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Festung Europa

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Österreich<br />

Drittens muss auf die strukturellen Schwierigkeiten<br />

der EU bei ihrer global- und ostasienpolitischen Willensbildung<br />

hingewiesen werden. Diese liegen nicht<br />

nur im Verhältnis zwischen Mitgliedstaaten und EU<br />

bzw. in der Organisation des Entscheidungsprozesses<br />

im engeren Sinne. Sie liegen ebenso in der durch<br />

Erweiterungen hervorgerufenen bzw. verstärkten<br />

Beschäftigung mit inneren Problemen, in der Unterschiedlichkeit<br />

des Interesses an Ostasien und an den<br />

Schwierigkeiten, auf Dauer eine breite Akzeptanz<br />

für eine substantielle Kooperation mit Ostasien aufzubauen<br />

und zu erhalten und schließlich an der nach<br />

wie vor bestehenden Attraktivität einer amerikanisch-europäischen<br />

Arbeitsteilung, in der die USA<br />

die globale Steuerung und Problemlösung dominieren<br />

und wie bisher eine dominante Rolle in Ostasien<br />

spielen.<br />

Die Rückkehr <strong>Europa</strong>s in Ostasien in Gestalt einer<br />

EU-Ostasienpolitik basiert nicht nur auf gemeinsamen<br />

wirtschaftlichen Interessen und bündnis- oder<br />

konkurrenzorientierten Überlegungen. Auch eine<br />

weiche Machtpolitik gegenüber und mit ostasiatischen<br />

nationalen wie regionalen Akteuren erfordert<br />

– neben einer angemessenen Handlungsfähigkeit<br />

einschl. der nötigen Entscheidungsinfrastrukturen<br />

und Instrumente – einen politischen Handlungswillen,<br />

der mit sachkompetenter Verantwortung eine<br />

langfristig angelegte substantielle und nach innen<br />

wie außen überzeugende Politik betreibt. Insoweit<br />

stehtdieEU-OstasienpolitikerstinihrenAnfängen.<br />

Literatur:<br />

R. S.<br />

Grabendorff, W./Seidelmann, R. (eds.): Relations between the<br />

European Union and Latin America: Biregionalism in a<br />

changing global system. Baden-Baden 2005<br />

Gu, X.: Europe and Asia. Mutual perceptions and expectations<br />

on the way to a new partnership in the twenty-first century.<br />

Baden-Baden 2002<br />

Güssgen, A. et al. (Hrsg.): Hongkong nach 1997. Köln 2002<br />

Pareira, A.: ASEM (Asia-Europe Meeting). Frankfurt 2003<br />

Roetz, H.: Die chinesische Ethik der Achsenzeit.<br />

Frankfurt 1992<br />

Sales Marques, J.: China-EU Relations. Perceptions and<br />

realities. Dissertation University of Macau 2004<br />

Österreich, Sanktionen gegen Österreich<br />

(wegen der Koalition ÖVP-Schüssel/FPÖ-Haider<br />

2000). Nach dem österreichischen Regierungswechsel<br />

im Jahr 2000 wurden rund 8 Monate lang – erstmals<br />

seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs – praktisch<br />

sämtliche bilateralen Beziehungen der (damals)<br />

übrigen 14 EU-Staaten zu Österreich eingefro-<br />

592<br />

ren, Kontakte mit österreichischen Botschaftern<br />

wurden auf ein (technisches) Minimum reduziert,<br />

österreichische Kandidaten wurden für internationale<br />

Ämter nicht mehr unterstützt. Das durch den Amsterdamer<br />

Vertrag eingeführte �Notstandsverfahren<br />

konnte für diese EU-Aktion gegen Haider/Österreich,<br />

die durch einen gemeinsamen Entschluss der<br />

14 europäischen Staats- und Regierungschefs am 31.<br />

1. 2000 begonnen und nach dem „Bericht der drei<br />

Weisen“ Frowein, Ahtisaari und Oreja vom 12. 9.<br />

2000 abgebrochen wurde, nicht herangezogen werden.<br />

Denn die Voraussetzungen der vor Inkrafttreten<br />

desVertragsvonNizzageltendenRegelungenwaren<br />

sichernichterfüllt:Wedervoneiner„schwerwiegenden“<br />

noch von einer „anhaltenden“ Verletzung der<br />

freiheitlich-demokratischen Grundordnung durch<br />

die neue österreichische Regierung konnte die Rede<br />

sein. Haider konnte kaum mit Österreich gleichgesetzt<br />

werden. Trotz der üblen Rhetorik hatten weder<br />

HaidernochseineAnhängerGesetzegebrochen.Das<br />

Programm der österreichischen Regierung war nicht<br />

besonders radikal. Die österreichische Regierung<br />

sollte durch die EU-Isolationsmaßnahmen mithin<br />

nicht für das bestraft werden, was sie getan hat oder<br />

möglicherweise tun könnte; sie wurde vielmehr für<br />

die Rhetorik einer ihrer Regierungsparteien bestraft.<br />

Da <strong>Europa</strong>recht nicht einschlägig war, deuteten die<br />

14 EU-Staaten folgerichtig ihre kollektiven Strafund<br />

Quarantänemaßnahmen als „bilaterale Maßnahmen<br />

von souveränem Staat zu souveränem Staat“ im<br />

Sinne einer „außerjuristischen Einheitsfront zur<br />

Verteidigung der Europäischen Werteordnung“. Ob<br />

diese moralische Ächtung der österreichischen Regierung<br />

Schüssel als „FPÖ-Steigbügelhalter zur<br />

bundespolitischen Macht“ im Sinne von Max Weber<br />

gesinnungsethisch zu rechtfertigen war, kann dahinstehen.<br />

Verantwortungsethisch jedenfalls dürfte<br />

sie kaum legitimiert gewesen sein, stellt man insbes.<br />

in Rechnung, dass sich faktisch ganz Österreich und<br />

alle Österreicher von der „europäischen Keule“ getroffen<br />

fühlten und zudem die meisten EU-Politiker<br />

zwar auf Haider zielten, primär aber wohl die eigenen<br />

Leute zu Hause meinten. Ganz zu schweigen von<br />

der gesteigerten Medienpopularität, die die EU-<br />

AktiondemPolitikerHaiderbescherte. J. M. B.<br />

Osterweiterung der EU<br />

1. Ziel der Osterweiterung. In der Folge des Zusammenbruchs<br />

der kommunistischen Herrschaftssyste-

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