Festung Europa
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für den Zugang zum und die Teilhabe am Arbeitsmarkt<br />
und Männer in Bezug auf die Bedingungen für<br />
die Teilhabe am Familienleben trifft und die sich aus<br />
einer gesellschaftlichen Tradition ergibt, bei der<br />
noch immer die unbezahlte Arbeit im Rahmen der<br />
Sorge um die Familie als Hauptaufgabe der Frau und<br />
Erwerbsarbeit in Form von Teilnahme am Wirtschaftsleben<br />
als Hauptaufgabe der Männer gilt“.<br />
DerGrundsatzder„GleichstellungvonMännernund<br />
Frauen“ erfordert „die Gleichstellung der arbeitenden<br />
Väter und Mütter insbes. auch in Bezug auf die<br />
für die Betreuung von Kindern oder anderen abhängigen<br />
Personen notwendigen Abwesenheiten vom<br />
Arbeitsplatz“. Festgestellt wird: „Sowohl Männer<br />
als auch Frauen haben ungeachtet des Geschlechts<br />
ein Recht auf Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben.“<br />
Hierbei seien „Möglichkeiten zur Unterbrechung<br />
der Berufstätigkeit, Elternurlaub und Teilzeitarbeit<br />
sowie flexible Arbeitsregelungen, die unter<br />
Wahrung des nötigen Gleichgewichts zwischen<br />
Flexibilität und Sicherheit sowohl dem Arbeitgeber<br />
als auch dem Arbeitnehmer nutzen, für Männer wie<br />
Frauen von besonderer Bedeutung“.<br />
Die Begründungen der Entschließung gipfeln in der<br />
Formulierung einer umzusetzenden Vision der Neustrukturierung<br />
der Geschlechterarrangements in der<br />
EU: „Der Beginn des 21. Jahrhunderts ist ein symbolischer<br />
Zeitpunkt für die Formulierung eines neuen<br />
Gesellschaftsvertrags zwischen den Geschlechtern,<br />
in dem die faktische Gleichstellung von Frauen und<br />
Männern im öffentlichen und im privaten Leben von<br />
der Gesellschaft als Bedingung für Demokratie,<br />
Staatsbürgertum sowie individuelle Autonomie und<br />
Freiheit anerkannt wird und dem in allen Politiken<br />
der Europäischen Union Rechnung zu tragen ist.“<br />
Nach der Realisierung dieser Zielvorstellung wäre<br />
der Terminus „geschlechtsspezifische Arbeitsteilung“<br />
obsolet. Das de jure festgesetzte Ziel der Herstellung<br />
der sozialen Gleichheit der Geschlechter<br />
wäre erreicht.<br />
3. Aufträge an die Politik im europäischen �Mehrebenensystem.<br />
Die Etablierung eines neuen Gesellschaftsvertrages<br />
zwischen den Geschlechtern macht<br />
es notwendig, einen EU-Bürgerinnen-/Bürgerstatus<br />
zu schaffen, der auf individuelle Autonomie und die<br />
faktische Gleichstellung von Frauen und Männern<br />
im öffentlichen und privaten Leben abzielt. Der<br />
EU-weit rechtlich zu verankernde Geschlechtervertrag<br />
verlangt somit nach individualisierten Staats-<br />
Gleichstellungspolitik<br />
bürgerinnen-/Staatsbürgerrechten, die die soziale<br />
Gleichheit der Geschlechter nicht nur visionär, sondern<br />
faktisch herbeiführen können. Zur Realisierung<br />
der Vision erhielt die Politik im europäischen Mehrebenensystem<br />
nachfolgende Aufträge.<br />
Die Mitgliedstaaten werden ermutigt, „die Förderung<br />
einer ausgewogenen Teilhabe von Frauen und<br />
Männern am Berufs- und Familienleben als eine der<br />
Grundvoraussetzungen für eine tatsächliche Gleichstellung<br />
in ihren Regierungsprogrammen zu stärken<br />
und (...) umfassende und integrierte Strategien zu<br />
entwickeln, die auf die Verwirklichung (...) [derselben]<br />
zielen“. Hierzu sind insbes. folgende Maßnahmen<br />
in Betracht zu ziehen:<br />
Väter sollen ein individuelles und nicht übertragbares<br />
Recht auf Vaterschaftsurlaub erhalten, das<br />
gleichzeitig mit dem Mutterschaftsurlaub zu beanspruchen<br />
ist; männlichen Arbeitnehmern sollen<br />
Rechte zuerkannt werden, die ihnen eine stärkere<br />
Mitwirkung am Familienleben ermöglichen; Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmern soll die geschlechteregalitäre<br />
Lastenverteilung von privater Fürsorgearbeit<br />
ermöglicht werden; Dienstleistungen zur Unterstützung<br />
von Familien sollen ausgebaut werden;<br />
Familien mit einem Elternteil sollen besonderen<br />
Schutz erhalten; die Schul- und Arbeitszeiten sollen<br />
harmonisiert werden; Unternehmen sollen zur familienfreundlichen<br />
Betriebsführung ermutigt werden;<br />
Lehrpläne, Öffentlichkeitsarbeit, pro-aktive Organisationen<br />
und Forschung sollen auf das Ziel der tatsächlichen<br />
Gleichstellung von Männern und Frauen<br />
imBerufs-undFamilienlebenabgestimmtwerden.<br />
Die Organe und Einrichtungen der EU sollen in ihrer<br />
Eigenschaft als Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber<br />
die für die mitgliedstaatlichen Ebenen vorgesehenen<br />
Maßnahmen in ihren Organisationen umsetzen und<br />
darüber berichten. Die Kommission wird aufgefordert,<br />
im Rahmen ihrer strategischen Ziele insbes. die<br />
„gleichgewichtige Verantwortung von Frauen und<br />
Männern für das Familienleben“ herauszustellen<br />
und „neue Formen einer ausgewogenen Teilhabe<br />
vonFrauenundMännernsowohlamBerufs-alsauch<br />
am Familienleben vorzuschlagen“.<br />
Die öffentlichen und privaten Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen<br />
in der EU sollen im Rahmen<br />
von Arbeitszeitgestaltungen und der Beseitigung<br />
von Lohn- und Gehaltsunterschieden zwischen<br />
Frauen und Männern eine ausgewogene Teilhabemöglichkeit<br />
der Geschlechter am Berufs- und Fami-<br />
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