird man sich an dem Problem abarbeiten<br />

müssen, woher diese ihre Überzeugungskraft offenbar auch bei denjenigen erhält,<br />

die zu ihren Opfern gehört.<br />

Aber was ist eigentlich dieser Neoliberalismus genau? Nimmt man die obige Positionierung<br />

von Schrempp als Credo e<strong>in</strong>er führenden Person e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>ternationalen global player <strong>der</strong><br />

Wirtschaft, dann kann man e<strong>in</strong>ige Elemente erkennen: E<strong>in</strong>e möglichst h<strong>in</strong><strong>der</strong>nisfrei agierende<br />

Tauschgesellschaft, die sich ihre Regeln selbst gibt und die wenig durch den Staat/die<br />

Staaten gestört werden wollen. Insbeson<strong>der</strong>e ist es <strong>der</strong> <strong>–</strong> angeblich nicht bezahlbare und die<br />

freie Marktwirtschaft hemmende <strong>–</strong> Sozialstaat, <strong>der</strong> reduziert werden muss. Im Kampf um<br />

die Hegemonie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gesellschaft zwischen Politik und Wirtschaft ist es e<strong>in</strong>deutig die<br />

Wirtschaft, die zählt. Alle Programme e<strong>in</strong>er Politik <strong>in</strong> Anschluss an J. M. Keynes (<strong>der</strong> se<strong>in</strong>en<br />

Ansatz als Konsequenz aus dem Scheitern <strong>der</strong> neoklassischen Wirtschaftspolitik <strong>der</strong><br />

20er Jahre entwickelt hat) s<strong>in</strong>d von Übel.<br />

Neoliberalismus ist jedoch nicht bloß e<strong>in</strong>e Wirtschaftspolitik, bei <strong>der</strong> sich we<strong>der</strong> Staat noch<br />

an<strong>der</strong>e Organisationen e<strong>in</strong>mischen sollen, son<strong>der</strong>n er ist auch e<strong>in</strong>e Weltanschauung. Von<br />

Werten war die Rede. Gerne schmückt sich <strong>der</strong> Wirtschaftliberalismus mit den Denkfrüchten<br />

des philosophischen Liberalismus, so wie er durchaus <strong>in</strong> <strong>der</strong> Frühzeit <strong>der</strong> Entwicklung<br />

dieser <strong>Konzeption</strong> bei J. Locke und später bei A. Smith noch legitim war. Man er<strong>in</strong>nere<br />

sich, dass es diesen frühen Theoretikern des Marktes um Frieden und Freiheit gegangen ist<br />

vor dem H<strong>in</strong>tergrund e<strong>in</strong>er Zeit <strong>der</strong> Gewalt und des Bürgerkrieges. Der Markt, <strong>in</strong> dem <strong>der</strong><br />

Eigennutz als geme<strong>in</strong>schaftsför<strong>der</strong>nde (!) Kraft wirksam wurde, hatte <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e ke<strong>in</strong>e<br />

zivilisierende Wirkung (vgl. me<strong>in</strong> Text „Markt o<strong>der</strong> Staat“, 2004). Heute ist John Rawls <strong>der</strong><br />

wichtigste philosophische Vertreter mit e<strong>in</strong>er „liberalen“ Moralphilosophie, die die Freiheit<br />

des E<strong>in</strong>zelnen <strong>in</strong> den Mittelpunkt stellt und <strong>der</strong> die gesellschaftliche Ungleichheit nur dann

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