Festung Europa
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tionsrate unter, aber doch nahe 2%p.a.)sichern<br />
könnte.<br />
Negativ zu vermerken ist freilich, dass das Geldmengenwachstum<br />
für die EZB lediglich einen Referenzwert<br />
und kein Zwischenziel darstellt. Wie empirische<br />
Studien (auch des Eurosystems selbst) eindeutig<br />
ergeben haben, erfüllt die Geldmenge M3 des Eurogebiets<br />
die Anforderungen, die an ein Zwischenziel<br />
zu stellen sind: Sie ist hinreichend kontrollierbar<br />
und steht in einem stabilen Kausalzusammenhang<br />
zur Preisniveauentwicklung. Die Geldmenge M3 ist<br />
nachweislich auch der beste Indikator: Sie kann<br />
schneller und präziser gemessen werden als andere<br />
Indikatoren und besitzt gute Vorlaufeigenschaften<br />
hinsichtlich der künftigen Inflation.<br />
Der Sinn der wirtschaftlichen Analyse im Rahmen<br />
der geldpolitischen Strategie ist kaum erkennbar.<br />
Zwar muss sich jede Zentralbank laufend ein umfassendes<br />
Bild von der wirtschaftlichen Lage im jeweiligen<br />
Währungsgebiet verschaffen und dazu eine<br />
Vielzahl statistischer Daten auswerten. Diese Daten<br />
liefern jedoch häufig ein widersprüchliches Bild. Da<br />
eine Zentralbank die kurzfristigen Preisniveauwirkungen<br />
von Schocks und ähnlichen Ereignissen (wie<br />
etwa auch Erhöhungen der Mehrwert- oder Verbrauchssteuern)<br />
aufgrund der rund ein- bis zweijährigen<br />
Wirkungsverzögerungen geldpolitischer Maßnahmenohnehinnichtverhindernkann,lässtsichaus<br />
der wirtschaftlichen Analyse der EZB keine Handlungsanweisung<br />
für die Geldpolitik ableiten – zumindest<br />
keine, die in Bezug steht zu ihrem Ziel mittelfristiger<br />
Preisniveaustabilität.<br />
Seit der Modifikation der geldpolitischen Strategie<br />
vom Mai 2003 ist freilich ohnehin mehr als je zuvor<br />
fraglich, wie ernst die EZB dieses Ziel wirklich<br />
nimmt. Die Anhebung des Inflationsziels zum oberen<br />
Rand des vorherigen Zielkorridors von 0%bis<br />
unter 2 %, die Zurücksetzung der Geldmengenanalyse<br />
von der ersten zur zweiten Säule sowie der Verzicht<br />
auf eine jährliche Überprüfung des Referenzwertes<br />
für M3 deuten sämtlich darauf hin, dass die<br />
EZB dabei ist, zu einer kurzfristigeren, aktivistischen<br />
Geldpolitik überzugehen. Dies wird ihr die Erreichung<br />
des im EG-Vertrag vorgegebenen Ziels der<br />
Preisstabilität erschweren – zumal die Regierungen<br />
und Tarifvertragsparteien bei einer solchen Geldpolitik<br />
geradezu ermuntert werden, politischen Druck<br />
auf den EZB-Rat auszuüben, expansive Maßnahmen<br />
zu ergreifen, um etwa die Arbeitslosigkeit oder den<br />
Geldpolitik<br />
Wechselkurs zu senken. Solche kurzfristigen Maßnahmen<br />
haben sich mittel- und langfristig aber immer<br />
als nutzlos und im Hinblick auf die Preisniveaustabilität<br />
sogar als schädlich erwiesen.<br />
Insgesamt ist die Strategie der EZB inkonsistent, intransparent<br />
und wenig ehrgeizig. Sie liefert dem<br />
EZB-Rat keine klaren Handlungsanleitungen, bindet<br />
ihn nicht an ein zweckmäßiges Zwischenziel und<br />
lässt andere wirtschaftspolitische Entscheidungsträger<br />
sowie die Öffentlichkeit im Unklaren darüber,<br />
welchen geldpolitischen Kurs er eigentlich verfolgt.<br />
Die EZB sollte den Zielwert für die Inflationsrate auf<br />
mittelfristig 0 % bis 1 % p. a. reduzieren und ein mittelfristiges<br />
Geldmengenziel für M3 verfolgen, das<br />
mit diesem Zielwert vereinbar ist.<br />
7. Bisherige Ergebnisse: Seit Beginn der dritten Stufe<br />
der Währungsunion hat der EZB-Rat ein Wachstum<br />
der Geldmenge toleriert, das deutlich über seinen<br />
eigenen Referenzwert hinausging. Zwischen<br />
1999 und 2001 nahm M3 um durchschnittlich 5,3 %<br />
p. a. zu. Zwischen 2002 und 2004 beschleunigte sich<br />
das Wachstum von M3 sogar auf 7,1 % p. a. Im Einklang<br />
mit dieser übermäßigen Geldmengenexpansion<br />
stieg auch die Inflationsrate. Während sie sich im<br />
Durchschnitt der Jahre 1999 bis 2001 noch auf 1,8 %<br />
p. a. belief, betrug sie zwischen 2002 und 2004 schon<br />
durchschnittlich 2,2 % p. a. Seit dem Jahr 2000 liegt<br />
sie ununterbrochen über der 2 %-Marke.<br />
Durch die übermäßige Geldmengenexpansion hat<br />
sich ein erheblicher Geldüberhang gebildet, der die<br />
Inflationsrate selbst nach Analysen der EZB auf bis zu<br />
3½ % p. a. erhöhen könnte. Aufgrund der schwachen<br />
Konjunktur in den größten Euroländern Deutschland,<br />
Frankreich, Italien und des intensiven Wettbewerbs<br />
auf den Gütermärkten im Zuge der fortschreitenden<br />
Globalisierung hat sich dieser Geldüberhang bislang<br />
noch nicht in einer deutlich höheren Inflationsrate<br />
niedergeschlagen.StattdessenistdieLiquiditätnach<br />
dem Crash an den Aktienbörsen zu Beginn des Jahrzehnts<br />
in andere Vermögenswerte wie Anleihen und<br />
Immobiliengeflossen.AufeinigendieserMärktehabensichdadurchinzwischenebenfallsSpekulationsblasen<br />
gebildet. Ein Platzen dieser Blasen könnte die<br />
wirtschaftliche Entwicklung in Euroland noch stärkerbeeinträchtigenalsderseinerzeitigeCrashanden<br />
Aktienbörsen. H. F.<br />
Literatur:<br />
Feldmann, H.: Das geldpolitische Instrumentarium des Europäischen<br />
Systems der Zentralbanken – Eine Analyse des<br />
EWI-Vorschlages. In: Kredit und Kapital 2/1998, S. 273 – 302<br />
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