Festung Europa
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Ostasienpolitik<br />
18. und 20. Jh. in der klassischen Form von Handelsund<br />
später Siedlungskolonialismus bestimmt die politische<br />
wie ökonomische Entwicklung Ostasiens.<br />
Dabei spielen Kooperation, Machtteilung und<br />
MachtkonfliktzwischendeneuropäischenKolonialmächten<br />
eine wichtige Rolle. Hier ist, neben der kooperativ<br />
angelegten portugiesischen Handelsstützpunktpolitik<br />
(z. B. Macao), insbes. die Verbindung<br />
von Handels- und Siedlungspolitik der holländischen<br />
Kolonialpolitik in Indonesien, die mit repressivem<br />
Militäreinsatz abgesichert wird, und der ähnlich<br />
angelegten französischen Politik in Indochina<br />
sowie vor allem der britische Kolonialismus zu nennen.<br />
Dieser verbindet seine Stützpunktpolitik (z. B.<br />
Singapur und Hongkong) mit einer politisch-strategischwieökonomischglobalangelegtenMachtpolitik<br />
von China über das heutige Malaysia und Burma<br />
(Myanmar) bis über Indien, den Nahen Osten und<br />
Malta. Neben diesen kolonialen Beziehungsmustern<br />
bilden sich aber insbes. im Verlaufe des 19. Jhs. Beziehungen<br />
zwischen europäischen und unabhängigen<br />
asiatischen Staaten wie z. B. dem Königreich<br />
Thailand und den Kaiserreichen China und Japan heraus,<br />
die von formaler Unabhängigkeit der Partner<br />
geprägt sind. Diese reichen von einer weitgehenden<br />
Abhängigkeit (wie im Falle Thailands) über eine<br />
durch militärischen Interventionismus geprägte Beziehung<br />
(wie im Falle Chinas) bis zu einem quasigleichberechtigten<br />
Muster (wie im Falle Japans)<br />
nach seiner erzwungenen Öffnung gegenüber dem<br />
Westen. Insgesamt spielen also in dieser Periode europäische<br />
Mächte – und insbes. Großbritannien –<br />
eine zentrale Rolle für die politische und ökonomische<br />
Entwicklung der Region.<br />
Der Zweite Weltkrieg stellt einen dreifachen historischenEinschnittinderGeschichteOstasiensdar.Für<br />
die Region bedeutet die japanische militärische Expansion<br />
und die spätere Befreiung eine doppelte Erfahrung:<br />
erstens mit einer japanischen Besetzung<br />
und zweitens mit der Tatsache, dass die Region von<br />
außen, d. h. im Wesentlichen von den USA befreit<br />
wurde. Dabei etablieren sich die USA nicht nur als<br />
Garant regionaler Sicherheit (dies wurde insbes. im<br />
Korea-Krieg deutlich), sondern gegenüber Ländern<br />
wie Japan und den Philippinen auch als politischökonomische<br />
Seniormacht. Mit dem Ende des Weltkrieges<br />
bzw. mit dem amerikanischen Engagement<br />
in der asiatisch-pazifischen Region beginnt aber<br />
auch das Ende des europäischen Kolonialismus in<br />
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Ostasien, das in Fällen wie in Indonesien und Indochina<br />
durch Befreiungskriege erreicht wird. Sieht<br />
man von Ausnahmen wie z. B. Hongkong ab, marginalisiert<br />
das amerikanische Engagement und der<br />
Entkolonialisierungsprozess die Rolle europäischer<br />
Staaten in Ostasien auf ein Minimum. Es sind vor allemdieUSA,dieindieserPeriodeeinezentraleRolle<br />
in Ostasien spielen.<br />
Die Rückkehr <strong>Europa</strong>s nach Ostasien in den 1980er<br />
und 1990er Jahren geht auf die beiderseitige politisch-ökonomische<br />
Interessenlage und auf den europäischen<br />
Integrationsprozess und die GlobalisierungsstrategiederEUzurück.Fürdieexportgeleitete<br />
wirtschaftliche Erstarkung zunächst Japans, später<br />
der sog. Tigerstaaten und zuletzt Chinas spielen der<br />
Handel mit der EG/EU bzw. der sich immer mehr<br />
vereinheitlichende und vergrößernde europäische<br />
Markt wie auch die europäische Investitionstätigkeit<br />
in Ostasien eine immer größere Rolle. Die Entstehung<br />
der Währungsunion verstärkt dies noch. Sie<br />
wird schon sehr früh als doppelt bedeutsam angesehen:<br />
erstens in Bezug auf ihre währungspolitische<br />
Qualität und zweitens in Bezug auf die von ihr ausgehende<br />
Relativierung des japanischen Yen und des<br />
amerikanischen Dollars bzw. das dabei entstehende<br />
währungspolitische amerikanisch-europäische Duopol.<br />
Die damit zusammenhängende zunehmende politische<br />
Präsenz der EG/EU bzw. ihrer Mitgliedstaaten<br />
bedeutetet zwar keine Alternative zu den politisch<br />
und militärisch dominanten und ökonomisch wichtigen<br />
USA, eröffnete aber nach dem lateinamerikanischen<br />
Modell die Möglichkeit, die einseitige Abhängigkeit<br />
der Region von den USA durch eine Strategie<br />
der bipolaren Kooperation zu verringern und in der<br />
EU einen Koalitionspartner bei der Neupositionierung<br />
Ostasiens im internationalen Wirtschafts-, Finanz-<br />
und Handelssystem zu finden (dies wird z. B.<br />
durch das Engagement der EU für den Beitritt Chinas<br />
zur WTO illustriert; angesichts der Rolle der WTO in<br />
den vielen Handelskonflikten zwischen EU und<br />
USA haben Allianz- bzw. Koalitionsbildungen innerhalb<br />
der WTO eine wichtige politische Bedeutung).<br />
Dass die EU dabei einen politischen Preis – z. B. stärkeren<br />
Umweltschutz, humane Arbeitsbedingungen,<br />
Fortschritte in der Menschenrechtspolitik – fordert,<br />
erscheint den ostasiatischen Ländern wie auch<br />
ASEAN prinzipiell akzeptabel bzw. für ihre eigene