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Kulturelle Bildung in der Bildungsreformdiskussion – Konzeption ...

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KULTURPÄDAGOGIK UND SCHULE 257<br />

hierfür e<strong>in</strong> gutes Beispiel. Wer sie für bare Münze nimmt und nicht mit <strong>der</strong> beobachtbaren<br />

Realität vergleicht, kann durchaus aufgrund des humanitären Gehalts bee<strong>in</strong>druckt se<strong>in</strong>.<br />

Möglicherweise brauchen Akteure des Neoliberalismus auch e<strong>in</strong>e solche Selbstvergewisserung,<br />

wenn wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>mal Fabriken geschlossen bzw. ganze Landstriche zum Elend verurteilt<br />

werden. Bei <strong>der</strong> Veranstaltung, bei <strong>der</strong> Schrempp diese These vortrug, war e<strong>in</strong>er <strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>en Hauptredner <strong>der</strong> Wirtschaftnobelpreisträger Armatya Sen, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e völlig an<strong>der</strong>e<br />

<strong>Konzeption</strong> von Freiheit und Demokratie, von staatlichem Engagement und von verantwortungsbewusstem<br />

Wirtschaften vorgetragen hatte <strong>–</strong> was neoliberale Chefideologen wie<br />

<strong>der</strong> frühere Bundesbankpräsident Tietmeier sofort als „Ideologie“ abtaten <strong>–</strong> „ideologisch“<br />

s<strong>in</strong>d nämlich stets die an<strong>der</strong>en. Verwechseln darf man diesen Liberalismus auch nicht mit<br />

dem philosophischen System von Rawls und an<strong>der</strong>en, <strong>der</strong>en Position eher <strong>der</strong> traditionellen<br />

Sozial-Demokratie vor ihrer neoliberalen Wende zum „Dritten Weg“ nahe kommt. Wie<br />

weit sich <strong>der</strong> heutige Wirtschaftsliberalismus von se<strong>in</strong>en philosophisch-politischen Wurzeln<br />

entfernt hat, konnte man am Umgang <strong>der</strong> FDP mit Bürgerrechten (etwa bei <strong>der</strong> E<strong>in</strong>führung<br />

weiterer staatlicher Überwachungsmöglichkeiten) sehen, was se<strong>in</strong>erzeit zum Rücktritt<br />

<strong>der</strong> FDP-Justizm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> Leuthäuser-Schnarrenberger geführt hat.<br />

Neoliberalismus im Überblick<br />

Im folgenden will ich stichwortartig beschreiben, wie neoliberale Positionen <strong>in</strong> den verschiedenen<br />

Gesellschaftsfel<strong>der</strong>n aussehen könnten. Galuske (2002, S. 293) fasst se<strong>in</strong>e Analyse<br />

des Wandels von <strong>der</strong> <strong>in</strong>dustriegesellschaftlichen zur flexiblen Arbeitsgesellschaft <strong>in</strong> drei<br />

Merkmalen zusammen:<br />

Flexibilisierung <strong>der</strong> Arbeitsgesellschaft,<br />

Vermarktlichung des Sozialstaates,<br />

Ökonomisierung <strong>der</strong> alltäglichen Lebensführung.<br />

Diese allgeme<strong>in</strong>en Trends, die ich auch so sehe, will ich an e<strong>in</strong>igen speziellen Dimensionen<br />

von Staat und Gesellschaft aufzeigen:<br />

Wirtschaftsordnung: Abbau sozialer Sicherungssysteme, „Stärkung <strong>der</strong> Eigenverantwortung“,<br />

Abbau von staatlichen Regularien: Deregulierung, Freihandelszonen (allerd<strong>in</strong>gs: Beibehaltung<br />

von Subventionen im eigenen Bereich, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Rhetorik bekämpft, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Realität erwünscht;<br />

Beispiel: Agrarsubventionen <strong>der</strong> EU), Abbau von Schutzregeln im Arbeitsrecht,<br />

Lockerung des Kündigungsschutzes („Flexibilisierung“), Rückbau von Mitbestimmung,<br />

Reduzierung <strong>der</strong> Macht <strong>der</strong> Gewerkschaften, Lockerung <strong>der</strong> Kartellgesetzgebung, ke<strong>in</strong>e<br />

Vollbeschäftigungsgarantie. Globalisierung und Digitalisierung kommen <strong>der</strong> Handlungslogik<br />

des Neoliberalismus sehr entgegen, da er „naturgemäß“ expansiv ist und rasche Kommunikationswege<br />

braucht („Vernetzung“).<br />

Wohlfahrtsstaat 1: wird <strong>in</strong> all se<strong>in</strong>en Ausprägungen bekämpft, These von den zu hohen<br />

Lohnnebenkosten, gilt als Standortnachteil im <strong>in</strong>ternationalen Wettbewerb, Denunziation<br />

<strong>der</strong> potentiellen Nutzer („soziale Hängematte“). Allerd<strong>in</strong>gs: In <strong>der</strong> Geschichte haben sich<br />

sehr verschiedene Typen des Wohlfahrtsstaates herausgebildet. (Esp<strong>in</strong>g-An<strong>der</strong>sons „drei<br />

Welten“-Theorie: skand<strong>in</strong>avisches, kont<strong>in</strong>entales und angelsächsisches Modell), je<strong>der</strong><br />

allerd<strong>in</strong>gs basierend auf e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en kulturellen Tradition des Helfens und des Staates.<br />

Wohlfahrtsstaat 2: Kulturpolitik: Rückbau öffentlicher Verantwortung, mehr privatwirtschaftliche<br />

Strukturen, Kunst und Kultur als Dienstleistungen im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> EU (also ke<strong>in</strong>e

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