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Festung Europa

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me richteten die Staaten Mittel-, Ost- und Südosteuropas<br />

ihre Politik verstärkt auf die Europäische<br />

Union aus. Die EU wird von ihnen, wie auch von den<br />

meisten Nachfolgestaaten der UdSSR, zu Recht als<br />

das Gravitationszentrum <strong>Europa</strong>s eingeschätzt.<br />

Nach der Unterzeichnung eines ersten Handels- und<br />

Kooperationsabkommen zwischen Ungarn und der<br />

EG im Jahr 1988 wurden seit 1989 eine Vielzahl von<br />

inhaltlich unterschiedlich weitreichenden bilateralen<br />

Partnerschafts-, Handels- und Kooperationssowie<br />

Assoziierungsabkommen über eine politische<br />

und wirtschaftliche Annäherung dieser Staaten an<br />

die EU vereinbart. In den zwischen 1991 und 1996<br />

geschlossenen �Assoziierungsabkommen (�„<strong>Europa</strong>abkommen“)<br />

wurde von den Vertragsparteien zudem<br />

festgehalten, dass langfristiges Ziel der Assoziierung<br />

„letztlich die (EU-)Mitgliedschaft“ sei.<br />

Zwischen 1994 und 1996 haben die zehn Staaten<br />

Mittel-, Ost- und Südosteuropas, mit denen <strong>Europa</strong>abkommen<br />

bestehen (�„MOE-Staaten“: Polen,<br />

Ungarn, Tschechien, Slowakei, Estland, Lettland,<br />

Litauen, Slowenien, Rumänien, Bulgarien), Beitrittsanträge<br />

bei der EU eingereicht und in der Folge<br />

mit steigendem Nachdruck auf die Aufnahme konkreter<br />

Beitrittsverhandlungen gedrängt. Erst nach<br />

Abschluss der Regierungskonferenz 1996/97, bei<br />

der wichtige EU-interne Reformen beschlossen wurden<br />

(�Vertrag von Amsterdam), setzte die EU das<br />

Thema Osterweiterung zusammen mit der �Agenda<br />

2000 oben auf die EU-Tagesordnung und leitete in<br />

der Folge einen umfassenden Erweiterungsprozess<br />

ein. Ausdrücklich wurde dabei als Ziel die „Ausweitung<br />

des europäischen Integrationsmodells auf den<br />

europäischen Kontinent“ genannt, verbunden mit<br />

der Erwartung von „Stabilität und Wohlstand“<br />

(Schlussfolgerungen Europäischer Rat Luxemburg,<br />

Dezember 1997).<br />

Nach komplizierten Verhandlungen konnten zunächst<br />

acht der zehn Beitrittsbewerber zusammen<br />

mit Malta und Zypern zum 1. 5. 2004 als Vollmitglieder<br />

in die EU aufgenommen werden. Bulgarien und<br />

Rumänien sollen 2007 folgen, Kroatien, das 2003 einen<br />

Antrag auf EU-Mitgliedschaft stellte, ist seit<br />

Ende 2004 Beitrittskandidat.<br />

2. Rahmenbedingungen. Anders als frühere Erweiterungsrunden<br />

stellte und stellt die Erweiterung um zunächst<br />

acht Staaten aus dem ehemals kommunistischen<br />

Herrschaftsbereich allein schon durch die<br />

Zahl, aber auch durch die dabei zu bewältigenden<br />

Osterweiterung<br />

Probleme eine große Herausforderung für die EU<br />

dar. Schon die „stille Erweiterung der EG“ um die<br />

ehemalige DDR (durch deren Beitritt zur Bundesrepublik<br />

Deutschland im Jahre 1990 wurde das frühere<br />

DDR-Territorium zugleich Teil der EG und bis Ende<br />

1992, von wenigen Ausnahmen abgesehen, voll in<br />

den Rechts- und Wirtschaftsraum der Gemeinschaft<br />

eingegliedert) zeigt die Schwierigkeiten bei der Integration<br />

einer kollabierten Planwirtschaft in die weitgehend<br />

marktwirtschaftlichen Strukturen des Binnenmarktes,<br />

wobei die damit verbundene finanzielle<br />

Aufgabe für die EG noch gemildert wurde durch das<br />

primäre Engagement Deutschlands für seine neuen<br />

Bundesländer.<br />

ImFallderMOE-Staatengibteskeinen„großenBruder“,<br />

doch haben die beitrittswilligen Staaten aus eigener<br />

Kraft und mit technischer und finanzieller Hilfe<br />

des Westens (�PHARE-Programm) bereits vor<br />

dem Beitritt erhebliche Transformationsmaßnahmen<br />

eingeleitet.<br />

3. Kopenhagener Beitrittskriterien. Erst nachdem<br />

bereits mit den beitrittswilligen EFTA-Staaten Verhandlungen<br />

über deren EU-Beitritt aufgenommen<br />

worden waren und nachdem auch das Inkrafttreten<br />

des �Maastrichter Vertrages gesichert schien (erfolgreiches<br />

zweites Referendum in Dänemark im<br />

Mai 1993), erklärte der Europäische Rat bei seiner<br />

nachfolgendenTagunginKopenhagenimJuni1993,<br />

dass auch die (MOE-)Staaten mit <strong>Europa</strong>abkommen<br />

EU-Mitgliederwerdenkönnten,sofernsiediesbeantragen<br />

und von ihnen bestimmte politische, wirtschaftliche<br />

und „sonstige“ Kriterien erfüllt würden.<br />

In der Folgezeit wurde aber wiederholt und durchaus<br />

zuRechtkritisiert,dassdieKopenhagener�Beitrittskriterien<br />

noch keine präzisen Kriterien zur Beurteilung<br />

der Beitrittsfähigkeit sind. Zudem ergibt sich<br />

für Beitrittskandidaten die generelle Schwierigkeit,<br />

dassder �acquiscommunautairegegenüberfrüheren<br />

Erweiterungen heute weit umfangreicher ist und sich<br />

zudem bis zu einem Beitritt ständig fortentwickelt<br />

(„moving target“).<br />

4. Heranführungsstrategie 1994. Nach Inkrafttreten<br />

des Maastrichter Vertrages und parallel mit dem Abschluss<br />

der EFTA-Erweiterung (�Beitritt Ziff. 2.4)<br />

entwickelte die EU eine „Heranführungsstrategie“<br />

(„Pre-accession strategy“), die vom Europäischen<br />

Rat in Essen (Dezember 1994) verabschiedet wurde.<br />

Zu ihren Kernpunkten zählen neben der Umsetzung<br />

der <strong>Europa</strong>abkommen der Strukturierte Dialog (vgl.<br />

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