Festung Europa
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schon seit langem Video- und seit kurzem DVD-<br />
Rekorder; diese erfordern aber immer noch eine gezielte<br />
und sehr eingeschränkte Auswahl, um sich<br />
orts- und zeitunabhängig audiovisuell zu informieren<br />
und zu unterhalten. Für eine mit vielen Angeboten<br />
konfrontierte Bevölkerung erscheint es fast ein<br />
Glücksfall, wenn sie bei nicht hoch ausgeprägter<br />
Motivation zufällig auf <strong>Europa</strong>-Sendungen trifft.<br />
Dabei gibt es ein umfangreiches Repertoire entsprechender<br />
Programme, die, einmal gesendet, für lange<br />
ZeitindenArchivenverschwinden.Zwarmageshier<br />
manchmal Rechte-Probleme geben, doch das Bereitstellen<br />
bisheriger Produktionen zur jederzeitigen<br />
Online-Nutzung einerseits und die neuen Möglichkeiten<br />
der Festplattenrekorder zur Aufnahme ganzer<br />
thematischer Sendungsblöcke oder auch größerer<br />
Programmstrecken andererseits, erleichtern die Verfügbarkeit<br />
eben auch von <strong>Europa</strong>-Inhalten immens,<br />
zum Beispiel vor Geschäfts- oder Urlaubsreisen.<br />
Die vielleicht größte Veränderung in der Kommunikationswelt<br />
ist die Einführung der Mobiltechnologie.<br />
Seit Beginn der 1990er Jahre hat sich gerade in<br />
<strong>Europa</strong> eine fast vollständige Penetrierung mit Mobiltelefonen<br />
ergeben. Gleichzeitig und darauf folgend<br />
wurden auch Computer (Laptops, PDAs) sowie<br />
die Zwischenformen und aktuell Computerspielkonsolen<br />
mobil. Dies realisiert die bereits genannte Situationszentrierung.<br />
Zugleich belegt es den Befund,<br />
dass digitale Kommunikation räumliche Mobilität<br />
nicht reduziert, sondern weiter steigen lässt. Innerhalb<br />
<strong>Europa</strong>s haben besonders Kurzreisen, nicht zuletzt<br />
durch Schengen und preiswerte Flüge, weiter<br />
zugenommen. Das wirtschaftliche Zusammenwachsen<br />
hat den Geschäftsverkehr ebenfalls gesteigert.<br />
Mit dieser geographischen Mobilität hat dann auch<br />
die kommunikative weiter zugenommen.<br />
Führend waren hier in Technologie und Gebrauch<br />
zunächst die skandinavischen Länder, sogar vor anderen<br />
Weltregionen. Inzwischen wird man vom Abklingen<br />
des sog. Fernsehzeitalters sprechen können,<br />
und auch die Periode der PC-Dominanz dürfte abgelöst<br />
werden durch das Zeitalter der Mobilkommunikation.<br />
Dies ist keine nur auf Nutzungsformen bezogene<br />
Frage.<br />
Das Fernsehen hat als Leitmedium Themen, Denkweisen,Personenbewertungen,jadieWahrnehmung<br />
von Politik, Wirtschaft und Kultur deutlich geprägt.<br />
Mit der Mobilkommunikation steht ein ähnlich einflussreiches<br />
Paradigma an. Es ermöglicht die Ver-<br />
Medienentwicklung<br />
bindung aus geographischem und kommunikativem<br />
Zusammenwachsen innerhalb <strong>Europa</strong>s weit mehr,<br />
als es das Fernsehen in der traditionellen Form mit<br />
seinen doch fixierten Raum- und Zeitmöglichkeiten<br />
geboten hat. Sowohl für die Kommunikations- und<br />
Informationspolitik rund um <strong>Europa</strong>-Inhalte sowie<br />
natürlich auch für die medienpolitischen Perspektiven<br />
der Gestaltung von Technologie, Struktur und<br />
Regulierung bedeuten diese Entwicklungen neue<br />
Möglichkeiten. Mit dem britischen Ofcom-Modell,<br />
das für die Medienregulierung eine Abkehr von restriktiven<br />
Ansätzen als Ausgangspunkt und eine<br />
stark fördernde Politik für Konvergenz vorsieht, dabei<br />
gleichzeitig massiv auf Selbstregulierung setzt,<br />
ist ein interessanter Ansatz gegeben, der auch in anderen<br />
Ländern bzw. für ganz <strong>Europa</strong> den Realitäten<br />
entsprechend geprüft werden müsste. Mit einer Loslösung<br />
der Kommunikation von dominierend offiziellen<br />
Kanälen hin zu stärker vielfältigen und informellen<br />
Formen wird sich in Teilen die national notwendige<br />
Garantie glaubwürdiger und ethisch vertretbarer<br />
Inhalte auf die Gewährleistung entsprechender<br />
Infrastrukturen verlagern. Hier spielen die<br />
öffentlich-rechtlichen Anbieter in ganz <strong>Europa</strong> vermutlich<br />
auch weiterhin eine zentrale Rolle.<br />
Aus der Erkenntnis heraus, dass Kommunikation<br />
und speziell Massenkommunikation der „Kitt“ der<br />
Gesellschaft und natürlich auch <strong>Europa</strong>s ist, wird es<br />
garantierte Inhaltsstrukturen geben müssen, die diesem<br />
Prinzip gerecht werden. Sechs Bereiche definieren,<br />
z. T. in bestehenden Verträgen (unter anderem<br />
demAmsterdamerVertrag),dienotwendigen,jedem<br />
europäischen Bürger zugänglich zu machenden Inhalte:<br />
– Information als vollständige und glaubwürdige Ereignis-<br />
und Themenberichterstattung, dabei auch<br />
Gewährleistung einer hinreichenden, wirtschaftlich<br />
unabhängigen Repräsentanz auch internationaler<br />
Positionen.<br />
– Pluralismus als Zugang zum Senden und Empfangen<br />
durch alle gesellschaftlichen Gruppierungen,<br />
gerade auch von Minderheiten, kommerziell angeblich<br />
nicht relevanten Zielgruppen sowie in kleineren<br />
Ländern. Hier liegt durch die grenzüberschreitende<br />
Kommunikation die Chance, eine Ballung von Programmen<br />
vorzunehmen, z. B. für Roma, die national<br />
kaum möglich ist.<br />
– Forum-Funktion. Der eher abnehmende Austausch<br />
von Film- und Fernsehproduktionen inner-<br />
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