Festung Europa
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Kölner Prozess<br />
fentlich und die Beratungen vertraulich (Art. 9), die<br />
Beschlüsse werden mit der Mehrheit der Mitglieder<br />
gefasst(Art.8).AuchbeianderenzulässigenFormen<br />
der Beschlussfassung (Art. 12) muss das Prinzip der<br />
kollegialenVerantwortlichkeitvollgewahrtbleiben.<br />
Entsprechend müssen die Mitglieder der Kommission<br />
gem. Art. 201 EGV geschlossen ihr Amt niederlegen,<br />
wenn wegen der Tätigkeit der Kommission ein<br />
Misstrauensantrag im Europäischen Parlament eingebracht<br />
und angenommen wird.<br />
Kölner Prozess<br />
1. Der Hintergrund. Bis zur Revision des �Maastrichter<br />
Vertrags auf dem Amsterdamer Gipfel im<br />
Jahr 1997 konnte dem europäischen Integrationsprozess<br />
von Kritikern mit einigem Recht vorgehalten<br />
werden, er stelle zu einseitig auf die Sicherung der<br />
�Preisstabilität der neuen Währung in der �Europäischen<br />
Währungsunion (EWU) ab: Zweifellos sind<br />
die EWU seit 1999 und die Einführung der Gemeinschaftswährung<br />
�Euro seit Anfang 2002 historisch<br />
bahnbrechende Schritte auf dem Weg in eine gemeinsameeuropäischeZukunft,dochistgleichzeitig<br />
mit dem trendmäßigen Anstieg der Arbeitslosigkeit<br />
in den 1990er Jahren in den meisten Mitgliedstaaten<br />
(die durchschnittliche Arbeitslosenquote in der<br />
EU-12 lag in den 1970er Jahren bei 4,2 %, in den<br />
1980er Jahren bereits bei 9,0 % und in den 1990er<br />
Jahrenschließlichbei10,4%)eineVerschiebungdes<br />
Politikfokus von der Preisstabilität auf die Bekämpfung<br />
der Beschäftigungsmisere zu verzeichnen, die<br />
schließlich zur Aufnahme eines „Beschäftigungskapitels“<br />
durch den �Vertrag von Amsterdam (Art. 125<br />
–130EGV)führte.DamitwurdezwareinneuesPolitikfeld<br />
auf europäischer Ebene erschlossen, die Weigerung<br />
einer Aufstockung der EU-Finanzen zeigt<br />
aber bereits, dass die EU-Beschäftigungspolitik allenfalls<br />
prozeduralen Charakter haben kann, mithin<br />
keine eigenständigen, finanzielle Ressourcen bindende<br />
Interventionen umfasst.<br />
Auf verschiedenen Gipfeltreffen seit Amsterdam<br />
sind nun die genaueren Inhalte der europäischen Beschäftigungspolitik<br />
herauskristallisiert worden. Auf<br />
dem Luxemburger Sondergipfel 1997 wurde eine<br />
Koordination der Arbeitsmarktpolitik (�„Luxemburger<br />
Prozess“) beschlossen, deren wesentliche Inhalte<br />
(Förderung der Beschäftigungsfähigkeit, des<br />
Unternehmergeistes, der Anpassungsfähigkeit und<br />
der Chancengleichheit) die Allokationsfähigkeit des<br />
470<br />
Arbeitsmarktes in den Vordergrund stellt. Der 1998<br />
beschlossene �„Cardiff Prozess“ umfasst die Reform<br />
der europäischen Güter- und Finanzmärkte und<br />
setzt im Wesentlichen auf eine verstärkte Privatisierung<br />
öffentlicher Güterbereitstellung (Post, Telekom,<br />
Energie, Wasserversorgung) und LiberalisierungeinstmalsgeschützterMärkte.Der„KölnerProzess“<br />
schließlich ist von anderem Charakter, da er<br />
makroökonomisch orientiert ist und nachfragetheoretisch<br />
argumentiert. Es geht um die Koordination<br />
der makroökonomischen Politikbereiche Geld-, Finanz-<br />
und Lohnpolitik zur Schaffung eines für<br />
Wachstum und Beschäftigung günstigen Policy mix.<br />
Insbesondere der zeitgeschichtliche Hintergrund<br />
lässt vermuten, weshalb der Kölner Prozess bereits<br />
als „eurokeynesianische Strategie“ bezeichnet wurde:<br />
(1) Mit dem �Stabilitäts- und Wachstumspakt<br />
von 1997 wurden die finanzpolitischen Konvergenzkriterien<br />
des Maastrichter Vertrages insbes. von der<br />
deutschen Bundesregierung unter Helmut Kohl in<br />
die EWU hinein verlängert und verschärft und eine<br />
angebotspolitische Orientierung festgeschrieben.<br />
(2) Mit dem Regierungswechsel in mehreren EU-<br />
Mitgliedstaaten, insbes. in Deutschland im Herbst<br />
1998, stellte sich kurzzeitig ein Stimmungswechsel<br />
ein, der dem angebotspolitisch und mikroökonomisch<br />
ausgerichteten Kurs der europäischen Wirtschafts-<br />
und Beschäftigungspolitik eine neue Orientierung<br />
geben wollte. Die deutsche Bundesregierung<br />
unter Finanzminister Oskar Lafontaine nutzte dieses<br />
„window of opportunity“, indem sie Vorarbeiten der<br />
beschäftigungspolitisch besonders engagierten österreichischen<br />
Bundesregierung aufgriff und auf<br />
dem Kölner EU-Gipfel 1999 den makroökonomischen<br />
Dialog institutionalisierte und die drei Politikprozesse<br />
zu einem „Beschäftigungspakt“ vereinte.<br />
2. Makro-Dialog als Form der kooperativen Wirtschaftspolitik.<br />
Bereits im Weißbuch „Wachstum,<br />
Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung“ von 1993<br />
(KOM 1993/700 endg.) hatte die Kommission herausgearbeitet,<br />
dass eine nachhaltige Verbesserung<br />
der Beschäftigungssituation in der EU nur durch eine<br />
Abstimmung der Geldpolitik, der Finanzpolitik und<br />
der Lohnpolitik zu erreichen ist. Aufgrund von Wirkungsinterdependenzen<br />
zwischen den Politikbereichen<br />
können die einzelnen Akteure – die Europäische<br />
Zentralbank (EZB), die europäischen Finanzminister<br />
(Ecofin-Rat) und die europäischen Tarifparteien<br />
– ihre Zielgrößen (Preisstabilität, hoher Be-