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Kulturelle Bildung in der Bildungsreformdiskussion – Konzeption ...

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298 KULTURELLE BILDUNG UND BILDUNGSREFORM<br />

den von <strong>der</strong> Unterhaltungs<strong>in</strong>dustrie, wenn es auch gelegentliche Berührungen gibt. Sie wollen<br />

die Kultur im traditionellen S<strong>in</strong>ne erhalten und för<strong>der</strong>n, und Sie haben, ohne dass ich dies<br />

hier näher begründen will, recht damit. Sie zeigen mit Ihrer Anfrage, dass Sie e<strong>in</strong> <strong>Bildung</strong>sverständnis<br />

besitzen, <strong>in</strong> dem diese Kultur wesentlicher Bestandteil ist. Sie vertreten diese Position<br />

als Interessenverband <strong>der</strong> Kultur Ausübenden, also <strong>der</strong> Menschen, die <strong>in</strong> ihr leben und ihr ihr<br />

Leben gewidmet haben. Ihre Überzeugungen s<strong>in</strong>d also mehr als ‚<strong>Bildung</strong>sgut’, Sie leben sie<br />

und damit können Sie überzeugen. Dessen ungeachtet wissen Sie, dass Sie sich, wohl stärker<br />

als Ihre Vorgänger, auf schwankendem Boden bewegen und dass Ihre Umwelt sie nicht unbed<strong>in</strong>gt<br />

stützt. Das Klima im Lande ist nicht musenfreundlich: große Schriftsteller ereifern sich<br />

über die Rechtschreibreform, nicht aber über das Orchestersterben.<br />

Ihrer Anfrage liegt e<strong>in</strong>e Besorgnis zugrunde: dass es um Kultur wie kulturelle <strong>Bildung</strong> schlecht<br />

stehe. Das ist die e<strong>in</strong>e Wahrheit <strong>–</strong> man denke an die Opern- und Orchesterprobleme Berl<strong>in</strong>s<br />

und entsprechende Entwicklungen vieler Kommunen. Die an<strong>der</strong>e Wahrheit s<strong>in</strong>d die<br />

Großereignisse à la MOMA o<strong>der</strong> Flick Sammlung. Darüber, wie sich beide Wahrheiten<br />

zue<strong>in</strong>an<strong>der</strong> verhalten, mag man spekulieren: soll man so boshaft se<strong>in</strong>, sie <strong>der</strong>art mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

zu verb<strong>in</strong>den, dass <strong>der</strong> Glanz <strong>der</strong> Großereignisse das Elend manches kulturellen Alltags<br />

verdecken soll?<br />

Auch wenn also manches im Kulturverständnis und <strong>der</strong> Kulturpraxis umstritten ist, richten<br />

dennoch alle Kulturliebhaber große Hoffnungen auf den Staat und se<strong>in</strong>e Schulen.<br />

II Auf den Staat ist wenig Verlass, we<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Kultur<br />

noch bei <strong>der</strong> <strong>Bildung</strong><br />

Früher war auf den Staat <strong>in</strong> Sachen Kultur Verlass. Das galt für die alte Bundesrepublik<br />

ebenso wie für die DDR. Verlass war darauf, dass die Musikschule unterstützt wurde, kulturelle<br />

<strong>Bildung</strong> ihren Platz <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schule hatte, Bibliotheken geför<strong>der</strong>t wurden. Wer dieses<br />

Vertrauen heute nach wie vor hat, ist naiv. Beispielhaft für heutige Tendenzen ist die Universitätspolitik<br />

vieler Län<strong>der</strong> <strong>–</strong> egal ob CDU- o<strong>der</strong> SPD-regiert: Geisteswissenschaften werden<br />

zusammengestrichen; Hamburg ist dafür <strong>der</strong>zeit das abschreckendste Beispiel. Sie kennen<br />

auch die Vernachlässigung <strong>der</strong> Universitätsbibliotheken. Museen verkürzen ihre Öffnungszeiten<br />

usw. Sie wissen dies alles sehr viel besser als ich.<br />

Wer <strong>in</strong> unserer Gesellschaft <strong>in</strong> Sachen Kultur etwas ‚voranbr<strong>in</strong>gen’ will, darf sich nicht auf<br />

den Staat verlassen. Staatliches Handeln unterliegt vielen Zwängen und wechselnden Moden.<br />

Vor allem muss man im Zeitalter <strong>der</strong> Globalisierung und <strong>der</strong> Neustrukturierung des<br />

Sozialstaates davon ausgehen, dass ‚klassische’ Staatsaufgaben weniger denn je gesichert<br />

s<strong>in</strong>d, denn <strong>der</strong> Staat hat schwierige sozialpolitische Aufgaben zu lösen, die f<strong>in</strong>anziellen Spielräume<br />

werden enger, <strong>der</strong> Staat muss se<strong>in</strong>e Tätigkeiten e<strong>in</strong>schränken. Es wird daher rücksichtslos<br />

gestrichen <strong>–</strong> jedenfalls oft. In realistischer Sicht wird man wohl sagen müssen: wir<br />

s<strong>in</strong>d noch lange nicht am Ende <strong>der</strong> Talfahrt.<br />

Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: ich will den Staat und se<strong>in</strong>e Repräsentanten auf kommunaler,<br />

Län<strong>der</strong>- o<strong>der</strong> Bundesebene nicht schlecht machen; die Handelnden unterliegen<br />

Zwängen, und ke<strong>in</strong>er von uns weiß, wie er sich an Stelle von Flierl o<strong>der</strong> Faltlhauser verhalten<br />

würde. Man muss nüchtern analysieren, wie die Lage ist, und daraus Konsequenzen<br />

ziehen. Diese können nicht dar<strong>in</strong> bestehen, zu schreien o<strong>der</strong> zu resignieren.

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