Festung Europa
Festung Europa
Festung Europa
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Regionalpolitik<br />
Ungarn, die 3 baltischen Staaten, Malta, Polen und<br />
Slowenien erfahren eine flächendeckende FörderungnachZiel1,währendZypern,dieRegionenPrag<br />
(Tschechien) und Bratislava (Slowakei) die Förderkriterien<br />
nach Ziel 1 nicht mehr erfüllen; sie werden<br />
nur nach Ziel 2 und 3 gefördert. Alle neuen Mitgliedsländer<br />
nehmen außerdem an den Gemeinschaftsinitiativen<br />
INTERREG und EQUAL teil.<br />
Auf Grund des starken wirtschaftlichen und sozialen<br />
Gefälles zwischen den alten EU-Staaten und den<br />
Beitrittsländern erhalten die Grenzregionen, in denen<br />
dieses Gefälle besonders spürbar wird, eine zusätzliche<br />
Förderung zur Stärkung der grenzüberschreitenden<br />
Zusammenarbeit, z. B. im Rahmen von<br />
INTERREG und PHARE. Im Vordergrund stehen<br />
die Verbesserung der Verkehrssysteme, die Unterstützung<br />
kleiner und mittlerer Unternehmen sowie<br />
Ausbildung und interkulturelle Zusammenarbeit.<br />
8. Bilanz und Perspektive: Mit der Osterweiterung<br />
der EU war die Reform ihrer Strukturpolitik unumgänglich<br />
geworden. Weder die EU-Institutionen<br />
noch deren Instrumentarium wären in der Lage gewesen,<br />
die mit der Erweiterung verbundenen Aufgaben<br />
und Probleme angemessen zu bewältigen. Der<br />
Vertrag von Nizza und die Verabschiedung des Europäischen<br />
�Verfassungsvertrags 2004 haben, das<br />
InkrafttretendesVVEvorausgesetzt,denWegfüreinenQualitätssprunginderEntwicklungderEuropäischen<br />
Union freigemacht. Dieser besteht zum einen<br />
in der Konzentration der bis dahin unübersichtlichen,<br />
sich teilweise überschneidenden Zielbereiche<br />
auf 3 zentrale Zielsetzungen, in der Erweiterung der<br />
Handlungsgrundsätze um die Dimension von Umwelt<br />
und nachhaltiger Entwicklung sowie in der Reduzierung<br />
der Gemeinschaftsinitiativen von 15 auf<br />
4, und zum anderen in umfangreichen institutionellen<br />
und organisationstechnischen Umstrukturierungen<br />
und Vereinfachungen. Hervorzuheben sind insbes.<br />
die Aufwertung des �Subsidiaritätsprinzips, die<br />
Stärkung der regionalen Handlungskomponente, die<br />
Erweiterung der Mitentscheidung des Europäischen<br />
Parlaments und verschiedener anderer Institutionen<br />
(�Vertrag von Nizza, Europäischer �Verfassungsvertrag)<br />
sowie die Ausdehnung von Mehrheitsentscheidungen<br />
im Ministerrat.<br />
Die Lösung der anstehenden Zukunftsaufgaben ist<br />
trotz gründlicher Beitrittsvorbereitung schwieriger<br />
geworden, zumal künftige Entwicklungen mehr und<br />
mehrvonGlobalisierungsprozessenbeeinflusstwer-<br />
646<br />
den und damit komplexer geworden sind. In Anbetracht<br />
der steigenden Heterogenität herrscht Unsicherheit<br />
über die weitere Integrationsentwicklung<br />
im weltweit größten Wirtschaftsraum.<br />
Ob Stillstand oder Fortschritt den künftigen Kurs bestimmen<br />
werden, wird entscheidend davon abhängen,<br />
ob und wie die Ansätze und Weichenstellungen<br />
der Strukturpolitikreform umgesetzt und fortentwickelt<br />
werden. Große Wohlstands- und Entwicklungsunterschiede,<br />
unterschiedliche historisch-politische<br />
Vergangenheiten und politische Kulturen, divergierende<br />
nationale Konzepte zur Modernisierung<br />
der Wirtschafts- und Sozialsysteme, Kapazitätsunterschiede,<br />
uneinheitliche Steuersätze und -systeme,<br />
ein ausgeprägtes Machtgefälle zwischen großen und<br />
kleinen Mitgliedsländern, nationale Egoismen, insbes.<br />
immer stärker in Erscheinung tretende Verteilungskonflikte<br />
bei der Aushandlung des Finanzrahmens<br />
2007–2013 (�Finanzielle Vorausschau) u. v. a.<br />
prägen das Erscheinungsbild der erweiterten EU.<br />
Die derzeitige Konstellation hat sowohl das Potential,<br />
den Integrationsprozess aufzuhalten als auch ihn<br />
zügig voran zu treiben. Für eine fortschrittliche Entwicklung<br />
ist in erster Linie vorrangig, Fehlentwicklungen<br />
der Vergangenheit zu korrigieren und die<br />
zentralen strukturpolitischen Reformaufgaben zügig<br />
anzugehen und neuen Erfordernissen und Erkenntnissen<br />
Rechnung zu tragen, insbes.:<br />
– die Funktionsfähigkeit der Institutionen auf allen<br />
Ebenen zu stärken und ihre Arbeit flexibler zu handhaben;<br />
– das Subsidiaritätsprinzip noch konsequenter und<br />
flexibler anzuwenden und zugleich die Mitbeteiligung<br />
der Bürger einzufordern. Die Stärkung der RegionenistdafüreineunverzichtbareVoraussetzung;<br />
– sektorale und regionale Strukturpolitik noch enger<br />
zu verzahnen und als Einheit zu betrachten. Dabei<br />
gilt es, die verschiedenen Sektorpolitiken konsequenter<br />
in die übergeordneten strukturpolitischen<br />
Zielsetzungen einzubinden. Erst eine StrukturpolitikauseinemGussgewinntanÜberzeugungskraft;<br />
– die auf Integration zielenden strukturpolitischen<br />
Aufgabenfelder noch konsequenter umzusetzen und<br />
zuverzahnen. K. E.<br />
Literatur:<br />
Conzelmann, Th.: Große Räume, kleine Räume. Europäische<br />
Regionalpolitik in Deutschland und in Großbritannien.<br />
Baden-Baden 2002<br />
Conzelmann, Th./Knodt, M. (Hg): Regionales <strong>Europa</strong> –<br />
europäische Regionen. Frankfurt a. M. 2002