Festung Europa
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Integration<br />
verbindlichen Staatenbund, der die SouveränitätsrechtederMitgliedstaatenunangetastetlassensollte.<br />
Hier wird kein Gesamtstaat mit eigener Staatsgewalt<br />
und eigenen Staatsorganen angestrebt. Die Mitgliedstaaten<br />
können sich zwar verpflichten, gemeinsame<br />
Einrichtungen zu unterhalten und gemeinsam einheitliche<br />
Gesetze zu erlassen; diese müssen aber, um<br />
rechtsverbindlich zu werden, gemäß den Bestimmungen<br />
der Mitgliedstaaten als Übereinkommen<br />
verabschiedetwerden.DeshalbistdieseineFormder<br />
�intergouvernementalen Zusammenarbeit zwischen<br />
Staaten. Grundgedanke ist, dass allein der klassische<br />
NationalstaatüberdieMittelverfüge,diezuroptimalen<br />
Entwicklung einer modernen Nation notwendig<br />
seien.<br />
Die Föderalisten gehen davon aus, dass es eine Reihe<br />
von Problemen gibt, die nur in einem sehr engen Verbund<br />
der Mitgliedstaaten mit eigenständigen Entscheidungsstrukturen<br />
zu lösen sind. Ein Teil der gemeinsamen<br />
Politik wird dann über die eigens hierfür<br />
ausgebildeten supranationalen Organe betrieben.<br />
Vorteile:<br />
– größere Effizienz durch die Bündelung gemeinsamer<br />
Ressourcen (z. B. in der Forschungs- und Technologiepolitik);<br />
– wirksame Lösungen bei Problemen, die nationale<br />
Grenzen überschritten haben (z. B. in der Umweltpolitik);<br />
– größere Wettbewerbschancen auf dem Weltmarkt<br />
durch gegenseitiges Abstimmen von Normen (z. B.<br />
in der Außenhandelspolitik);<br />
– das Setzen von Standards gibt auch den weniger<br />
entwickelten Mitgliedstaaten Anreiz zu neuen Anstrengungen<br />
(z. B. soziale Dimension, Verbraucherschutzniveau);<br />
– die Lasten des Strukturwandels können in gegenseitiger<br />
Solidarität getragen werden.<br />
Die föderale Idee geht davon aus, dass bestimmte<br />
Kompetenzen bei den Gliedstaaten verbleiben, d. h.<br />
die Mitgliedstaaten werden sich nicht auflösen. Deshalb<br />
wird der Begriff Föderation auch mit Bundesstaat<br />
gleichgesetzt. Das Austarieren der Balance<br />
zwischen den Mitgliedstaaten und der europäischen<br />
Struktur ist Ausdruck eines lebendigen Föderalismus.<br />
Da keines der beiden Modelle ohne Weiteres zu verwirklichen<br />
war, einigten sich die Gründerstaaten der<br />
EWG, den Weg der sektoriellen Teilintegration einzuschlagen:<br />
Es wurde nur ein bestimmter definierter<br />
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Teilbereich (EGKS: Kohle und Stahl; EWG: Agrarund<br />
Zollbereich; EAG: Atomwirtschaft) vergemeinschaftet.<br />
Die Erwartung war, dass sich die in der engen<br />
wirtschaftlichen Kooperation angesammelten<br />
Erfahrungen auch auf andere Bereiche ausdehnen<br />
lassen werden (Funktionalismus) und zuletzt auch<br />
sensiblere politische Sachbereiche einbezogen werden<br />
können („spill over“). Während beim Ansatz des<br />
Funktionalismus der Integrationsprozess eher inkrementalistischerNatur,d.h.aufZuwachsangelegtist,<br />
ist Ausgangspunkt des Föderalismus/Konföderalismus<br />
eine politische Willenserklärung und ggf. damit<br />
verbunden ein verfassungsähnlicher Akt.<br />
Der Prozess der Vertiefung der politischen Integration<br />
erwies sich als problematisch: Alle Versuche, ein<br />
politisches Dach über die bisherigen Integrationsfortschritte<br />
zu wölben, verliefen erfolglos (�Verfassungsvertrag<br />
2004, �Verfassungsentwürfe). So war<br />
es in den siebziger Jahren nur möglich, einen Teilbereich<br />
originärer nationalstaatlicher Kompetenz im<br />
Kooperationsverfahren (intergouvernemental) in<br />
gemeinsames Handeln zu überführen (�Europäische<br />
Politische Zusammenarbeit). Erst mit dem Vertrag<br />
über die Europäische Union (1993) ist es gelungen,<br />
drei Säulen unterschiedlicher Integrationsqualität<br />
mit einem Unions-Vertrag zu überwölben.<br />
Die bisherige Entwicklung der europäischen Integration<br />
zeigt zwei unterschiedliche Formen: Einmal<br />
gibt es im Vertragswerk festgeschriebene Ziele, die<br />
bei den Mitgliedstaaten keine unmittelbaren Kosten<br />
verursachen, so dass man davon ausgeht, dass der<br />
Markt selbst zu einer gerechten Verteilung der Güter<br />
führt und deshalb keine flankierenden Strukturmaßnahmen<br />
vonseiten der EU notwendig sind (negative<br />
Integration, z. B. europäischer Binnenmarkt). Dann<br />
wieder gibt es Politikbereiche, in denen die EU politisch<br />
gestaltend agiert, was auch haushaltsrelevante<br />
Kostenansätze zur Folge hat (positive Integration,<br />
z. B. wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt).<br />
3. Gegenstandsbeschreibung: Die europäische Integration<br />
ist immer noch durch ihre Prozesshaftigkeit<br />
gekennzeichnet; die endgültige Form der Integration<br />
ist noch nicht erreicht. Die Europäische Union, so<br />
wie sie sich aktuell darstellt, ist eine Mischung aus<br />
den beiden Elementen Konföderation und Föderation:<br />
Es gibt nebeneinander sowohl supranationale<br />
wie intergouvernementale Elemente. Das deutsche<br />
Bundesverfassungsgericht hat deshalb in seinem Urteil<br />
zum Vertrag über die Europäische Union als