Festung Europa
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Gemeinschaftsrecht<br />
überhaupt eine Gemeinschaftskompetenz gegeben<br />
ist, als auch für die Wahl der im jeweiligen Fall nach<br />
den Verträgen zulässigen Handlungsform. Angesichts<br />
der sich im Einzelnen häufig wandelnden Aufgabenfülle<br />
der EU bedarf es seit längerem hinreichendflexiblerMöglichkeitendurchSetzungvonsekundärem<br />
Gemeinschaftsrecht in Randzonen. Auch<br />
hierfürstelltderEG-VertragmitderGeneralermächtigung<br />
(Art. 308 EGV) ein Instrument zur Verfügung:<br />
Erscheint ein Tätigwerden der EU erforderlich,<br />
um im Vertragsrahmen eines ihrer Ziele zu verwirklichen,<br />
und sind im Vertrag die hierfür erforderlichen<br />
Befugnisse nicht vorgesehen, so erlässt der<br />
Rat einstimmig auf Vorschlag der Kommission und<br />
nach Anhörung des EP die geeigneten Rechtsakte.<br />
Auf der anderen Seite besteht die Gefahr der Überdehnung<br />
der der Gemeinschaft zugewiesenen Kompetenzen.<br />
2.2 Handlungsformen: Die Handlungsformen des<br />
sekundären Gemeinschaftsrechts sind für die EG in<br />
Art. 249 EGV niedergelegt. Rechtsakte sind demnach<br />
Verordnungen, Richtlinien, Entscheidungen,<br />
Empfehlungen und Stellungnahmen:<br />
a) „Verordnungen“ haben allgemeine Geltung, sind<br />
in allen Teilen verbindlich und gelten unmittelbar in<br />
jedem EU-Staat. Sie gleichen einem nationalen Gesetz.<br />
b) „Richtlinien“ sind für jeden Mitgliedstaat hinsichtlich<br />
des zu erreichenden Zieles verbindlich. Die<br />
MitgliedstaatenhabenjedochdieWahlderFormund<br />
Mittel. Sie sind verpflichtet, die Richtlinie in ihr nationales<br />
Recht umzusetzen. Hierfür ist ihnen regelmäßig<br />
eine bestimmte Frist eingeräumt. Bei der Umsetzung<br />
haben die EU-Staaten alle erforderlichen<br />
Maßnahmen zu ergreifen, um die vollständige Wirksamkeit<br />
der Richtlinie entsprechend ihrer Zielsetzung<br />
zu gewährleisten.<br />
c) „Entscheidungen“ sind in allen Teilen für diejenigen<br />
verbindlich, die sie bezeichnet. Sie haben damit<br />
individuelle Geltung, d. h. der Adressat (Mitgliedstaat,<br />
natürliche oder juristische Person) wird individuell<br />
bezeichnet und individuell gebunden.<br />
d) „Empfehlungen“ und „Stellungnahmen“ sind<br />
nicht verbindlich.<br />
Mit dem Vertrag von Amsterdam wurden Rahmenbeschlüsse<br />
als neues Instrument vereinbart. Der Rat<br />
kann zur Angleichung von nationalen Vorschriften<br />
(z. B. Unterschiede in den Rechts- und Verwaltungsvorschriften<br />
der EU-Staaten bei der Verbrechens-<br />
386<br />
fahndung) Rahmenbeschlüsse erlassen, die in den<br />
Zielen verbindlich sind, den Behörden der<br />
EU-Staaten die Wahl der Form und der Mittel überlassen<br />
(Art. 34 Abs. 2b EUV).<br />
3. Differenzierung des Gemeinschaftsrechts: Der<br />
Vertrag von Amsterdam ermöglicht eine verstärkte<br />
und damit engere Zusammenarbeit einzelner Mitgliedstaaten<br />
(Flexibilitätsklausel), um schneller und<br />
weiter in der Integration voranzuschreiten (Art. 43<br />
und 44 EUV). Der Vertrag regelt dazu die Bedingungen<br />
und das Verfahren. Die engere Zusammenarbeit<br />
muss die Ziele der EU fördern, die Vertragsgrundsätze<br />
und den einheitlichen institutionellen Rahmen<br />
achten. Es ist zu erwarten, dass Mitgliedstaaten über<br />
die Flexibilitätsklausel eine Vorreiterrolle übernehmen,<br />
um die Integration vertiefend voranzubringen.<br />
Damit differenziert sich das Gemeinschaftsrecht<br />
weiter aus, da diese Regelungen nicht für alle<br />
EU-Staaten wirksam sind, sie aber jederzeit übernommen<br />
werden können.<br />
4. Wesensgehalt des Gemeinschaftsrechts: Der Vorrang<br />
des primären und sekundären Gemeinschaftsrechts<br />
vor entgegenstehendem nationalen Recht ist<br />
nicht zu trennen von dessen ursprünglicher Natur.<br />
Durch die Übertragung von �Hoheitsrechten an die<br />
EUhabendieMitgliedstaatenihreZustimmungdazu<br />
gegeben, dass ihre �Souveränität insoweit beschränkt<br />
wird, als die Gemeinschaft zum Handeln<br />
befugt sein soll. Entsprechend Art. 249 EGV kann<br />
die Gemeinschaft unmittelbar geltendes Recht setzen.<br />
Die EU ist eine Schöpfung des Rechts in Form<br />
des primären Gemeinschaftsrechts als Schöpfungsakte.<br />
Sie verfolgt ihre Ziele allein mit den Mitteln des<br />
Rechts; sie ist eine Gemeinschaft durch das Recht.<br />
Nicht die Stärke der Macht regelt das wirtschaftliche<br />
und das soziale Zusammenleben der Völker der Mitgliedstaaten,<br />
sondern das Recht. Das Gemeinschaftsrecht<br />
konstituiert die Rechtsordnung.<br />
Die EU ist auch Rechtsquelle, d. h. sie ist<br />
– politisch betrachtet der Entstehungsgrund des<br />
Rechts durch das Ziel „Integration der europäischen<br />
Völker“ und sie ist<br />
– juristisch betrachtet Herkunftsort und Verankerung<br />
des Rechts. Eine weitere Rechtsquelle der EU<br />
bilden �völkerrechtliche Abkommen, die sie mit<br />
�Drittländern und anderen internationalen Organisationen<br />
abschließt.<br />
Primäres und sekundäres Gemeinschaftsrecht sowie<br />
die internationalen Verträge der EU sind geschriebe-