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Kulturelle Bildung in der Bildungsreformdiskussion – Konzeption ...

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198 KULTURELLE BILDUNG UND BILDUNGSREFORM<br />

sequenz e<strong>in</strong>es liberalisierten Staates, <strong>der</strong> eben ke<strong>in</strong>e unspezifische Sozialpädagogik mehr<br />

f<strong>in</strong>anziert, son<strong>der</strong>n bestenfalls die allernotwendigste Hilfe <strong>in</strong> Notfällen bereitstellt, zurückscheut.<br />

Es betrifft aber auch aktuelle Texte zur Schule, wie etwa das Studienbuch von Brüsemeister/Eubel<br />

(2003). „Mo<strong>der</strong>nisierung“ wird dort zwar <strong>in</strong> verschiedenen Dimensionen<br />

durchdekl<strong>in</strong>iert, u.a. als:<br />

erweiterte Verantwortung von Schule,<br />

Demokratisierung von Entscheidungsstrukturen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Bildung</strong>spolitik, etwa durch<br />

Übergang bisheriger staatlicher Setzungen zu frei auszuhandelnden Verträgen,<br />

Verän<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> gesellschaftlichen Werthaltungen,<br />

Qualitätsentwicklung und -sicherung <strong>in</strong> Schulen.<br />

All dies ist auf <strong>der</strong> Höhe <strong>der</strong> Zeit und <strong>in</strong>struktiv. Doch sche<strong>in</strong>t die oben angesprochene<br />

Umorientierung <strong>in</strong> Sachen Sozial- bzw. Wohlfahrtsstaat (auch „<strong>Bildung</strong>“ ist <strong>–</strong> für die deutsche<br />

Auffassung eher ungewöhnlich <strong>–</strong> Teil des Wohlfahrtsstaates und wird daher auch <strong>in</strong><br />

vielen Län<strong>der</strong>n als Bereich <strong>der</strong> Sozialpolitik e<strong>in</strong>geordnet) erheblich unterbelichtet zu se<strong>in</strong>.<br />

Deutlich wird dies an dem knappen Kapitel „Markt“, <strong>der</strong> lediglich auf „freie Schulwahl“<br />

und die Frage e<strong>in</strong>geht, ob private <strong>Bildung</strong>se<strong>in</strong>richtungen „effizienter“ seien. Der Autor<br />

sche<strong>in</strong>t sehr schnell dadurch beruhigt zu se<strong>in</strong>, dass empirische Studien ke<strong>in</strong>e bessere „Effizienz“<br />

bei privaten Angeboten festgestellt haben, womit implizit e<strong>in</strong>e Rationalität bei <strong>der</strong><br />

Entscheidung über unser zukünftiges Staatsmodell unterstellt wird, die dies als Entscheidungskriterium<br />

akzeptiert.<br />

Bleiben wir noch e<strong>in</strong>e Weile bei <strong>der</strong> Strukturanalyse <strong>der</strong> gegenwärtigen Schule. Interessant<br />

ist <strong>in</strong> diesem Kontext die <strong>in</strong>ternationale, vor allem auf Westafrika bezogene Untersuchung<br />

von Christel Adick (1992), da sie die Annahme wi<strong>der</strong>legt, die dortigen Schulen wären von<br />

den ehemaligen Kolonialmächten nach dem heimatlichen Muster e<strong>in</strong>geführt worden. Adick<br />

zeigt, dass „die strukturgeschichtliche Entwicklung <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Schule als e<strong>in</strong> weltweiter,<br />

relativ überdauern<strong>der</strong> historischer Prozess (verstanden werden muss, M.F.), <strong>der</strong> se<strong>in</strong>en Ursprung<br />

<strong>in</strong> Europa hatte, <strong>in</strong> dem aber ke<strong>in</strong> „europäisches“ Modell von Schule entstanden ist,<br />

das dann auf die ganze Welt übertragen worden wäre. Vielmehr konvergierten … verschiedene<br />

historische Entwicklungsl<strong>in</strong>ien durch die zunehmende Internationalisierung von Produktions-<br />

und Reproduktionsprozessen <strong>in</strong> den letzten Jahrhun<strong>der</strong>ten zu e<strong>in</strong>em global wirksamen,<br />

relativ ähnlich strukturierten, nationalstaatlich organisierten Modell öffentlicher<br />

Pflichtschulsysteme“ (ebd., S. 284). Folgerichtig spricht Adick von <strong>der</strong> „Universalisierung<br />

<strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Schule“. Die Annahme sche<strong>in</strong>t zu se<strong>in</strong>, dass überall dort, wo Schule entsteht,<br />

sie auf e<strong>in</strong>e ähnliche Weise entsteht. Dies mag mit überall gleichen gesellschaftlichen Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

zu tun haben, was auch <strong>in</strong>sofern an Plausibilität gew<strong>in</strong>nt, als wir es überall mit<br />

e<strong>in</strong>em im Grundsatz gleich funktionierenden Wirtschaftsystem, e<strong>in</strong>er Variante von Kapitalismus,<br />

zu tun haben und sich auch die politischen Formen angleichen. Zudem s<strong>in</strong>d soziale<br />

Verän<strong>der</strong>ungsprozesse, so wie sie im Kontext <strong>der</strong> Zweiten Mo<strong>der</strong>ne thematisiert werden<br />

(Stichworte: Individualisierung, Pluralisierung) unter dem stärker werdenden E<strong>in</strong>fluss e<strong>in</strong>er<br />

sozialen, kulturellen, politischen und ökonomischen Globalisierung <strong>in</strong>zwischen <strong>in</strong> allen<br />

Gesellschaften vorzuf<strong>in</strong>den. Ähnliche Wandlungsprozesse, so wie sie oben anhand des<br />

Buches von Galuske (2002) unter dem Stichwort Flexibilisierung (<strong>der</strong> Arbeitsgesellschaft,<br />

des Habitus, des Sozialstaates und <strong>der</strong> Pädagogik) vorgestellt wurden, stehen zudem weltweit<br />

auf <strong>der</strong> Agenda und werden entwe<strong>der</strong> freiwillig von den entwickelten Län<strong>der</strong>n im<br />

Rahmen e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>schaftlich getragenen Ideologie des Neoliberalismus von selbst angestrebt<br />

und realisiert, o<strong>der</strong> sie werden <strong>–</strong> gerade <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf Entwicklungslän<strong>der</strong> <strong>–</strong> von

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