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Festung Europa

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Medienpolitik<br />

halb <strong>Europa</strong>s belegt die Herausforderung, besonders<br />

durch fiktive Inhalte das auf europäischer Ebene zu<br />

schaffen, was auf nationaler Ebene in Teilen immer<br />

noch gelingt: durch gemeinsame Geschichten, Mythen<br />

und Stars eine vereinigende Identität zu entwickeln.<br />

Gerade die öffentlich-rechtlichen Anbieter<br />

können hier, durchaus auch in wettbewerbsferner<br />

Online-Präsenz, eine grenzüberschreitende Funktion<br />

erfüllen. Unterhaltung ist dabei mehr als reine<br />

Entspannungshilfe; sie prägt Weltbilder und Identitäten<br />

mit.<br />

– Partizipation. Der Rundfunk wird kaum noch als<br />

expliziter Volkserzieher anzusehen sein; dennoch<br />

findet über die Medien auch (latentes) Lernen statt.<br />

Die öffentlich-rechtliche Aufgabe ist es hier, durchaus<br />

didaktisch die Bürger <strong>Europa</strong>s zu befähigen, aktiv<br />

an Kultur, Politik und Bildung teilzuhaben. Lernen<br />

ist spielerischer geworden; sogar Computerspiele<br />

vermitteln inzwischen „wertvolle“ Inhalte. Hier<br />

bieten sich in der künftigen Verknüpfung von Medienformen<br />

– Stichwort interaktives Fernsehen –<br />

nicht mehr hausbackene Vermittlungsformen an.<br />

– Innovation. Angeblich ist Fernsehen für viele Bürger<br />

immer langweiliger geworden. Dies mag damit<br />

zusammenhängen, dass kaum noch freier Raum für<br />

Experimente vorhanden ist, die von kommerziellen<br />

Überlegungen unabhängig sind. Rundfunk ist aber<br />

auch ein Kulturfaktor, der die Avantgarde braucht,<br />

uminFreiräumenAngeboteauszuprobieren,diesich<br />

erst langfristig in populären Sendungen auswirken.<br />

VieleheutigeVideoclipstragendieÄsthetikkünstlerischer<br />

Formen aus früheren Jahrzehnten, die sich<br />

niemals entwickelt hätten ohne damals dafür geschaffene<br />

Freiräume. Der Rundfunk braucht entsprechend<br />

die Anerkennung als Kulturfaktor auf europäischer<br />

Ebene; er ist kein reiner Wettbewerbsraum.<br />

– <strong>Europa</strong>. Wirtschaftlich und politisch ist der Kontinent<br />

zusammengewachsen. Große Herausforderungen<br />

stellen sich aber bei der Entwicklung einer europäischen<br />

Öffentlichkeit (s. o.). Auch hier ist es eine<br />

Aufgabe der Öffentlich-Rechtlichen, entsprechende<br />

Inhaltezugarantieren. J. G.<br />

�Urheberrecht Ziff. 1, Ziff. 2.8<br />

Medienpolitik<br />

1. Grundlagen und Inhalte: Die Medienpolitik der<br />

EU ist als Gesamtkonzept ein relativ neuer Bestandteil<br />

der Gemeinschaftspolitiken. Sie ist aus (urhe-<br />

530<br />

ber)rechtlichen, ordnungs- und industriepolitischen<br />

Bestandteilen zusammengesetzt. Auch die Handelspolitik<br />

(WTO) und die Kulturpolitik (Unesco) spielen<br />

eine wichtige Rolle. Wie alle Gemeinschaftspolitiken<br />

beruht auch die medienpolitische auf den Verträgen.<br />

Zu den ersten medienpolitischen Aktivitäten<br />

der Gemeinschaft kam es somit schrittweise auf der<br />

Basis der Art. 23, 25, 28 und 31 EGV zum freien Güterverkehr,<br />

der Art. 39 bis 55 zum freien Verkehr der<br />

Arbeitnehmer sowie der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit,<br />

der Art. 81 und 82 zum WettbewerbundderArt.94und(später)95und308EGVzur<br />

Rechtsangleichung im Binnenmarkt. In diesem Sinne<br />

wurden schon zwischen 1963 und 1970 mehrere<br />

Richtlinien erlassen die Filmprodukte und den Kinosektor<br />

betreffend.<br />

Bis jüngst war die gemeinschaftliche Medienpolitik<br />

fast ausschließlich auf den klassischen Rundfunksektor<br />

bezogen, wobei in jüngster Zeit ein integriertes<br />

Konzept für den Bereich der Informationsgesellschaft<br />

und der audiovisuellen Medien angestrebt<br />

wird, weil aus technischer Sicht die Kommunikationsnetze,<br />

Medien, Inhalte, Dienste und Geräte in<br />

digitaler Konvergenz zusammenwachsen. Sprache<br />

über Internet, Web-TV, Online-Musik oder Filme<br />

über Handys sind inzwischen Realität geworden.<br />

Eine eigenständige Politik für die stärker nationenund<br />

sprachraumgebundenen Printmedien gibt es bis<br />

heute nicht. Das gleiche gilt für das Radio, was sich<br />

jedoch mit dem Aufkommen des DAB (Digital Audio<br />

Broadcasting) ändern könnte.<br />

Bis zu Beginn der 1980er Jahre hatte sich der Rundfunk<br />

in <strong>Europa</strong> aus technologischen, aber auch aus<br />

gesellschaftspolitischen Gründen innerhalb der nationalstaatlichen<br />

Grenzen und Gesetze entwickelt.<br />

SeineVerbreitungsmöglichkeitenwarenterrestrisch<br />

beschränkt. Ordnungspolitisch gesehen galt in den<br />

meisten demokratischen Staaten <strong>Europa</strong>s, dass der<br />

Rundfunk, bei aller Staatsferne, staatsbürgerlichen<br />

und bildungspolitischen Prämissen zu gehorchen<br />

habe.<br />

Dies änderte sich völlig mit dem Auftreten der neuen<br />

Verbreitungsmöglichkeiten über Satellit und Kabel,<br />

aber auch durch die veränderte gesellschaftspolitische<br />

Grundhaltung zum Rundfunk. Auch für diese<br />

entscheidende Neuentwicklung der Audiovision<br />

legten die Mitgliedstaaten den Grundstein, nicht die<br />

Gemeinschaft. Sie brachen die öffentlich-rechtlichen<br />

Fernsehmonopole, schufen das duale (ge-

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