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Festung Europa

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sen Bereichen an den Zielen von Lissabon gemessen<br />

werden.<br />

6. Bewertung. Die „offene Koordinierungsmethode“<br />

ist ein flexibles Mittel, um die Politik auf europäischer<br />

Ebene unterhalb der rechtlichen Verbindlichkeiten<br />

gestalten und mit dem Ziel der Konvergenz<br />

handelnzukönnen.DieseMethodegibteineschnelle<br />

Handlungsfähigkeit in den Bereichen, in denen die<br />

Gemeinschaft sogar die Möglichkeit hätte, mit<br />

Rechtsakten verbindliche Vorgaben zu setzen. Sie<br />

stellt somit ein milderes und der Subsidiarität angemesseneres<br />

Handlungsinstrument dar. Insofern wird<br />

die „offene Methode der Koordinierung“ als ein milderes<br />

Mittel gegenüber der Rechtsetzung zu begrüßen<br />

sein.<br />

Auf der anderen Seite ist die Ausweitung der Methode<br />

über die vertraglich festgelegten Bereiche hinaus<br />

auch bedenklich. Denn sie kann dazu führen, dass die<br />

Mitwirkungsrechte des Parlaments umgangen werden,<br />

wenn statt einer Rechtsetzung und der dabei<br />

vom Vertrag vorgesehenen Mitwirkung des Europäischen<br />

Parlaments eine Zielvorgabe durch den Europäischen<br />

Rat oder Rat und Kommission erfolgt.<br />

Damit werden die Vorgaben von den Regierungschefs<br />

der Mitgliedstaaten oder den Fachministern in<br />

Zusammenwirken mit den Beamten der Kommission<br />

festgelegt. Sie werden dann in der Regel von den<br />

Exekutiven der Mitgliedstaaten umgesetzt. Sowohl<br />

das Europäische Parlament als auch die nationalen<br />

ParlamentesindhierinderRegelnichteingeschaltet.<br />

Sie können allenfalls bei der Umsetzung, sofern dies<br />

nachinnerstaatlichemRechtnotwendigundmöglich<br />

ist, mitwirken. Die Zielvorgaben und damit die Ausrichtung<br />

der Politik bleiben ihrem Einfluss und ihrer<br />

Gestaltungvorenthalten.WennineinerStellungnahme<br />

aus dem �Wirtschafts- und Sozialausschuss erklärt<br />

wird, dass mit dieser Methode die Mitwirkung<br />

der gesamten organisierten �Zivilgesellschaft an der<br />

Umsetzung der Strategie von Lissabon impliziert sei<br />

(Stellungnahme zum Weißbuch der Kommission<br />

„Europäisches Regieren“ – ABl. C 287/2001 – CES<br />

535 /2001 Unterausschuss „Governance“), so ändert<br />

dies nichts an der Ausschaltung des Europäischen<br />

Parlaments. Die Stellungnahmen des Wirtschaftsund<br />

Sozialausschusses, der seit den Verträgen von<br />

Amsterdam und von Nizza als institutionelle Vertretung<br />

der Zivilgesellschaft auf Gemeinschaftsebene<br />

auftritt, haben nur beratenden Charakter. Die Mitglieder<br />

dieses Ausschusses vertreten zwar die gesell-<br />

Öffentliches Auftragswesen<br />

schaftlichen Kräfte in der Union, sind aber mit den<br />

frei gewählten Vertretern des Volkes nicht vergleichbarundkönnendieseinkeinerWeiseersetzen.<br />

Außerdem vermischen sich durch diese „offene Methode<br />

der Koordinierung“ die Kompetenzen der Europäischen<br />

Union einerseits und die der Mitgliedstaaten<br />

andererseits. Das beeinträchtigt in der BundesrepublikDeutschlandauchdiedeutschenLänder,<br />

welchegem.Art.23Abs.2GGMitwirkungsrechtein<br />

Angelegenheiten der Europäischen Union besitzen<br />

und diese nicht voll einbringen können. Der Bundesrat,<br />

über den die deutschen Länder an der Meinungsbildung<br />

in europäischen Angelegenheiten mitwirken,<br />

befürwortet in der Festsetzung quantitativer Politikziele<br />

eine neue Qualität der wirtschaftspolitischen<br />

Koordinierung für die Union. Er verweist aber<br />

andererseits auf die Gefahr, dass diese Methode der<br />

Union den Weg für ein Verfahren öffnet, an der vertraglichen<br />

Kompetenzordnung vorbei konkrete Vorgaben<br />

festzulegen, die von den Mitgliedstaaten und<br />

in Deutschland von den Ländern umgesetzt werden<br />

sollen. Der Bundesrat betont, dass aus den Wandlungsprozessen<br />

in Technik, Wirtschaft und Gesellschaft<br />

und den daraus resultierenden Anpassungsnotwendigkeiten<br />

im Bildungsbereich keine KompetenzerweiterungderGemeinschaftbzw.Unionabgeleitet<br />

werden kann. Er lehnt es ab, dass die Union den<br />

Mitgliedstaaten konkrete Maßnahmen bzw. Inhalte<br />

und Formen der Zusammenarbeit vorschreibt. Zentrale<br />

Vorgaben der Europäischen Union in inhaltlichen,<br />

strukturellen und finanziellen Angelegenheiten<br />

gerade des Bildungs- und des Forschungsbereiches<br />

hält der Bundesrat weder zielführend im Sinne<br />

der Sicherung und Steigerung der Qualität noch vereinbar<br />

mit dem EG-Vertrag. (BR.Drs. 274/00 Beschluss<br />

vom 29. 9. 2000, 870/02 Beschluss vom 20.<br />

12. 2002, 856/03 Beschluss vom 19. 12. 2003). Derartige<br />

kritische Stimmen zur „offenen Koordinierungsmethode“<br />

bedeuten nicht, dass die Mitgliedstaaten<br />

nicht zu einer freiwilligen Zusammenarbeit<br />

bereit wären. Diese Zusammenarbeit muss sich auf<br />

den vertieften Informations- und Erfahrungsaustausch(„bestpractice“)beziehen.<br />

I. B.-M.<br />

Öffentliches Auftragswesen.Unter �öffentlichen<br />

Aufträgen ist der Einkauf von Gütern, DienstleistungenundBauleistungendurchdieöffentlicheHandzu<br />

verstehen.<br />

1.WirtschaftlicherundpolitischerHintergrund.Das<br />

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