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Festung Europa

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menarbeit der Organe die Anwendung des EG-Vertrags<br />

erleichtern.<br />

Vereinbarungen zwischen den Organen sind zudem<br />

Ausfluss ihrer Organisationsgewalt. In den Grenzen<br />

ihren Kompetenzen dürfen die Organe ihre innere<br />

Struktur (Intra-Organisation, z. B. in Gestalt von<br />

Ausschüssen, Arbeitgruppen oder Beauftragten)<br />

und ihre äußere Zusammenarbeit (Inter-Organisation)<br />

eigenverantwortlich regeln. Dies folgt aus ihrer<br />

herausgehobenen Stellung in der institutionellen Architektur<br />

der Gemeinschaften, Art. 7 EGV und Art. 3<br />

EAG.<br />

Die Organisationsgewalt endet – sowohl horizontal<br />

gegenüber den anderen Organen wie vertikal gegenüber<br />

den Mitgliedstaaten – an den Kompetenzgrenzen,<br />

welche die Verträge ziehen. Die Gemeinschaften<br />

und deren Organe besitzen keine „Kompetenz-Kompetenz“,<br />

dürfen sich selbst also keine neuenBefugnisseverschaffen.DasfolgtausdemGrundsatz<br />

der enumerativ begrenzten Einzelkompetenzen,<br />

den die Verträge mehrfach erwähnen oder unterstellen:<br />

Art. 5 EUV, Art. 3 Abs. 1, Art. 5UAbs. 1 und Art.<br />

7 Abs. 1 UAbs. 2 EGV. Dieser Grundsatz ist nur gewahrt,wenndieGemeinschaften(1)eineRegelungsbefugnis<br />

besitzen, die (2) vom richtigen Organ (3) im<br />

notwendigen Umfang ausgeübt wird.<br />

Die Erweiterung der Union um zehn auf 25 Mitgliedstaaten<br />

am 1. 5. 2004 hat die Organe personell erheblich<br />

anschwellen lassen. Seit der letzten Direktwahl<br />

im Juni 2004 umfasst das Parlament 732 Abgeordnete<br />

(Art. 189 EGV). Am Ratstisch sitzen, wenn jede<br />

Delegation einen Minister und zwei Begleiter zählt,<br />

schon 75 Personen. Der Gerichtshof rettete sich in<br />

neue Strukturen (vor allem Kammern). Selbst bei gutem<br />

Willen erscheint die Grenze der Handlungsfähigkeit<br />

der Organe erreicht zu sein. Die zahlenmäßigen<br />

Obergrenzen der Parlaments- (750 Abgeordnete)<br />

und der Kommissionsmitglieder (zwei Drittel der<br />

AnzahlderMitgliedstaatenab2014)inArt.I-20Abs.<br />

2 und Art. I-26 Abs. 6 VVE 2004 sind daher im Interesse<br />

einer überschaubaren, schlagkräftigen Organisation<br />

der künftigen Union zu begrüßen.<br />

Der Verfassungsvertrag 2004 wird nach den ablehnenden<br />

Referenden in Frankreich und den Niederlandenfrühestens2007/08inKrafttretenkönnen.Ob<br />

er das interinstitutionelle Gleichgewicht in der Praxis<br />

verändert, wird erst der künftige Verfassungsalltag<br />

einer auf fast 30 Mitgliedstaaten angewachsenen<br />

Union zeigen. Der Europäische Rat wird zum Haupt-<br />

Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE)<br />

organ aufrücken, Art. I-19 Abs. 1 VVE 2004, der<br />

Rechnungshof zum Nebenorgan absinken, Art. I-31<br />

VVE 2004. Nach dem Willen des Europäischen Rates<br />

vom Juni 2005 sollen auch die Organe der EG ihren<br />

Beitrag zu einem intensivierten öffentlichen Dialog<br />

über den Verfassungsvertrag 2004 leisten.<br />

Dennoch ist schon jetzt abzusehen, dass der einmal<br />

ratifizierte Verfassungsvertrag (1) die Rechte des<br />

Parlaments weiter stärken (Ausdehnung des Mitentscheidungsverfahrens,<br />

Wahl des Präsidenten der<br />

Kommission), (2) die Bedeutung des Europäischen<br />

Rates durch die Einsetzung eines hauptamtlichen<br />

Präsidenten erhöhen und (3) dem Europäischen Außenminister<br />

mit dem Doppelhut des Kommissions-Vizepräsidenten<br />

und des Vorsitzenden des Rates<br />

für Auswärtige Angelegenheiten eine erhebliche<br />

Machtfülleverleihenwird.DiesergewaltigeIntegrationsfortschritt<br />

sollte aber eine mehrjährige „Vertiefungsschnaufpause“<br />

nach sich ziehen, zumal die<br />

mögliche Erweiterung der Union um sieben Balkanstaaten<br />

und die Türkei bis 2015 ein Verweilen und<br />

„Verdauen“ anrät. Klimaveränderungen, Naturkatastrophen<br />

und Flüchtlingsströme werden in unserer<br />

„einen Welt“ die Ressourcen der Union derart zugunsten<br />

von Krisenprävention und �humanitärer<br />

Hilfe beanspruchen, dass für die Betrachtung des<br />

unionseigenen Nabels weniger Zeit und Kraft verbleibendürfte.<br />

P. Sch.<br />

Internet: http://europa.eu.int/institutions/index_de.htm<br />

Literatur:<br />

Bieber, R./Epiney, A./Haag, M.: Die Europäische Union.<br />

<strong>Europa</strong>recht und Politik. Baden-Baden 2005 6 ,S.115–166<br />

Borries, R. v./Zacker, Chr. (Hg.): <strong>Europa</strong>recht von A–Z.<br />

München 2002 3 , S. 292: Stichwort „Gemeinschaftsorgane“<br />

Geiger, R.: Kommentar zum EUV/EGV. München 2000 3 ,<br />

Art. 7 EGV Rn. 18 – 21<br />

Hilf, M.: Die Organisationsstruktur der Europäischen<br />

Gemeinschaften. Berlin/New York 1982<br />

Organisation für Sicherheit und<br />

Zusammenarbeit in <strong>Europa</strong> (OSZE)<br />

1. Begriffserklärung: Die OSZE entwickelte sich<br />

nach dem Ende des Ost-West-Konflikts aus der Konferenz<br />

über Sicherheit und Zusammenarbeit in <strong>Europa</strong><br />

(KSZE, seit 1975) zu einer internationalen Organisation<br />

(Umbenennung zum 1. 1. 1995). Der OSZE<br />

gehören alle Staaten in <strong>Europa</strong>, die Folgestaaten der<br />

Sowjetunion, die USA und Kanada an. Die Mitgliedschaft<br />

der Bundesrepublik Jugoslawien war seit Mai<br />

1992 suspendiert, im November 2000 traten Serbien<br />

und Montenegro der OSZE neu bei. Mit 55 Mitglie-<br />

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